Das Land habe die Wahl zwischen "einem Schlag mit dem Hammer oder einer bitteren Pille" schrieben französische Medien vor der Entscheidung. Der Hammerschlag, das wäre die Abwertung der Kreditwürdigkeit des Landes durch die Ratingagenturen gewesen. Die Regierung von Nicolas Sarkozy hat dem Land lieber die bittere Pille verordnet: Sie will 65 Milliarden Euro bis 2016 sparen.
Premierminister François Fillon verkündete das Sparpaket: Die Staatsausgaben werden von 2013 an um eine Milliarde Euro pro Jahr gekürzt. Die Mehrwersteuer für die Gastronomie steigt von 5,5 Prozent auf sieben Prozent. Der normale Satz der Umsatzsteuer liegt bei 19,6 Prozent (Deutschland: 19 Prozent). Darüber hinaus sollen Steuerschlupflöcher in einem Volumen von 2,6 Milliarden Euro gestopft werden.
Die Rentenreform wird vorgezogen: Schon 2017 statt 2018 wird das Renteneintrittsalter erhöht, von 60 auf 62 Jahre. Die Gehälter des Präsidenten und der Minister sollen eingefroren werden, bis der Haushalt ausgeglichen ist.
Am Wochenende hatte Fillon die Franzosen bereits auf weitere harte Einschnitte eingestimmt: "Wir werden 2012 eines der striktesten Budgets seit 1945 haben." Die Franzosen hätten wirtschaftliche Entwicklungen verschlafen: "Die Jahre von 2008 bis 2012 werden das Ende der westlichen Vorherrschaft und das Driften der Weltwirtschaft Richtung Asien markieren", zitierte ihn die Sonntagszeitung Le Journal du Dimanche.
Die Opposition kritisiert Fillons Ankündigungen. "Dieser Sparplan wird wirtschaftliches und soziales Chaos zur Folge haben", sagte Benoît Hamon, der Sprecher der Sozialisten. Eva Joly, Präsidentschaftskandidatin der Grünen, bemängelt, dass das Sparpaket vor allem den öffentlichen Dienst und die Bereiche Gesundheit, Bildung und Umweltschutz treffen. Und der Fraktionsvorsitzende der Sozialisten, Jean-Marc Ayrault, kritisiert die "finanzpolitische Bastelei": "Alle drei Monate drehen sie den Franzosen die Schraube fester zu."
Die Mitte-rechts-Regierung hatte erst vor drei Monaten einen Sparplan im Volumen von zwölf Milliarden Euro vorgelegt. Doch die Wirtschaft kommt einfach nicht in Schwung. Die nach Deutschland zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone versucht, das Haushaltsdefizit von 5,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in diesem Jahr auf 4,5 Prozent im Jahr 2012 zu drücken. Im Folgejahr soll dann wieder die im Maastricht-Vertrag festgelegte Obergrenze von drei Prozent eingehalten werden.
Sparpaket im Wahlkampf
Die Wirtschaftsleistung gibt wenig Anlass zur Hoffnung, dass die Löcher im Budget ohne Reformen gestopft werden können: Die Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy musste das Wirtschaftswachstum für 2012 zunächst auf 1,7 und nun auf ein Prozent nach unten korrigieren. Damit fehlen nach Sarkozys Angaben sechs bis acht Milliarden Euro im Haushalt zum Erreichen der ehrgeizigen Sparziele. Auch beim Bruttoinlandsprodukt für 2011 hatte die Regierung zunächst zwei Prozent Wachstum erhofft, die Prognose dann aber nach unten korrigieren müssen.
Nach der Bekanntgabe eines Nullwachstums im zweiten Quartal dieses Jahres hatten Spekulationen an den Börsen für Aufruhr gesorgt, die Ratingagenturen könnten Frankreichs Top-Bonität herabstufen. Erst vor wenigen Wochen hatte die große Agentur Moody's gedroht, sie könne Frankreichs Kreditwürdigkeit abwerten, wenn die Regierung das Staatsdefizit nicht bald in den Griff bekomme. Das Land gehöre zu den schwächsten der 16 verbliebenen Staaten mit der Bestnote AAA. Je schwächer das Kreditrating, desto schwieriger ist es für ein Land, sich auf den Kapitalmärkten Geld zu leihen. Das Sparpaket ist also auch eine Beruhigungspille.
Die Regierung verkündet das Sparpaket mitten im Wahlkampf. Im Frühjahr 2012 wird ein neuer Präsident gewählt. Der aussichtsreichste Herausforderer von Nicolas Sarkozy, der Sozialist François Hollande, hat den Sparkurs des Präsidenten bereits als unzureichend kritisiert. Er hält auch die Wachstumsannahmen der Regierung für zu optimistisch.