CES:Das Sony-Auto ist ein PR-Gag

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Sony stellt Vision S vor. (Foto: Mario Tama/AFP)

Das Fahrzeug, das Sony gerade auf der Technikmesse CES vorgestellt hat, wird wohl nie die Straßen erobern. Man sollte nicht den Fehler machen, es allzu ernst zu nehmen.

Kommentar von Jürgen Schmieder, Las Vegas

Erinnert sich jemand an den F 015 von Mercedes-Benz - ein prächtiges Gefährt, das vor fünf Jahren auf der Technikmesse CES in Las Vegas mit dem eher unbescheidenen Motto "Luxury in Motion" vorgestellt wurde? Oder an FFZERO1 des Elektroautobauers Faraday Future, das futuristische und kinnladenherunterklappende Fahrzeug ein Jahr später, das aussah wie das Batmobil und laut Hersteller so revolutionär sein sollte wie das iPhone? Oder an EMotion von Fisker im Jahr 2018? Nein? Das ist auch nicht notwendig.

Die CES ist eine Messe für Visionäre und Träumer, und sie ist deshalb auch ein Ort für Spinner, was sich in diesem Jahr etwa daran zeigt, dass eine Firma nach Investoren sucht, deren Geschäftsmodell es ist, den Menschen über eine App dünner und muskulöser erscheinen zu lassen, als er wirklich ist. Wer so etwas haben will, soll erst einmal niemanden interessieren. In diesem Zusammenhang muss man auch das Fahrzeug betrachten, das der japanische Elektronikkonzern Sony jetzt vorgestellt hat - ein Unternehmen, das bislang nicht im Verdacht gestanden hat, nun auch die Straßen erobern zu wollen.

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Der japanische Elektronikkonzern Sony hat auf der Technik-Messe CES überraschend ein Elektroauto vorgestellt. Der Prototyp enthält spezielle Software, Sensor- und Sicherheitstechnik ebenso wie ein komplettes Entertainmentsystem.

Das Sony-Fahrzeug ist letztlich eine Hülle

Vision S heißt dieses Fahrzeug, das ein bisschen an das Model 3 von Tesla erinnert, aber auch an die sportlichen Luxuswägen von Porsche. Besonders interessant sind die 33 Sensoren, die Unmengen an Daten sammeln und auswerten und damit für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgen sollen. Und interessant ist die Ansage des Sony-CEOs Kenichiro Yoshida, dass Vision S natürlich ein Auto sei, aber eben auch eine Entertainment-Plattform . Das Sony-Fahrzeug ist letztlich eine Hülle, und das beweist auch der fehlende Hinweis von Yoshida, ob es eigentlich jemals gebaut werden oder eine Vision bleiben wird.

Zahlreiche Autobauer haben sich zurückgezogen von den traditionellen Messen ihrer Branche wie zum Beispiel von der einst ruhmreichen Detroit Auto Show, auf der sie Fahrzeuge präsentieren mussten, die wirklich irgendwann verkauft werden sollten. Auf der CES, da dürfen sie träumen und spinnen, weil sich die meisten Besucher ein paar Jahre - ach was, ein paar Tage später nicht mehr daran erinnern werden, was sie auf dieser Messe gesehen haben. Sony wird, diese Prognose ist nicht gewagt, kein eigenes Auto produzieren, sondern lediglich Komponenten zuliefern wollen. Das "Sony-Auto" ist für die CES ein cleverer und durchaus gelungener PR-Gag, und man sollte nicht den Fehler machen, dieses Konzeptauto allzu ernst zu nehmen.

Das führt zum traditionellen Autobauer Mercedes, der am Montag ebenfalls ein Auto auf der CES vorgestellt hat: den Vision AVTR, unter anderem entworfen von Regisseur James Cameron. Es ist inspiriert vom so genannten "Tree of Souls", dem Baum der Seelen aus dem Film Avatar. Ein herrlich verrücktes Fahrzeug, dessen Räder sich so drehen lassen, dass es auch seitlich und diagonal fahren kann. Nur, und das sollte niemand vergessen, der sich nun für dieses Auto begeistert: Es dürfte wohl eher auf dem Mond Pandora fahren als auf dem Planeten Erde.

© SZ vom 08.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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