Solarstrom: Die Nutznießer:Die Sonnenkönige

Lesezeit: 4 min

Mit 27 Milliarden Euro subventionieren die Verbraucher die Erzeugung von Solarstrom. Davon profitieren vor allem etliche findige Unternehmer, die rechtzeitig investiert haben.

Günter Heismann

Die Summe ist gigantisch. Rund 27 Milliarden Euro müssen die deutschen Stromverbraucher in den kommenden Jahren aufbringen, um die Solaranlagen zu finanzieren, die bis dato in der Bundesrepublik installiert worden sind. Die privaten Stromerzeuger erhalten von den Energiekonzernen 20 Jahre lang für jede Kilowattstunde 43 Cent - das ist fünf- bis sechsmal so viel wie herkömmlich erzeugter Strom kostet.

Der größte deutsche Solarpark steht im brandenburgischen Lieberose. (Foto: Foto: Reuters)

"Solarschulden" nennen Experten die versteckten Subventionen, für die die Konsumenten noch jahrzehntelang zahlen müssen. Und die Lasten nehmen mit jeder neuen Anlage zu, die sich Bauern und Hausbesitzer aufs Dach schrauben. "Der Solar-Schuldenberg wächst jedes Jahr um neun bis zehn Milliarden Euro", schätzt Manuel Frondel, Ökonom beim Essener Forschungsinstitut RWI.

Mit dem Maserati unterwegs

All die Milliarden haben freilich wenig bewirkt. Auf Solarstrom entfällt in Deutschland bislang nur knapp ein Prozent des insgesamt produzierten Stroms. Auch Jobs sind nur in geringer Zahl entstanden. Selbst die optimistischsten Experten gehen von allenfalls 40.000 neuen Stellen aus - ein Gutteil der hierzulande verkauften Solarmodule kommt mittlerweile aus China oder anderen Billiglohnländern.

Eine Gruppe hat jedoch von den Subventionen profitiert - die Unternehmer, Finanziers und Spekulanten, die frühzeitig auf den Solarboom setzten. Bereits Ende der neunziger Jahre zeichnete sich ab, dass die rot-grüne Regierung die Nutzung erneuerbarer Energien großzügig fördern würde. Besonders viel Geld floss in die Photovoltaik, die Erzeugung von Strom aus Sonnenlicht.

Als einer der Ersten erkannte Frank Asbeck, einst Mitgründer der Grünen in Nordrhein-Westfalen, die Chancen der Sonnenenergie. 1998 begann er in Bonn die Firma Solarworld aufzubauen, die heute an der Börse 1,6 Milliarden Euro wert ist. Ein Viertel der Anteile gehören Asbeck. Der "Sonnenkönig" fährt einen schwarzen Maserati, ist bekennender Rotwein-Liebhaber und kaufte sich unlängst am Rhein ein ganzes Schloss.

Erfolgreicher Wella-Erbe

Asbeck ist freilich Unternehmer, der viel Arbeit und Kraft in seine Firma gesteckt hat. Andere Investoren wurden dank der Solarsubventionen fast mühelos reich. Zu ihnen gehören Firmenerben wie Immo Ströher, einst Mitinhaber der Darmstädter Kosmetikfirma Wella. Anfang des Jahrzehnts verkaufte die Familie Ströher das Unternehmen in mehreren Schritten an den US-amerikanischen Konzern Procter & Gamble.

Immo Ströher investierte seinen Anteil des Verkaufserlöses unter anderem in die beiden Solarfirmen Solon und Q-Cells. Bei Solon ist er weiter Großaktionär; die Beteiligung an Q-Cells veräußerte Ströher hingegen bereits nach wenigen Jahren - und strich dafür 640 Millionen Euro ein. Branchenkenner schätzen, dass der Wella-Erbe bei Q-Cells einen Gewinn von einer halben Milliarde Euro gemacht hat.

Nicht viel weniger Profit kassierten die Anleger des Münchner Finanzinvestors Ventizz. 2004 stieg die Firma bei der Thüringer Firma Ersol ein. "Insgesamt investierten Ventizz-Fonds im Laufe der Jahre rund 150 Millionen Euro Eigenkapital in das Unternehmen", erläutert Firmenchef Helmut Vorndran im SZ-Gespräch. 2008 übernahm der Autozulieferer Bosch alle Anteile an Ersol - Ventizz erhielt für den Anteil von gut 50 Prozent 546 Millionen Euro. In nur vier Jahren konnten die Investoren ihren Einsatz mehr als verdreifachen.

