Süddeutsche Zeitung

Sparmaßnahmen:BMW will bezahlte Brotzeit-Pausen streichen

Der Autobauer BMW verdient Milliarden, hat im vergangenen Jahr einen Rekordgewinn gemacht - und will dennoch sparen. Jetzt sollen die kurzen Brotzeit-Pausen in den Fabriken nicht mehr vergütet werden. Das sorgt für Ärger.

Von Thomas Fromm

Es gibt Autokonzerne, denen geht es wegen der schlechten Absatzlage in Europa zurzeit ums nackte Überleben. Und es gibt Autokonzerne, da geht es zurzeit wegen der guten Absatzlage in den USA und China vor allem um Rendite. Um die Frage also, wie sich der Gewinn noch weiter verbessern lässt. Ein solcher Konzern ist BMW.

Der Münchner Autohersteller hat im vergangenen Jahr unterm Strich an die 5,3 Milliarden Euro verdient, das war ein Rekordgewinn. Man achte auf die Rendite, sagte BMW-Chef Norbert Reithofer neulich in einem Interview. Allein im ersten Quartal habe die operative Marge, also das Verhältnis des Betriebsergebnisses zum Umsatz, bei 9,5 Prozent gelegen - bei einer Zielmarke zwischen acht bis zehn Prozent. Mit anderen Worten: BMW ist bei der Rendite so ziemlich da, wo man hinwill. Also sehr profitabel. Und sehr erfolgreich. So erfolgreich, dass der Konzern jedem Mitarbeiter zuletzt noch eine Gewinnbeteiligung von rund 8000 Euro überwiesen hat.

Deswegen könnte einigen Mitarbeitern jetzt übel aufstoßen, was der Konzern gerade plant. Der Autobauer will Millionen Euro in seinen bayerischen Werken einsparen und zwar vor allem bei den Personalkosten. Um einen Stellenabbau zu vermeiden, soll BMW von den Arbeitnehmern nun Zugeständnisse bei Sonderleistungen einfordern. Allerdings: Ein Stellenabbau wäre in der Öffentlichkeit schwer zu erklären, denn der Konzern hatte erst im vergangenen Jahr 4500 neue Leute in Deutschland eingestellt.

"Die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Standorte"

Nun also sind Einsparungen in den Werken geplant. "Finanziell hat der Konzern das gar nicht nötig", kritisiert Jürgen Wechsler, Bezirksleiter der IG Metall in Bayern und Aufsichtsrat bei BMW.

Es geht nun um kleine Summen, die - zusammen addiert - aus Sicht von BMW eine große Summe ergeben sollen. Zum Beispiel Sonderleistungen wie die beiden bezahlten Brotzeit-Pausen, die Mitarbeiter in den bayerischen Werken haben. Die längere Mittagspause wird hier nicht vergütet; die beiden Erholungspausen, die jeweils rund 15 Minuten dauern, bisher dagegen schon. Sie gelten als Teil der Arbeitszeit - noch. Unterbrechungen, die das Unternehmen in Zukunft nicht mehr zahlen möchte und darüber mit dem Betriebsrat diskutiert. Ein BMW-Sprecher nennt die Gespräche einen "ständigen Prozess". Es gehe dabei darum, "die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Standorte" sicherzustellen.

BMW strebt einen Produktivitätszuwachs von fünf Prozent im Jahr an. Das sorgt für Druck: Die Bewertung der einzelnen Werke sei vor allem dann wichtig, wenn darüber entschieden werde, welches Werk in Zukunft welches Modell produzieren soll, heißt es im Konzern. Oder besser: produzieren darf. Denn welcher Standort in einem Konzern wie BMW den Zuschlag für welches Produkt bekommt, ist eine zentrale Frage. Die Konkurrenz der Standorte ist hart - das ist in allen Autokonzernen so. In den Betrieben nennt man so etwas auch "Schönheitswettbewerb": Der schönste, also der günstigste und effizienteste Standort gewinnt am Ende.

In den BMW-Werken ist der Wettbewerb groß - das gilt nicht nur für das Münchner Stammwerk, in dem die Klassiker 3er und 4er gebaut werden. In Dingolfing, dem größten BMW-Werk in Deutschland, laufen fünf Baureihen mit insgesamt 17 verschiedenen Modellen vom Band. Der 2er Active Tourer wird demnächst im Leipziger Werk gebaut, wo der Konzern unter anderem schon seine Elektroautos i3 und den Klein-Geländewagen X1 fertigt.

In Regensburg, wo unter anderem der 1er und der 3er gebaut werden, soll nach Informationen aus Konzernkreisen ab 2015 ein Modell aus der unteren Kompaktklasse gebaut werden. Insgesamt stehen 2014 16 neue Modelle bei BMW an - im Hintergrund sorgen die Entscheidungen schon lange im Voraus für harte Verhandlungen.

Dass Standorte bewertet und verglichen werden, sei "in einem Großkonzern völlig normal", sagt IG-Metall-Mann Wechsler. Allerdings müsse über den Weg dahin diskutiert werden. Bei den Pausen handele es sich um freiwillige Leistungen. "Das kann BMW nicht so von sich aus machen, da gibt es harte Verhandlungen", kündigte er an. "Auch wir fordern Veränderungen - zum Beispiel soll der Anteil der Leiharbeiter bei BMW weiter zurückgefahren werden."

Leiharbeit, Brotzeiten, Rendite - das alles klingt tatsächlich nach harten Verhandlungen.

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SZ vom 04.06.2014/fued
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