Solarworld:Verlierer der eigenen Revolution

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Noch vor wenigen Jahren war die Solarindustrie eine der deutschen Vorzeigebranchen. Geblieben sind davon nur noch Trümmer. Jetzt drängen internationale Investoren in die hiesigen Solarfirmen - doch sie interessieren sich nicht für die Fabriken in Deutschland.

Ein Kommentar von Markus Balser

Es sollte nur der Anfang einer neuen Ära sein: Erst wenige Jahre ist es her, da glänzte Deutschlands Solarindustrie an der Spitze der Welt. Da war sie den Rivalen immer einen Technikschritt voraus und schuf Tausende Jobs. Conergy, Solon oder Q-Cells wurden zu Marktführern und milliardenschweren Börsenstars. Die Welt schaute gebannt auf Deutschlands grüne Revolution. Geblieben ist davon nur ein Trümmerfeld. Bedrängt von chinesischer Billigkonkurrenz, starb zuletzt beinahe im Wochenrhythmus ein Stück grüne Hoffnung. Dutzende Firmen, unter ihnen auch die einstigen Stars, mussten nach einem beispiellosen Absturz Insolvenz anmelden. Weltkonzerne wie Bosch und Siemens stiegen aus dem Solargeschäft aus. Und nun ringt auch noch Solarworld,der letzte verbliebene Vorzeigekonzern der grünen Branche, in diesen Tagen ums Überleben.

Der dramatische Kampf der Bonner Firma macht endgültig deutlich: Die Deutschen Pioniere sind abgehängt. Ausgerechnet jenen Revoluzzern, die mit ihrem Aufstieg etablierte Energiekonzerne in Deutschland in Bedrängnis brachten, droht der eigene Untergang. Und so geht es bei den zähen Rettungsbemühungen um Solarworld und seinen Gründer Frank Asbeck längst um mehr als ein Unternehmen. Der Bonner Konzern gilt als Präzedenzfall für die weitreichende Frage, ob Investoren überhaupt noch an die Zukunft der deutschen Solarindustrie glauben.

Dass derzeit gleich in mehreren angeschlagenen deutschen Solarfirmen internationale Investoren das Ruder übernehmen wollen, wird zur vielsagenden Antwort. Scheichs aus Katar steigen bei Solarworld ein, US-Finanzinvestoren nehmen den Hamburger Konzern Conergy ins Visier. Das zeigt einerseits: Geldgeber erwarten eine Wende und hoffen auf eine Renaissance dieser angeschlagenen Firmen. Es macht aber auch klar: Die Zukunft der hiesigen Solarindustrie könnte ganz anders aussehen, als Wirtschaftspolitiker derzeit noch glauben.

In ihrer jetzigen Form werden die deutschen Hersteller jedenfalls kaum überleben können. Denn die Scheichs aus dem Golf-Emirat oder Hedgefonds aus New York bringen für nationale und regionale Befindlichkeiten so viel Verständnis mit wie für die angehäuften Verluste. Fabriken in Sachsen oder Brandenburg? Warum, werden sich knallhart kalkulierende Fondsmanager fragen, wenn es doch in viel größeren und neueren asiatischen Fabriken billiger geht. Statt für Fabriken interessieren sie sich für Marken, Technik und das Personal der Deutschen - für alles, was für die Planung großer Solarkraftwerke steht.

Gut möglich, dass bald auch Solarworld seine Module nicht mehr oder nur noch zum Teil in Deutschland produzieren wird und der weitere Umbau der Branche noch mehr Jobs kostet. Gut möglich aber auch, dass Deutschlands grüne Branche gerade deshalb eine neue Chance bekommt. Katar etwa baut mit den Bonnern gerade eine Fabrik am Golf. Dort liegen jene Märkte, die in den nächsten Jahren wachsende Geschäfte versprechen, während in Europa die Ökostrom-Fördersätze sinken.

Klar ist: Die Solarbranche ist noch lange nicht am Ende. Im Gegenteil: Die Technik steht vor ihrem eigentlichen Durchbruch. Schon heute ist Strom vom eigenen Dach in Deutschland und vielen anderen Ländern billiger als der vom Versorger. Große Solarkraftwerke können zu den Kosten von Kohlekraftwerken Strom produzieren - ohne deren Umweltschäden. Und die Technik schreitet rasant voran. Die deutschen Hersteller aber werden sich radikal verändern, auf Hightech-Angebote und ihren Erfindergeist konzentrieren müssen. Nur so ist der Kampf mit China um die grüne Zukunft noch zu gewinnen.

© SZ vom 07.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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