Die Deutschen besitzen seit jeher einen Hang zum Sparen. Doch die Konsumbeschränkungen während der Corona-Pandemie haben das Zurücklegen von Geld praktisch erzwungen - zumindest bei den Menschen, die über höhere Einkommen verfügen. Die Statistiker ziehen zur Beschreibung dieses Phänomens die Sparquote heran. Hier handelt es sich anteilig um den Geldbetrag, den ein Privathaushalt vom monatlichen Gesamteinkommen zurücklegen konnte - oder, wie im aktuellen Fall, wohl musste: Die Restaurants im Land waren sechs Monate zu, die Ferienflieger blieben zumeist am Boden, Hotels waren tabu, und die Umsätze der Einzelhändler litten an Zugangsbeschränkungen. Da blieb den Deutschen nur eines: das Geld zu sparen. Und so kletterte die (Brutto)Sparquote der privaten Haushalte im ersten Quartal auf den Rekordwert von 23,2 Prozent, meldete das Statistische Bundesamt. Das sind rund fünf Prozentpunkte mehr als in den vergangenen Jahren.
Aber wie war es überhaupt möglich, dass Bürger in der schlimmsten Rezession seit Ende des Zweiten Weltkriegs Geld sparen konnten? Antwort: wegen der staatlichen Finanzhilfen. In Deutschland, so die Statistiker, seien die Einkommen etwa durch das Kurzarbeitergeld stabilisiert worden, während das Geld für ausgefallene Urlaubsreisen oder Restaurantbesuche oftmals auf der hohen Kante landete. In anderen EU-Staaten fallen die Sparquoten oft niedriger aus. Das ist zum einen kulturell bedingt, zudem sind in vielen Nachbarländern die Löhne und Gehälter niedriger. Gleichzeitig fielen die staatlichen Corona-Hilfen geringer aus.
Dem gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) zufolge haben die deutschen Privathaushalte im vergangenen Jahr rund 100 Milliarden Euro mehr gespart, als das ohne Pandemie der Fall gewesen wäre. Hierzulande rechnen Experten daher damit, dass die Menschen alsbald in einen Kaufrausch verfallen und die versäumte Nachfrage im Eiltempo nachholen könnten.
Szenarien gefällig? Leute gehen demnächst jeden Tag ins Lokal anstatt wie früher nur am Wochenende. Oder sie kaufen sich etwas teurere Schuhe und Kleider als vor der Pandemie. Oder sie bleiben eine Woche länger im Urlaub, als sie es sich sonst leisten könnten. Die Warteschlangen vor manchem Biergarten am Wochenende waren jedenfalls nicht nur den Corona-Eingangskontrollen geschuldet. Dieser Nachfrageschub dürfte aber auch die Preise anheizen und das Angebot in einigen Sektoren verknappen.