Die Europäische Kommission will härter gegen die beiden Defizitsünder Spanien und Portugal vorgehen. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gibt es unter den EU-Kommissaren eine breite Mehrheit, die sich für eine Verschärfung des Defizitverfahrens gegen Madrid und Lissabon ausgesprochen hat. Bei Beratungen am Dienstagabend waren dem Vernehmen nach lediglich die beiden EU-Kommissare aus Spanien und Portugal dagegen. Unklar ist allerdings noch, wie stark die Sanktionen ausfallen könnten. Im härtesten Fall drohen den beiden Staaten Bußgelder, die jedoch bislang nie verhängt wurden. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici wird wohl nächste Woche die Entscheidung der Behörde bekannt geben.
In Madrid ist das Vorhaben aus Brüssel bereits im Vorfeld mit Argwohn aufgenommen worden. In einem Brief an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bat Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy, eine entsprechende Empfehlung der Kommission zu unterlassen. Die Regierung in Madrid behauptet, dass sie eine sehr große Verringerung des Defizits in sehr begrenzter Zeit erreicht habe. Außerdem gibt sie der niedrigen Inflation eine Mitschuld daran, die angestrebten Ziele nicht erfüllen zu können.
Gemeinschaftswährung:In der Euro-Zone zieht ein Sturm auf
In vielen Krisenstaaten der EU wächst die Wirtschaft - doch die Euro-Zone strebt auseinander. Was jetzt dringend nötig wäre.
Entscheidung wohl erst nach der Wahl in Spanien
Angesichts der bevorstehenden Neuwahlen in Spanien im Juni gilt es am wahrscheinlichsten, dass die EU-Finanzminister erst nach der Abstimmung darüber beraten. Gemäß EU-Recht entscheidet der Ministerrat nach Empfehlung der Kommission über entsprechende Defizitmaßnahmen. Der Vorsitzende der Ministerrunde, Jeroen Dijsselbloem, will es aber vermeiden, in den spanischen Wahlkampf hineingezogen zu werden.
Madrid verletzt seit nunmehr acht Jahren den Stabilitätspakt. Im vergangenen Jahr hatte die Regierung versprochen, das Defizit auf 4,2 Prozent der Wirtschaftsleistung zu senken. Erlaubt sind nur drei Prozent. Die EU-Kommission gab Spanien immer mehr Zeit, um die Zahlen in Ordnung zu bringen. Doch das für 2015 vereinbarte Defizitziel von 4,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sei, so die Kommission in einer Stellungnahme, "sehr deutlich" verfehlt worden. Das Defizit lag im vergangenen Jahr bei fünf Prozent der Wirtschaftsleistung, auch wegen der vor den Dezember-Wahlen vereinbarten Steuersenkungen und steigender Staatsausgaben. Für 2016 strebt die Regierung in Madrid 3,6 Prozent an, nachdem bislang 2,8 Prozent erwartet worden waren.
Auch Portugal bekam seine Neuverschuldung im vergangenen Jahr nicht in den Griff. Trotz gegenteiliger Zusicherung lag sie bei 4,4 Prozent der Wirtschaftsleistung - und damit deutlich über dem Erlaubten.