Süddeutsche Zeitung

Sparkassen:"Einfach zusammenschieben"

Der westfälische Sparkassen-Präsident Rolf Gerlach will eine Großfusion der eigenen Landesbanken anstoßen.

Von Meike Schreiber

Da kann die Bankerwelt allerorten in Trostlosigkeit versinken und unablässig über Niedrigzinsen und Überregulierung klagen - einer ragt immer heraus, und das nicht nur wegen seiner Körpergröße von nahezu zwei Metern: Rolf Gerlach, der langjährige Sparkassenpräsident von Westfalen-Lippe und frühere Aufsichtsratschef der WestLB. Mehr als 20 Jahre lang dominierte der Mann die Sparkassen, zog die Fäden, spann auch mal Intrigen, mal mit mehr, mal mit weniger Glück. Jetzt steht er kurz vor dem Ruhestand und hat erkennbar Lust, noch einmal richtig auszuteilen. Vergnügt erzählt er vor Journalisten, was die Sparkassen jetzt tun sollten, um der Krise zu entgehen, auf die sie geradewegs zusteuerten.

Im Kern geht es darum, die Landesbanken weiter zu fusionieren. Das fordert Gerlach zwar nicht zum ersten Mal, doch jetzt, so sagt er, müsse man es endlich angehen. Anfangen solle man bei den Instituten, die den Sparkassen selbst gehörten, also bei dem Frankfurter Fondsanbieter Deka, der Landesbank Hessen-Thüringen, sowie der Frankfurter und der Berliner Sparkasse. Diese müsse man nur "zusammenschieben", dann wäre man "eine riesen Schritt weiter". Den Stresstest passabel bestanden zu haben, darauf dürften sich die Landesbanken nicht ausruhen. Sie müssten handeln und zwar nach dem Vorbild der Genossenschaftsbanken, die gerade recht geräuschlos ihre Zentralbanken DZ und WGZ fusioniert haben. "Wir sagen das mit professioneller Anerkennung, die Genossen sind da sehr klar aufgestellt", sagt er.

Während die Volksbanken also nur noch eine große Zentralbank haben, die ihnen all jene Aufgaben abnimmt, für die sie selbst zu klein sind, unterhalten die Sparkassen und Bundesländer immer noch fünf große Landesbank-Konzerne. Zwar sind in der Finanzkrise auch Häuser wie die WestLB oder die SachsenLB verschwunden. Mit dem aktuellen Zustand ihrer weit verzweigten Beteiligungs- und Verbandsstruktur haben sich die Sparkassen inzwischen jedoch bestens eingerichtet.

Ob das jedoch so bleibt, bezweifelt Gerlach. Denn in diesem Jahr werden sich wohl erstmals die Folgen der Negativzinsen so richtig deutlich in den Bilanzen zeigen. Um gegenzusteuern, erhöhen nun viele Sparkassen sogar die Gebühren für Privatkunden, für das Girokonto, die Geldkarte, Überweisungen. Wer dabei aber die eigenen Strukturen schone, mache sich angreifbar, sagt Gerlach, dessen Verband eine geplante Fusion mit den rheinischen Kollegen indes ebenfalls ausgesessen hatte.

Seinen aktuellen Plänen misst er zumindest mittlere Erfolgsaussichten bei. Während das Land Hessen das Ganze sicherlich begrüßen würde, würden die Sparkassen in Bayern und Baden-Württemberg bremsen, schon allein, um ihre Landesbanken nicht zu schwächen. Und Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon? Seinem alten Widersacher - vor Jahren kämpften beide um das Verbands-Präsidentenamt in Berlin - traut Gerlach dabei nicht viel zu. Dieser sei ja "nur gewählt worden, um den Sparkassen nach außen ein freundliches Gesicht zu geben". Nicht aber, um die Dinge wirklich zu verändern.

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SZ vom 04.08.2016
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