Solarzölle:Gericht prüft Strafzölle auf chinesische Solarzellen

Lesezeit: 3 Min.

Eine Solaranlage in Brandenburg: Fallende Produktionskosten machen den Solarstrom auch in Deutschland lukrativer. (Foto: dpa)
  • Der EuGH muss am Dienstag entscheiden, ob Strafzölle auf importierte Billig-Solarmodule aus China rechtmäßig sind.
  • Die EU hatte die Zölle 2013 verhängt, um die heimischen Unternehmen - unter anderem den deutschen Marktführer Solarworld - zu schützen.
  • Chinesische Firmen hatten dagegen geklagt - aber schon am Mittwoch will die EU-Kommission die Strafzölle um weitere 18 Monate verlängern.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Die Erfolgsgeschichten der Solarindustrie, es gibt sie noch. Die Chemnitzer Heckert Solar etwa, die voriges Jahr schon Grundstücke in der Nähe gekauft hat - für weiteres Wachstum. Derzeit beackern die Heckert-Vertriebler Märkte wie Thailand, Jordanien oder den Iran. Schließlich soll die Exportquote von 25 auf 40 Prozent ansteigen. "Wir sind eine zuversichtliche Truppe", sagt eine Heckert-Sprecherin.

Oder die Leute um Frank Averdung. Vor kurzem haben sie einen Standort in Brandenburg an der Havel übernommen, in dem bis 2016 der Technologiekonzern Bosch neue Solarzellen erforscht hatte. Jetzt soll in dem futuristischen Bau am Stadtrand eine ganz neue Generation Solarzellen entstehen: Folien mit dem Mineral Perowskit, die sich auf herkömmliche Solarmodule aufbringen ließe - und deren Stromausbeute deutlich steigert. Erforscht wurde die Technologie an der Uni Oxford, in die Fertigung will die Firma Oxford PV damit aber in Brandenburg gehen - auch der vielen solarkundigen Ingenieure wegen. "Was wir jetzt hier aufziehen, ist eine Anfangsfertigung", sagt Oxford-PV-Manager Averdung. "Dann muss man sehen, wie sich das Geschäft entwickelt." Nicht ausgeschlossen, dass die Serienfertigung dereinst auch hierzulande anläuft.

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Viele ostdeutsche Solarfirmen sind mittlerweile Geschichte

Dabei hat die Industrie gerade in Ostdeutschland schwierige Zeiten durchgemacht. Hochgezüchtet auch dank üppiger Förderung, brach sie nach deren abrupter Streichung 2012 quasi über Nacht zusammen. Firmen wie Odersun, Ersol, Q-cells oder FirstSolar waren einst Arbeitgeber für Tausende. Heute sind viele von ihnen Geschichte, abgewandert oder übernommen - Opfer auch eines massiven Wettbewerbs. "Der Preisdruck in der Branche ist nach wie vor enorm", sagt Ralf Preu, der am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme forscht. "Es ist nicht leicht, sich in diesem Umfeld zu behaupten."

2013 hatte die EU Importzölle verhängt, sie sollten vor allem die Einfuhr chinesischer Billigmodule erschweren - zum Schutz auch des deutschen Marktführers bei Photovoltaik, Solarworld. "Ohne diesen Schutz hätten wir in Deutschland den Großteil der Produktion verloren", sagt Milan Nitzschke, Präsident der Lobbygruppe EU Pro Sun, die für die Zölle gekämpft hatte - und nebenbei Sprecher von Solarworld. Chinesische Firmen, so der Vorwurf, hätten den europäischen Markt mit Modulen zu Dumpingpreisen überschwemmt. "Wir betrachten uns zwar als wettbewerbsfähig, aber unter Kosten können wir nicht verkaufen."

An diesem Dienstag nun fällen die EU-Richter in Luxemburg ihr Urteil in Sachen Zoll: Mehrere chinesische Hersteller hatten geklagt. Sie verlangen einen zollfreien Zugang zur EU und nehmen für sich in Anspruch, genauso im Wettbewerb zu stehen, wie ihre europäischen Konkurrenten. Derweil bereitet die EU-Kommission die Verlängerung der Solarzölle vor, um weitere 18 Monate. Noch an diesem Mittwoch könnte sie beschlossen werden; gerade rechtzeitig vor dem Ende der bisherigen Regelung.

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Auch in Deutschland sehnen viele ein Ende der Zölle herbei

Ob die Zölle der deutschen Industrie nutzen, darüber scheiden sich die Geister. Denn der Kundschaft in Deutschland beschert der Außenschutz auch höhere Modulpreise, als sie am Weltmarkt üblich sind. "Seit Einführung der Mindestpreise und Zölle ging europaweit die Zahl der neu installierten Fotovoltaikanlagen drastisch zurück", klagt etwa Franz Untersteller, Grünen-Umweltminister in Baden-Württemberg. "Wenn wir den Ausbau wieder verstärkt ankurbeln wollen, müssen auch wir Europäer von den gesunkenen Herstellungskosten profitieren dürfen." Die Zeit sei reif für ein Ende der Zölle. Ähnlich sehen das viele Firmen, die hierzulande Hausbesitzer von der Photovoltaik überzeugen wollen - aber dafür auf künstlich verteuerte Module zurückgreifen müssen. Der Streit über Sinn und Unsinn der Zölle spaltet die Solarbranche.

Das gilt auch für die Frage, ob der leise Aufschwung nun trotz oder wegen der Handelsbarrieren eingesetzt hat. "Offensichtlich spricht es sich zunehmend rum, dass sich Solaranlagen wieder rechnen", sagt Carsten Körnig, Chef des Verbands BSW Solar. Endlich stünden die Zeichen wieder auf Wachstum: "Die Sonnenfinsternis ist vorbei", hat Körnig entschieden. Das aber liegt auch an dem beinharten Wettbewerb. Die Wirkungsgrade der Solarzellen sind gestiegen, die Produktionskosten dagegen massiv gefallen. "Die fallenden Preise machen Solarstrom zunehmend attraktiv, auch in Deutschland", sagt Fraunhofer-Forscher Preu. "Leider nur hat die Politik die Förderung in den letzten Jahren immer komplizierter gemacht."

Tatsächlich stagnierte die Zahl der privat installierten Solaranlagen zuletzt weit unterhalb aller Zielwerte. Das allerdings hat zur Folge, dass die Vergütung für eingespeisten Solarstrom nicht mehr sinkt. Je Kilowattstunde bekommen etwa Hausbesitzer mit einer kleinen Solaranlage derzeit knapp 13 Cent. Und weil die Solarzellen in den vergangenen Jahren so sehr im Preis gefallen sind, werden sie zunehmend rentabel. Zum Vergleich: Als der Bund zuletzt die Fördersätze für Solarparks per Auktion ermittelte, gaben sich die Bieter im Schnitt mit 6,5 Cent zufrieden. Obendrein werden Batteriespeicher günstiger, was den Eigenverbrauch des Sonnenstroms attraktiver macht. Und der Bund plant eine eigene Förderung für Solarzellen auf Mietshäusern. Mieter ließen sich so günstig mit Ökostrom vom eigenen Dach versorgen.

Insgesamt rosige Aussichten, findet Oxford-PV-Manager Averdung. "Wettbewerbsfähig ist der Solarstrom schon heute", sagt er. "Er wird eindeutig eine dominante Stellung übernehmen." Fragt sich nur, wer das große Geschäft damit macht.

© SZ vom 28.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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