Solarworld-Gründer Frank Asbeck profitiert vom Solar-Boom. (Foto: Foto: dpa)

Conergy: Gigantische Verluste

Natürlich ist nicht jede Solarfirma eine Erfolgsgeschichte. Das musste Otto Happel, Erbe der Maschinenbau-Gruppe GEA, ebenso erfahren wie die Brüder Andreas und Thomas Strüngmann, ehemals Inhaber des Pharmakonzerns Hexal. Den Erlös aus den Firmenverkäufen steckten die drei unter anderem in die Hamburger Conergy AG. Deren Kurs stürzte lotrecht in die Tiefe, als die Solarfirma gigantische Verluste meldete und die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts auf Bilanzmanipulation einleitete.

Wesentlich erfolgreicher waren die Sonnenaktivitäten des holländischen Textil-Clans Brenninkmeijer, der mit der Ladenkette C&A zu einer der reichsten Familien Europas aufstieg. 2001 gründete Firmenerbe Marcel Brenninkmeijer im Schweizer Zug die Holdinggesellschaft Good Energies; sie ist heute weltweit an rund 30 Firmen für erneuerbare Energien beteiligt.

Das bisher wohl profitabelste Engagement ist die norwegische Firma REC, bei der Good Energies 2001 mit einem einstelligen Millionenbetrag einstieg. Binnen weniger Jahre entwickelte sich REC zu einem weltweit führenden Hersteller von Solarprodukten. Dazu trugen nicht zuletzt die Subventionen im wichtigen Absatzmarkt Deutschland bei. Anfang 2007 verkaufte Good Energies einen REC-Anteil von 16 Prozent - und kassierte allein dafür schon 1,1 Milliarden Euro.

Ein etwa gleich großes REC-Aktienpaket brachte Good Energies beim Solarzellenhersteller Q-Cells ein, wo die Brenninkmeijer-Firma seit 2002 ebenfalls beteiligt ist. Nach der REC-Transaktion besaß Good Energies knapp die Hälfte der Q-Cells-Aktien. Auf dem Gipfel der Solar-Hausse Ende 2007 war die Beteiligung an die fünf Milliarden Euro wert. Jetzt ist der Börsenwert des Aktienpakets zwar auf noch eine halbe Milliarde Euro gesunken. Doch dies ist, schätzen Branchenkenner, immer noch deutlich mehr als die Barmittel, die Good Energies ursprünglich bei REC und Q-Cells investiert hat.

Sinkende Nachfrage

Allerdings haben mittlerweile Überkapazitäten und sinkende Nachfrage auch Q-Cells in die Krise gestürzt. Die Umsätze brechen ein; Verluste türmen sich auf. Die Firma muss ihre Kosten senken. "Das neue Werk in Malaysia ist für Q-Cells ein großer Schritt in die Richtung, Kosten zu sparen", sagt Marcel Brenninkmeijer, seit kurzem Aufsichtsratschef von Q-Cells. Während die europäischen Solarfirmen derzeit fast alle rote Zahlen schreiben, würden die asiatischen Konkurrenten noch mit Gewinn operieren.

Da trifft es sich gut, dass Good Energies bereits in den Niedriglohnländern präsent ist. 2006 wurde die Brenninkmeijer-Gesellschaft Großaktionär der chinesischen Firma Solarfun. Das Unternehmen produziert vor allem für den Export - in China gibt es mangels Subventionen derzeit keinen Photovoltaik-Markt.

Mittlerweile plädieren sogar selbst Vertreter der Solarindustrie, etwa Solarworld-Chef Asbeck, die Förderung der Photovoltaik stärker zu reduzieren als vorgesehen. Bis Anfang 2011 könnten die Subventionen in mehreren Schritten um bis zu 30 Prozent abgebaut werden. Aber auch dann wären die Lasten, die Stromkunden in den nächsten Jahrzehnten zu tragen haben, drückend genug.

© SZ vom 25.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: