Süddeutsche Zeitung

Koalitionsstreit:Der Soli soll weg - aber wie?

Lesezeit: 2 min

Von Michael Bauchmüller und Cerstin Gammelin, Berlin

Eigentlich sind sich SPD-Mann Olaf Scholz und CDU-Mann Peter Altmaier einig: Der jahrelange wirtschaftlche Aufschwung droht zu enden, die Bundesregierung muss etwas tun. Doch was? Da haben die beiden Minister grundverschiedene Lösungen. Es geht um die Steuer, genaugenommen um die Abschaffung des Soli für alle.

Finanzminister Scholz redet von schwindenden Spielräumen im Haushalt - und Wirtschaftsminister Altmaier nutzt genau diese Sorge aus. An diesem Donnerstag legt er in Berlin den Jahreswirtschaftsbericht vor, gewissermaßen der Beleg für Scholz' These: Das deutsche Wachstum geht darin weiter zurück, nach Prognose Altmaiers auf nur noch ein Prozent. Genau der richtige Zeitpunkt, jene Spielräume zu nutzen, von denen Scholz nichts wissen will. "Es macht Sinn darüber nachzudenken, die Wachstumskräfte zu stärken", sagt Altmaier bei der Vorlage des Berichts - und zwar, ehe aus dem Aufschwung ein echter Abschwung wird. Für Altmaier zählt dazu auch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags - für alle.

Bislang ist das im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen, der Soli soll nur für 90 Prozent der Steuerzahler wegfallen. Damit hatte sich die SPD durchgesetzt. Sie hätte den Soli nur dann für alle abgeschafft, wenn gleichzeitig der Spitzensteuersatz gestiegen wäre. Was die Union aber strikt abgelehnt hatte.

Einig sind sich beide, dass Unternehmen besser gefördert werden sollen

Scholz bleibt trotz des abgeschwächten Wirtschaftswachstums bei der alten Linie. "Steuersenkungen zu versprechen, für die es keine Gegenfinanzierung gibt, ist unredlich und schafft kein Vertrauen", sagte er am Dienstagabend bei einer Veranstaltung des Bundes der Steuerzahler. Und am Mittwoch legte er noch nach - und bringt den Anstieg des Spitzensteuersatzes um drei Punkte auf 45 Prozent in Gespräch. Das wäre gerecht, sagte er im Interview mit der Zeit. "Übrigens lag er zu Zeiten des Kanzlers Kohl mal bei 56 Prozent, heute liegt er bei 42 Prozent."

Altmaier sieht allerdings die Firmen in der Bredouille. Denn die meisten haben nichts von der geplanten, nur teilweisen Soli-Abschaffung. "Wir dürfen dort nicht bei einem Teil der Bevölkerung stehen bleiben", sagt Altmaier. Er setzt sogar noch einen drauf: "Der Wirtschaftsminister wünscht sich, dass man alle Spielräume nutzt." Seine Strategie: Der stete Tropfen höhlt den Stein. Die Wirtschaft allerdings möchte eher heute als morgen eine Entlastung. "Deutschland ist zum Höchststeuerland geworden", sagt Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. "Es ist längst überfällig, die Steuern zu senken, damit Unternehmen mehr investieren."

In ihrer Not kommt die Koalition nicht weiter, als das zu machen, was sie ohnehin im Koalitionsvertrag vereinbart hat. Sie fördern Unternehmen, die forschen, innovativ und Neues entwickeln. Scholz will noch im ersten Quartal einen Gesetzentwurf vorlegen. Mehr als zwei Milliarden Euro jährlich soll es an steuerlichen Vergünstigungen geben. Da ist er mit Altmaier sogar einer Meinung.

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