Soziale Netzwerke:Snapchat verliert

Snap receives buy rating A billboard in Times Square in New York advertises Snap s Spectacles a cam

Times Square-Werbung für das Snap-Angebot Spectacles.

(Foto: imago/Levine-Roberts)

Das Unternehmen meldet zum ersten Mal sinkende Zahlen bei den Nutzern. Die sind offenbar woanders unterwegs.

Von Katharina Kutsche

Weniger Nutzer, aber mehr Umsatz: Snapchat hat am Dienstagabend amerikanischer Zeit neue Zahlen vorgelegt. Demnach hat das soziale Netzwerk im zweiten Quartal drei Millionen tägliche Nutzer verloren. Es ist das erste Mal in der siebenjährigen Geschichte des Unternehmens, dass die Zeichen nicht mehr auf Wachstum stehen. Bedenkt man, dass auch Facebook und Twitter mit sinkenden Nutzerzahlen zu kämpfen haben, stellt sich die Frage: Wer nutzt denn jetzt eigentlich was und wer gewinnt?

Die Zahlen sind in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Snap, das Unternehmen hinter der App Snapchat, vermeldet, dass es seinen Umsatz innerhalb eines Jahres um 44 Prozent auf nun 262 Millionen Dollar gesteigert habe. Trotzdem signalisiert Tim Stone, Finanzchef von Snap, dass die Nutzerzahlen noch weiter sinken könnten. Derzeit nutzen 188 Millionen Menschen weltweit den Dienst mit dem Geister-Logo, der Nutzern ermöglicht, Videos zu verschicken und Storys zu teilen.

Für einen Abgesang ist es zwar noch zu früh. Unter Jugendlichen sind gerade bildhafte Apps wie Instagram und eben Snapchat beliebt. Und der eigene Beliebtheitsgrad bemisst sich darin, wie häufig Freunde die geteilten Filmchen kommentieren oder wie viele Herzchen und Kussmünder sie dafür verteilen - je mehr, desto populärer. Doch der Vergleich mit Instagram zeigt, dass die Facebook-Tochter den Kampf um die Nutzer gewinnt. Storys, eine Zusammenstellung von Fotos und Filmschnipseln, lassen sich seit 2016 auch bei Instagram und seit 2017 bei Whatsapp erstellen. Und Instagram hat in den zwei Jahren 400 Millionen tägliche Nutzer allein für diese Funktion generiert.

Snap-Chef und -Gründer Evan Spiegel erklärte den Verlust mit einer Änderung im Design. Ende vergangenen Jahres hatte das Unternehmen Funktionen angepasst, die aber bei den Nutzern auf wenig Begeisterung stießen. Im Februar beschwerte sich die amerikanische, höchst erfolgreiche Unternehmerin und Influencerin Kylie Jenner per Twitter, dass sie Snapchat kaum noch nutze, es sei so traurig. Der Tweet ließ den Snap-Börsenkurs um acht Prozent sinken - das entsprach einem Gegenwert von rund 1,3 Milliarden Dollar. Spiegel sagte bei der Snap-Hauptversammlung vor wenigen Tagen, man habe auf die "Frustration" der Fans reagiert.

Bisher hatte Snapchat wenig Kritik auszuhalten, ganz im Gegensatz zur Konkurrenz. Facebook und Twitter leiden seit längerem und zu Recht unter dem Ruf, nicht genug gegen Hassrede, Verschwörungstheorien und Desinformation auf ihren Plattformen zu tun und zu selten beanstandete Inhalte zu löschen. Dazu kommt, dass gerade auf Facebook in den Kommentarspalten ein rüder Ton herrscht. An Diskussionen politischer Art beteiligt sich dort ohnehin nur ein geringer Prozentsatz der Nutzer, die Kommentare ufern schnell aus. Und für reines "Schau mal, wie toll es hier am Strand ist"-Foto bietet Instagram einfach die schönere Umgebung.

Aus der JIM-Studie, die jährlich den Medienumgang der 12- bis 19-Jährigen in Deutschland erhebt, lässt sich ablesen, dass Facebook seit einigen Jahren stark an Nutzern verliert. Unter den liebsten Internetangeboten nennen die Jugendlichen das Netzwerk von Gründer Mark Zuckerberg nur noch an fünfter Stelle, die vorderen Plätze belegen Youtube und Whatsapp, auf den Plätzen drei und vier folgen Instagram und Snapchat. Geht es nach den wichtigsten Smartphone-Apps, gibt es einen deutlichen Gewinner: Der Messengerdienst Whatsapp, ebenfalls eine Facebook-Tochter, ist mit fast 90 Prozent die beliebteste App der Jugendlichen. Instagram und Snapchat folgen auf den Plätzen, den Facebook-Messenger nutzen nur rund zehn Prozent.

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