Sozialdemokraten:Kritik an Erbschaftsteuer

Ist die Vereinbarung zu Firmenerben gerecht? Nein, sagt SPD-Parteivize Ralf Stegner. Eine bessere Reform sei nur in einer anderen Koalition möglich. Anders sieht das Fraktionsvize Schneider - und führt diverse Vorteile auf.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

In der Führung der SPD ist ein Streit über die gerade vereinbarte Reform der Erbschaftsteuer ausgebrochen. "Gerechte Erbschaftsbesteuerung wird es also in dieser Legislaturperiode nicht mehr geben können - das geht mit den Konservativen nicht", kritisierte Vize-Parteichef Ralf Stegner den umstrittenen Gesetzesvorschlag. Eine gerechtere Reform sei "nur in anderer Koalition möglich".

Der Partei-Vize stellt sich damit gegen Fraktions-Vize Carsten Schneider. Dieser hatte sich am Montag nach der Einigung der Koalitionsspitzen von Union und SPD zufrieden gezeigt. Die SPD habe ihre Ziele erreicht: "Arbeitsplätze schützen, Aufkommen sichern und eine verfassungsfeste Regelung". Der Kompromiss sei "ein wichtiger Beitrag auch für mehr Steuergerechtigkeit". Das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer werde "sogar noch steigen". Es werde weniger Begünstigungen für sehr reiche Unternehmenserben geben, missbräuchliche Steuergestaltung würde eingeschränkt, Investitionen gefördert.

Die Bedürfnisprüfung sei eine Möglichkeit, die Forderung des Staates zu umgehen

Schneider hatte die Reform der Erbschaftsteuer für die Sozialdemokraten maßgeblich mitverhandelt. Den Durchbruch hatte es allerdings erst nach Gesprächsrunden zwischen Parteichef Sigmar Gabriel, CSU-Chef Horst Seehofer und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gegeben. Weshalb auch Gabriel am Montag nicht anders konnte, als das Ergebnis zu loben. Es sei "sozial gerechter, ohne die Fortführung von Unternehmen und Arbeitsplätze zu gefährden". Familienunternehmen würden nicht zu stark belastet. Die Bedürfnisprüfung bewirke zugleich, dass reiche Erben, die die Steuer aus ihrem Privatvermögen bezahlen könnten, nicht verschont würden. "Es gibt Leute, die sagen, das sei eine indirekte private Vermögensteuer", sagte Gabriel. "Wenn das so ist, hab' ich jedenfalls nichts dagegen."

Allerdings gilt gerade die neue Bedürfnisprüfung als eine Möglichkeit, mit dem Firmenerben die Erbschaftssteuer zu umgehen. Zwar soll vererbtes Firmenvermögen ab 90 Millionen Euro voll versteuert werden können. Aber nur dann, wenn der Erbe in der Lage ist, die Steuer aus seinem Privatvermögen zu zahlen. Falls er privat also unvermögend ist, kann er die Prüfung beantragen, ob er "bedürftig ist, von der Steuer verschont zu werden", wie es ein Finanzbeamter erklärte.

Die Regel hatte Schäuble explizit in das Reformgesetz zur Erbschaftsteuer aufgenommen. Er hofft, damit das Bundesverfassungsgericht zu überzeugen. Die Richter hatten gefordert, die zahlreichen Ausnahmen für reiche Firmenerben zu reduzieren. Die SPD, die öffentlich stets für die stärkere Besteuerung reicherer Erben eintritt, hatte bereits im Februar Schäubles Vorschlag zugestimmt. Die grüne Opposition will dem Gesetz zumindest im Bundestag nicht zustimmen. Ob es die grün regierten Länder am 8. Juli im Bundesrat mit ihren Stimmen stoppen werden, gilt als wenig wahrscheinlich. In Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen sitzen viele Firmenerben, die davon profitieren. Passiert das Gesetz die parlamentarischen Gremien, soll es rückwirkend zum 1. Juli gelten.

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