Sparhaushalte der EU-Staaten:EU kritisiert "fragwürdige" Herabstufung Italiens

Halb Europa spart eisern, der Finanzmarkt bleibt jedoch gnadenlos. Für die Herabstufung Italiens hat die EU nun die Ratingagentur Moody's nun kritisiert. Es ist nicht das erste Mal, dass eine Agentur einen fragwürdigen Zeitpunkt für eine Abwertung wählt. Das könnte Konsequenzen haben.

Javier Caceres, Madrid, und Alexander Hagelüken

Die EU-Kommission rügt die Ratingagentur Moody's für die Herabstufung Italiens. Der Zeitpunkt der Entscheidung sei äußerst fragwürdig, sagte ein Sprecher. Er nannte die Reformanstrengungen Italiens im vergangenen Jahr "beeindruckend", das Land setze die Konsolidierung umfassend um. Moody's hatte die Kreditwürdigkeit Italiens zuvor um zwei Noten gesenkt - auf Baa2 von A3. Die Bonitätswächter visierten eine weitere Abwertung an, falls sich die Aussichten für die Wirtschaft weiter verschlechtern oder die Umsetzung von Reformen stocken sollte.

Europas Regierungen haben die Ratingagenturen wiederholt kritisiert. Gerade als Italien und Spanien zum Jahreswechsel größere Spar- und Reformpakete verabschiedeten, wurden sie bereits herabgestuft, was größere Kritik auslöste. Die EU-Staaten beraten derzeit über neue gesetzliche Regelungen für die Ratingagenturen.

An den Finanzmärkten steht das Land nach der neuen negativen Bewertung weiter unter Druck. Bei Staatsanleihen mit einer Laufzeit bis 2019 musste Italien am Freitag eine Rendite von 5,58 Prozent offerieren. Im März waren solche Papiere mit 4,30 Prozent noch deutlich günstiger gewesen. Die Zinsen lagen jetzt nur noch knapp unter der kritischen Marke von sechs Prozent, ab der eine Finanzierung der Staatsschulden nach Ansicht von Ökonomen schwierig wird. Besser lief es bei der Platzierung von Anleihen kürzerer Laufzeit.

Wie die italienischen standen auch spanische Anleihen unter Druck. Die Rendite der zehnjährigen Titel stieg bis auf 6,75 von 6,6 Prozent. Die spanische Regierung verabschiedete am Freitag ein massives Sparpaket, das den Etat in den kommenden zweieinhalb Jahren um 65 Milliarden Euro entlasten soll - unter anderem durch die Anhebung der Mehrwertsteuer von 18 auf 21 Prozent ab September. Außerdem werden die Ladenschlusszeiten liberalisiert. Parallel dazu erhöhte die Regierung den Spardruck auf die Regionen.

Obwohl die EU-Kommission Spaniens Defizitziele gelockert hat, fordert die Zentralregierung zusätzliche Anstrengungen, die sich wohl in Sozialkürzungen übersetzen lassen. 80 Prozent der Ausgaben der Regionen fließen ins Bildungs- und Gesundheitswesen. Gleichzeitig will die Regierung einen Fonds mit bis zu 18 Milliarden Euro schaffen, um die Zahlungsfähigkeit der 17 Regionen aufrecht zu erhalten.

Deutschen reißt der Geduldsfaden

An der politischen Front sorgte ein Zwischenruf einer Abgeordneten der konservativen Volkspartei PP, Andrea Fabras, für Furore. Auf Fernsehaufnahmen war zu sehen, dass sie bei der Ankündigung der Kürzung der Arbeitslosenhilfe "zum Teufel mit ihnen!" rief, ein Affront gegen die mehr als fünf Millionen Menschen ohne Job.

Kritik gibt es an der Entwicklung Griechenlands. Etwa ein Drittel der im vergangenen September angeschobenen 181 Musterprojekte mit einem Gesamtvolumen von 11,5 Milliarden Euro sei noch weit von der Umsetzung entfernt, sagte EU-Regionalkommissar Johannes Hahn. Dies betreffe etwa große Autobahnprojekte, Investitionen in den Eisenbahnsektor und dringende Alternativen zu geschlossenen Mülldeponien.

Den meisten Deutschen reißt offenbar der Geduldsfaden mit den Schuldenkrisen-Ländern. Nach dem ZDF-Politbarometer lehnen es 61 Prozent der Befragten ab, den Empfängern der Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm mehr Zeit zur Umsetzung der zugesagten Reformen einzuräumen. Griechenland will um zwei Jahre Aufschub bitten, um seine mit den Geldgebern vereinbarten Vorgaben zu erreichen.

Die Krise ist auch in Staaten außerhalb der Währungsunion zu spüren. Die britische Regierung und die Notenbank des Landes kündigte Ausgaben von 80 Milliarden Pfund in den nächsten eineinhalb Jahren an. Mit dem Geld sollen Banken zu billigen Krediten an Unternehmen und Haushalte angeregt werden. Finanzminister George Osborne sagte bei der Vorstellung, das Paket zeige, dass Großbritannien angesichts des Schuldensturms in Kontinentaleuropa nicht machtlos sei.

Demnach sollen Finanzhäuser bis zu fünf Prozent ihrer bereits existierenden Ausleihungen bei der Bank von England zu extrem günstigen Konditionen bekommen. Wie die Notenbank mitteilte, beträgt der Zins für das Geld nur 0,25 Prozent und liegt damit unter dem Leitzins von 0,5 Prozent. Dies gilt allerdings nur, wenn die Institute das Geld tatsächlich in die Wirtschaft pumpen.

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