Bankenkrise:Die Sorgen der Sparkassen

Bankenkrise: Das Geld aus dem Sparschwein ist bei den Sparkassen auch künftig sicher aufgehoben - die Einlagen sind komplett abgesichert.

Das Geld aus dem Sparschwein ist bei den Sparkassen auch künftig sicher aufgehoben - die Einlagen sind komplett abgesichert.

(Foto: Ute Grabowsky/imago images/photothek)

Nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank schauen die öffentlichen Institute ganz genau hin. Der Sparkassenpräsident gibt sich entspannt. Dennoch gibt es eine Parallele in Deutschland.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Den "Elefanten im Raum" will Sparkassenpräsident Helmut Schleweis gleich zu Beginn der Bilanzpressekonferenz ansprechen. So umschreiben es die Briten in ihrer bildhaften Sprache, wenn etwas Unangenehmes ersichtlich ist, aber sich trotzdem niemand traut, es laut anzusprechen. Gemeint ist an diesem Dienstag in Frankfurt der Kollaps der Silicon Valley Bank (SVB) in Kalifornien, die von den USA aus gerade Schockwellen durch die Finanzmärkte und Bankenwelt gesendet hat.

Hat die brenzlige Situation in den USA, ausgelöst durch einen Bank-Run, auch Folgen für die Sparkassen, ihre Kunden, für die anderen deutschen Banken? Das sind die Fragen, die sie sich diese Woche stellen. Aber Schleweis gibt Entwarnung. Als Spezialbank für Start-ups sei die SVB "überhaupt nicht vergleichbar mit dem Geschäftsmodell deutscher Sparkassen", sagte er. Und überhaupt: In Krisenzeiten hätten Investoren und Anleger Sparkassen immer wieder als sogenannten sicheren Hafen gesehen. "Im Zweifel sind die Gelder dann zu uns geflossen". Wobei dies derzeit gar nicht nötig sei, wie Schleweis betonte, denn das "gesamte deutsche Kreditwesen", also auch Volksbanken und Privatbanken, sei stabil aufgestellt. Offenbar aber hätten Regulierungslücken in den USA nun zu der brenzligen Lage geführt. Etwa bei der Frage, wie viel Liquidität eine Bank auf Vorrat haben muss, um zur Not ihre Kunden auszahlen zu können.

Die vergangenen Tage hatten Erinnerungen an die Finanzkrise 2007/2008 geweckt. Erst war die kalifornische Bank plötzlich geschlossen worden, um weitere Abflüsse zu stoppen, dann sah sich die Regierung in Washington am Wochenende erneut genötigt, zu handeln und Einlagen auf den Konten der SVB und eines weiteren Instituts zu garantieren. Kunden hatten offenbar auch dort Geld abgezogen. In den sozialen Medien machten Bilder von Schlangen vor Geldautomaten die Runde. Zudem legte die US-Notenbank Fed ein neues Kreditprogramm auf und versorgte Banken mit Liquidität.

Kalifornien? Deutsche Sparkassen? Eine Parallele gäbe es da schon

Amerikanische Start-ups, die ihr Geld bei der Bank verloren wähnten, atmeten zunächst auf. An den weltweiten Aktienmärkten verpufften die Maßnahmen zum Wochenstart aber. Angeführt von Bankaktien ging es weiter stark bergab, Anleger flüchteten in sichere Wertpapiere. Erst am Dienstag beruhigte sich die Lage. Der deutsche Leitindex Dax notierte wieder leicht im Plus. Auch Bank-Aktien erholten sich von den Verlusten.

Zwischen der Bank in Kalifornien und den Sparkassen in Deutschland gibt es allerdings doch Parallelen. Die SVB bekam vor allem deshalb Probleme, weil sie die Kundeneinlagen in länger laufende festverzinsliche Wertpapiere angelegt hatte. Die waren zwar sicher, verloren aber durch die Leitzinserhöhung an Wert, weil bei steigenden Zinsen niemand mehr Anleihen mit niedrigen Zinsen kaufen möchte. Solange Anleihen bis zur Fälligkeit gehalten werden können, sind solche Verluste unbedenklich. Weil plötzlich aber zu viele Kunden an ihr Geld wollten, musste die SVB die Papiere zum Marktwert verkaufen - und erlitt dabei hohe Verluste. Dabei tat sich ein Bilanzloch auf, das sich nicht mehr durch eine Kapitalerhöhung stopfen ließ. Es folgten weitere Abflüsse, und die Sache geriet außer Kontrolle.

