Sozialpolitik:Massive Kritik an SPD-Rentenplänen

Sozialpolitik: Ökonomen kritisieren die Rentenpläne von Finanzminister Olaf Scholz (SPD), hier bei einer Rede im Bundestag.

Ökonomen kritisieren die Rentenpläne von Finanzminister Olaf Scholz (SPD), hier bei einer Rede im Bundestag.

(Foto: Tobias Schwarz/AFP)
  • Mehrere Ökonomen bemängeln den Vorschlag von Olaf Scholz (SPD), das Rentenniveau dauerhaft festzusetzen.
  • Solche Pläne seien zu teuer und gingen vor allem zu Lasten der jüngeren Arbeitnehmer.
  • Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte den Vorschlag ab.

Von Alexander Hagelüken

Forscher kritisieren den Vorstoß von Finanzminister Olaf Scholz (SPD), das heutige Rentenniveau dauerhaft zu garantieren. Die Standardrente bis 2040 bei 48 Prozent des Durchschnittslohns zu stabilisieren, sei "unfinanzierbar und unfair gegenüber den Jüngeren", sagte Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg der Süddeutschen Zeitung. Der Wissenschaftler beziffert die Kosten auf langfristig drei Billionen Euro. Auch Kanzlerin Angela Merkel wies Scholz' Vorstoß zurück.

Raffelhüschen rechnet vor, dass der Beitrag zur Rentenkasse von derzeit 18,6 Prozent bis 2040 auf 29 Prozent des Bruttoverdiensts steigen müsste. "Die jüngeren Arbeitnehmer würden noch mehr geschröpft", kritisiert er. "Die Akzeptanz des Rentensystems wird schwinden. Deutsche werden massiv versuchen, den Beiträgen auszuweichen", etwa durch Selbständigkeit oder Verlegung von Arbeitsverhältnissen ins Ausland.

Die Finanzierung der Altersbezüge wird in den kommenden Dekaden schwieriger, weil die Bevölkerung rasch altert und die geburtenstarken Jahrgänge in Ruhestand gehen. Scholz will, dass die Bundesregierung ein stabiles Rentenniveau auch in den 2020er- und 3oer-Jahren gewährleistet. Die Finanzierung lässt er offen. Bisher hat die Koalition nur eine Stabilisierung bis zum Jahr 2025 vereinbart und eine Kommission für die Alterssicherung eingesetzt.

Das Rentenniveau könnte ohne weitere Maßnahmen bis 2040 von heute 48 auf etwa 40 Prozent fallen. Das bedeutet aber nicht, dass die ausgezahlten Renten schrumpfen, sondern, wie hoch das Altersgeld eines Durchschnittsverdieners in Relation zum Durchschnittslohn ist. "Die Diskussion ist von Panikmache geprägt", sagt Axel Börsch-Supan vom Max-Planck-Institut für Sozialpolitik in München. "Fällt das Rentenniveau wie erwartet auf knapp 42 Prozent, steigen die Renten dennoch nach Inflation um ein Prozent jährlich. Wer heute 35 ist und in etwa 30 Jahren in Rente geht, wird 30 Prozent mehr Kaufkraft haben als heutige Rentner."

Kosten von bis zu 100 Milliarden Euro im Jahr

Eine Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent koste bereits 2030 mehr als 40 und 2040 sogar 100 Milliarden Euro pro Jahr. Um das zu finanzieren, müsste die Mehrwertsteuer, die jeder beim Kauf von Produkten aller Art zahlt, von heute 19 auf fast 26 Prozent steigen. Börsch-Supan weist Scholz' Argument zurück, stabile Renten verhinderten einen deutschen Trump. "Leichtfertig ein stabiles Rentenniveau zu versprechen, als käme das zum Nulltarif, fördert eher den Populismus".

Um das Alterssystem nicht nur auf Kosten der Jüngeren zu finanzieren, schlägt Raffelhüschen ein Sinken des Rentenniveaus, eine langsame Erhöhung des Ruhestandsalters auf etwa 70 Jahre und eine Abschaffung des vorgezogenen Ruhestands mit 63 vor. All das lehnt die SPD bisher ab.

Die Union reagierte skeptisch. Scholz' Vorstoß habe "sehr viel mit Parteitaktik zu tun", sagte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ mitteilen, sie sehe ebenfalls ein leistungsfähiges Rentensystem auch über 2025 hinaus als zentrale Aufgabe, wolle aber der Arbeit der Rentenkommission nicht vorgreifen.

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