Konsum:Shoppen oder sparen?

Duin: Vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr sind genug

Langfristig hilft die kurze Freude über das teure Paar Schuhe nicht dabei, glücklich zu werden und zu bleiben.

(Foto: Henning Kaiser/dpa)
  • Beim Shopping entsteht eine regelrechte Welle aus Glückshormonen - doch die ebbt schnell wieder ab.
  • Wer regelmäßig Geld zurücklegt, fühlt sich meist wohler, denn Menschen ohne Geldsorgen schlafen besser und haben weniger Stress.

Von Sven Lüüs

"Man gönnt sich ja sonst nichts." Und schon ist die Einkaufstüte voll und das Portemonnaie leer. Macht das glücklich? Oder besteht das Glück eher darin, auf Konsum zu verzichten, damit sich das Geld mehrt? Kaufentscheidungen prägen immer auch unser langfristiges Glück.

Die privaten Hauhalte in Deutschland haben laut Bundesbank insgesamt 6000 Milliarden Euro angespart. Ein Zehntel der Menschen ist hingegen überschuldet, kann also seine Altschulden nur noch mit neu aufgenommenen Schulden abbezahlen, wie die Wirtschaftsauskunftei Creditreform berechnet hat.

Aber wieso kauft man zu viel, obwohl man das Geld dafür gar nicht hat? Wenn jemand etwas kauft, fühle sich die Person belohnt, sagt Hormonforscher Günter Stalla. Verschiedene Glückshormone würden ausgeschüttet, diese Hormonwelle ebbe dann aber schnell wieder ab. Je nach Hormonhaushalt des Menschen sind die ausgeschütteten Hormone immer andere. Wenn es Dopamin ist, könne das einmalige Kaufen sogar einen ganzen Kaufrausch auslösen, sagt Stalla. Denn das ausgeschüttete Dopamin könne Konsumenten dazu anregen, immer mehr zu kaufen.

Wenn der Mensch nicht gerade ein unbegrenztes Budget hat, stören solche Kaufräusche mit ihren kurzfristigen Glücksgefühlen meist das langfristige Glück. Denn wer später merkt, wie teuer der Kaufrausch war, schüttet das Stresshormon Cortisol aus. Es könne zu Schlafstörungen, sinkender Libido und schlechter Laune führen, sagt Stalla. Wenn die ständigen Käufe dann auch noch in eine Überschuldung führen, entsteht noch mehr Stress, noch mehr Cortisol und noch schlechtere Stimmung.

Man könne sich aber trotzdem durchaus mal an Shopping-Highs berauschen, sagt Wirtschaftspsychologe Dieter Frey von der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Besonders in schlechter Stimmung könne man die Shopping-Highs nutzen, um sich wieder normal zu fühlen. Aber Frey warnt vor Frustshopping als Sucht: Man müsse aufpassen, dass nicht irgendwann "das innere Wohlbefinden von solchen Käufen abhängig ist", so Frey.

Menschen, die regelmäßig Geld zurücklegen, fühlen sich wohler und schlafen besser - zumindest in der Theorie

Denn langfristig hilft die kurze Freude über das teure Paar Schuhe nicht dabei, glücklich zu werden und zu bleiben. Hier kommt das Sparen ins Spiel. Um glücklich zu sein, brauche man nämlich genau vier Dinge, sagt Glücksforscher Karlheinz Ruckriegel: soziale Kontakte, soziales Engagement, einen erfüllenden Job und Unabhängigkeit. Wer spart, mache sich finanziell unabhängig - und damit glücklich: Menschen, die regelmäßig Geld zurücklegen und wissen, dass in Zukunft keine finanziellen Sorgen zu befürchten sind, schütten weniger Cortisol aus. Sie fühlen sich wohler und schlafen besser - zumindest in der Theorie. Wie sich schwankende Kurse auf dem Aktienmarkt oder mickrige Zinsen auf dem Tagesgeldkonto auf die Nachtruhe auswirken, ist hingegen nicht geklärt. Die unzähligen Ratgebertipps, wie man investiert und trotzdem ruhig schlafen kann, lassen zumindest erahnen, dass auch Sparen oder Investieren nicht immer nur glücklich macht.

Für Ruckriegel bleibt die Erkenntnis: Ganz ohne Geld auszugeben klappt es nicht mit dem Glücklichsein. Allein schon, weil gemeinsame Freizeitbeschäftigungen mit Freunden und Familie manchmal etwas kosten. Auch Spenden mache glücklich, das sei bewiesen. Und sonst? Sollte der Konsum nur dazu dienen, die Grundbedürfnisse zu befriedigen, findet Ruckriegel. Damit meint er nicht, dass die Glücklichsten nur von Wasser und Brot leben. Hin und wieder in den Urlaub zu fahren, zählt er auch zu den Grundbedürfnissen.

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