Auch viele der knapp 360 deutschen Sparkassen haben massiv in Anleihen investiert, weil sie in der Regel mehr Einlagen annehmen, als sie Kredit vergeben wollen oder können. Und auch bei den Sparkassen hat dies 2022 zu massiven Buchwert-Abschreibungen geführt: in der Summe 7,8 Milliarden Euro. Zwar haben die Sparkassen in den vergangenen Jahre ständig höhere Leitzinsen gefordert, weil dies in der Regel die Margen im klassischen Kreditgeschäft erhöht, die abrupte Zinserhöhung aber hat sie dennoch überrascht.

Bankenkrise: Sparkassenpräsident Helmut Schleweis gibt sich optimisch. Er meint, die Sparkassen seien in der Lage, "solche Abschreibungen zu tragen".

Sparkassenpräsident Helmut Schleweis gibt sich optimisch. Er meint, die Sparkassen seien in der Lage, "solche Abschreibungen zu tragen".

(Foto: Matthias Müller/dpa)

Schleweis betonte, die Institute könnten die Verluste gut verkraften, die Anleihen hätten im Durchschnitt noch eine Laufzeit von vier Jahren und zumeist gute Bonität. Die meisten Häuser würden sie einfach bis zur Fälligkeit halten und müssten sie wegen der Bilanzierungsregeln nun vorübergehend abschreiben. "Die Kraft, solche Abschreibungen zu tragen, ist bei den Sparkassen gegeben", sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Es sei ihm auch keine Sparkasse bekannt, die ernsthaft in Schieflage wäre. Selbst wenn dies der Fall sei, gebe es ausreichend "Präventionsmaßnahmen". Tatsächlich sind sämtliche Kundeneinlagen bei Sparkassen vollständig abgesichert. Falls es zu größeren Schieflagen käme, könnten die Sparkassen wohl auch auf ihre staatlichen Eigentümer zurückgreifen.

Sparkassen knausern bei Zinsen fürs Tagesgeld

Bedenkliche Situationen gab es zuletzt durchaus. Im Januar hatte die Sparkasse Zwickau in Sachsen ihren amtierenden Chef wegen hoher Verluste beurlaubt. Im Corona-Jahr 2020 hatten missglückte Aktiengeschäfte der Sparkasse einen Verlust von 47 Millionen Euro beschert. Ein Jahr später wurden die Zwickauer dann von fallenden Kursen am Anleihemarkt kalt erwischt. Im Februar musste auch der Chef der Stadtsparkasse Haltern in Nordrhein-Westfalen seinen Platz räumen. Auch dort gab es Schwierigkeiten mit der Zinsentwicklung.

Von diesen Ausreißern abgesehen hielten sich die Sparkassen 2022 trotz Energiekrise und Krieg stabil. In der Summe verdienten die Institute nach Steuern 1,5 Milliarden Euro, nach 1,6 Milliarden Euro im Jahr davor. Die Risikovorsorge im Kreditgeschäft fiel mit 370 Millionen Euro geringer aus als in früheren Jahren und als angenommen, wie Schleweis sagte. "Die weithin erwartete Rezession ist ausgeblieben - und wir erwarten sie auch nicht mehr". Auch den Kunden gehe es besser als erwartet. Im Sommer hatte Schleweis noch die Sorge geäußert, dass angesichts der Inflation "perspektivisch bis zu 60 Prozent" der Haushalte in Deutschland nicht mehr in der Lage sein könnten, Geld anzusparen. "Das konnte zum Glück abgewendet werden", sagte er. Vor allem die Stabilisierungsmaßnahmen der Bundesregierung und die hohe Beschäftigungsquote hätten dies verhindert - wobei dies nicht den Blick dafür verstellen dürfe, dass einzelne Gruppen in der Bevölkerung deutliche Abstriche hinnehmen mussten.

Und wann zahlen die Sparkassen wieder höhere Tagesgeldzinsen? Bei dieser Frage hielt sich Schleweis bedeckt. Obwohl alle Geldhäuser derzeit durch die höheren Zinsen auch höhere Erträge erwirtschaften, geben sie sich bei den Tagesgeldkonditionen knausrig. In Deutschland zahlen nach jüngsten Umfragen von rund 600 Banken knapp 400 bisher gar keine Tagesgeldzinsen, darunter 209 Sparkassen, während einige Anbieter schon bis zu zwei Prozent für Tagesgeld aufrufen.

Schleweis betonte, jede Sparkasse vor Ort würde selbst über die Konditionen entscheiden, schon allein aus kartellrechtlichen Gründen. Er deutete aber an, dass die Zinsen wohl erst einmal niedrig bleiben. Und klar ist auch: Solange die Kunden treu sind, ihr Geld nicht in Scharen abziehen, wenn sie die Institute sogar als Hort der Stabilität ansehen und ihre Einlagen zur Sparkasse bringen, wird sich daran wohl erst einmal nichts ändern.

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