Sparda Bank und Zencap:Digitale Genossen

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Finanz-Start-ups und etablierte Banken sehen sich nicht länger als Feinde, sondern treiben Kooperationen voran. Das jüngste Beispiel: Die Kreditplattform Zencap und die Sparda-Bank Berlin. Ob das gut geht?

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Als ihm die Kollegen einen Eimer Eiswürfel über den Schädel kippten, kam Frank Kohler eine Idee: Warum, so dachte sich der Chef der Sparda-Bank Berlin, sollte er für die "Ice Bucket Challenge", jener kettenbriefartigen Spendenaktion, nicht Christian Grobe, den Gründer von Zencap, als weiteren Kandidaten nehmen? Ihn hatte Kohler zwar gerade erst kennengelernt. Aber diese verrückten Typen aus der Fintech-Szene sollten doch erst einmal beweisen, wie spontan sie wirklich sind.

Grobe schlug ein und ließ sich keine sechs Stunden später von Kohler mit Wasser übergießen. "Zu Beginn unserer Kooperation haben wir uns also erst einmal nass gemacht", sagt Kohler.

Der weiteren Zusammenarbeit hat das nicht geschadet. Denn wie Zencap und die Sparda-Bank Berlin heute melden, wollen sie von nun an gemeinsame Sache machen. Das ist nicht selbstverständlich, denn Zencap gehört zum Lager der Finanz-Start-ups, der sogenannten Fintechs. Sie haben es eigentlich auf die etablierten Banken abgesehen.

Crowdlending ist in Deutschland noch unbekannt, die Kunden zögern noch - aus gutem Grund

Doch nun soll ausgerechnet ein ganz gewöhnliches Institut wie die Sparda helfen, dass Zencap weiter wächst. Zencap ist eine der neuen Internetplattformen, über die Investoren und Kreditnehmer zusammenfinden sollen - einfach, schnell, transparent. Und vor allem ohne Banken. Crowdlending heißt das im Branchenjargon. Anders als die meisten Konkurrenten konzentriert sich Zencap bei der Kreditvergabe auf Unternahmen statt Privatkunden. Braucht eine Firma schnell ein Darlehen, muss sie sich bei Zencap vorstellen und erhält binnen 48 Stunden die Zu- oder Absage. So lautet zumindest das selbstgesetzte Ziel der Plattform. Die Kreditwürdigkeit prüft sie nach eigener Aussage trotzdem streng. Zencap ist eine der vielen Beteiligungen des Berliner Start-up-Finanzierers Rocket Internet, der 70 Prozent an dem Kreditvermittler hält.

Geldgeber für die Zencap-Kredite sind überwiegend Privatleute. Für die Darlehen erhalten sie derzeit je nach Bonität zwischen 5,1 und 11,7 Prozent Zinsen und Zencap eine Provision. Kreditnehmer seien leicht zu finden, heißt es bei dem Unternehmen, eher seien die Anleger der Engpass. Ein Kredit-Investment ist - gerade angesichts niedriger Zinsen - zwar lukrativer als ein Sparbuch, aber auch riskanter: Geht der Kreditnehmer pleite, ist das investierte Geld zumindest teilweise weg. Privatkunden sind also noch zögerlich.

Abhelfen soll nun die Sparda mit ihren mehr als 500 000 Genossenschafts-Mitgliedern, von denen über 90 Prozent zugleich Kunden der Sparda sind. Mit einer Bilanzsumme von 5,3 Milliarden Euro ist sie eine der größten Genossenschaftsbanken Deutschlands; ihr Geschäftsgebiet erstreckt sich auf ganz Ostdeutschland. Bislang konzentriert sie sich auf normale Bankprodukte. Doch dank Zencap sollen die Kunden auch an der neuen digitalen Bankenwelt teilhaben: Von der Sparda-Webseite führt nun ein Link auf die Plattform von Zencap. Dort finden die Kunden Unternehmen aus der Region, denen sie Kredit geben können, etwa eine Firma für Bestattungsfuhrwesen aus Sachsen oder ein Reiseunternehmen aus Thüringen.

Wie Grobe und Kohler sagen, eint beide Partner der Genossenschaftsgedanke. "Wir teilen die Gründungsphilosophie. Es geht darum, dass man sich im Netzwerk hilft. Regional, direkt und ohne anonyme Banken in der Mitte", sagt Grobe. Für Kohler ist die Kooperation ein Schritt in Richtung digitale Genossenschaft, um den Mitgliedern "Zugang zu den neuen Angeboten der rasant wachsenden Fintech-Branche" zu geben. Wenn sich zu Beginn etwa 5000 Sparda-Mitglieder dafür begeistern könnten, "wären wir glücklich", sagt Grobe. Noch wächst das erst ein Jahr alte Zencap schnell: Im ersten Quartal 2015 vermittelte die Plattform doppelt so viele Kredite wie 2014. Ob die Sparda bald auch den Unternehmern unter ihren Kunden empfiehlt, Kredite bei Zencap zu suchen, ist offen. Denn so würde sich das Institut erstmals ins Firmenkundengeschäft vorwagen.

Fürs Erste geht es also um einen modernen Anstrich. Den versuchen sich derzeit viele Kreditinstitute zu geben. Die Zusammenarbeit von Fintechs und etablierten Banken liegt im Trend - auch wenn sich die Firmenkulturen stark unterscheiden. Die Crowdfunding-Plattform Seedmatch etwa kooperiert seit einigen Wochen mit der Direktbank Consorsbank. Die Volksbank Berlin hat sich an Bergfürst beteiligt, einem Online-Handelsplatz für Firmenanteile, und das Start-up Gini ergänzt die Kontoführungsapp der Deutschen Bank mit einer Funktion, mit der man Rechnungen einfacher bezahlen kann.

Noch steht aber der Beweis aus, ob das funktioniert: Die Sparda erlaubt ihren Mitarbeitern noch nicht, die Zencap-Kredite als Vermögensanlage zu empfehlen. "Bei solchen Kooperationen besteht daher immer die Gefahr, dass sie ein digitales Feigenblatt bleiben, gerade wenn der Vertrieb keine Anreize bekommt, das Produkt zu empfehlen", sagt Peter Barkow, Gründer der Finanzierungsberatung Barkow Consulting. Dann bliebe den Vorständen immerhin die Erfahrung der gemeinsamen Eisdusche.

© SZ vom 11.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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