Solarbatterie für Zuhause:So will Tesla Strom billiger machen

Raketenzüge, Raumfahrt, Elektroautos - und jetzt eine Batterie für den Haushalt? Das neue Produkt von Tesla-Gründer Elon Musk klingt auf den ersten Blick unspektakulär. Dabei könnte es den gesamten Strom-Markt revolutionieren. Insbesondere in Deutschland.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles, und Matthias Huber

Elon Musk ist verrückt. Diese Behauptung ist keine Beleidigung, er weiß das selbst und teilt es der Welt auch immer wieder mal mit. Am Donnerstagabend etwa sitzt er in einem kleinen Raum im Designstudio des Elektroauto-Herstellers Tesla im Süden von Los Angeles und sagte: "Das, was ich nun gleich verkünden werde, das wird absolut verrückt klingen."

Natürlich, was auch sonst? Draußen stehen Tesla-Besitzer und klopfen sich ob ihrer umweltfreundlichen Fahrzeugwahl gegenseitig auf die Schulter, sie sehen den vorbei rauschenden Flugzeugen zu oder betrachten die Halle der ebenfalls von Musk gegründeten Firma nebenan: das Raumfahrtunternehmen SpaceX. Und natürlich warten sie auf den Auftritt von Elon Musk.

Der sitzt noch vor ein paar Journalisten, er wirkt nervös und nippt dauernd an seiner Wasserflasche. Er bewegt sich auf ungewohntem Terrain, weil er üblicherweise Dinge präsentiert, die ausgeflippt klingen, ein bisschen verrückt und damit unglaublich sexy: ein elektrisches Auto, eine recyclebare Rakete, eine Hochgeschwindigkeits-Röhrenverbindung zwischen Los Angeles und San Francisco.

Tesla Motors CEO Elon Musk zeigt die Powerwall Home Battery.

Elon Musk stellt in Hawthorne, Kalifornien, die Heimbatterie Tesla Powerwall vor.

(Foto: REUTERS)

Bescheidenheit gehört nun wahrlich nicht zu den Tugenden von Musk, der Mann hat das Präfix Mega- aus seinem Wortschatz gestrichen, weil er der Meinung ist, mit einer Million heutzutage nicht mehr besonders weit zu kommen. Giga, das ist der Zusatz, der seinen Visionen entspricht.

Reserve-Strom kann ins Netz eingespeist werden

Nun aber präsentiert er ein, nun ja, Batteriesystem. Es ist die neue Produktlinie mit dem Namen Tesla Energy, eine Weiterentwicklung jener Versionen, die derzeit im Model S zu finden sind.

Bereits in diesem Jahr soll die so genannte Powerwall auch in Deutschland ausgeliefert werden, sie funktioniert vereinfacht ausgedrückt so: Der Kunde kauft sich für 3500 Dollar die mit zehn Kilowattstunden (KWH) aufladbare Batterie und installiert sie an seinem Haus - es gibt auch eine Variante mit sieben KWH für 3000 Dollar. Hat der Kunde außerdem Solarzellen auf dem eigenen Dach, kann er den dort generierten, überschüssigen Strom nun direkt vor Ort speichern und bei Bedarf nutzen.

Oder wieder ins Netz einspeisen und sich dafür bezahlen lassen. Verschiedene Stromanbieter arbeiten bereits daran, auch private Energieerzeuger ins Versorgungsnetz einzubeziehen.

Wird dieser Strom künftig in Heim-Batterien wie jener von Tesla gespeichert, könnten daraus Reserven abgerufen werden, wenn der produzierte Strom der großen Kraftwerke nicht mehr ausreicht. Beispielsweise nachts, wenn keine Sonne scheint. Mit dem Geld, das der Batteriebesitzer dafür überwiesen bekommt, könnte der Anschaffungspreis schnell attraktiv werden.

Tesla ist zwar nicht der erste Konzern, der Energiespeicher für den Heimgebrauch auf den Markt bringt. Es ist noch ein recht kleiner Markt, im Jahr 2012 wurden laut Cambridge Energy Research (CER) gerade einmal 200 Millionen Dollar umgesetzt. Damit aber nun bloß niemand auf die Idee kommt, dass es sich um ein gewöhnliches Produkt handeln könnte, merkt Musk sogleich an: "Wir wollen grundlegend ändern, wie die Welt Energie verwendet. Auf einer extremen Ebene." Laut CER soll dieser Markt bis 2017 auf 19 Milliarden Euro wachsen.

Tesla ist damit mehr als ein Autohersteller

"In Deutschland wird es riesig werden", verspricht Musk und verweist auf die Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme, nach der am 9. Juni vergangenen Jahres der Anteil an Solarenergie im deutschen Stromnetz bei 50,6 Prozent lag. An einem besonders sonnigen Tag ist reichlich Strom vorhanden, der womöglich gar nicht verbraucht wird. "Stellen Sie sich nur vor, was passiert, wenn Sie diesen Strom selbst speichern können." Der Kunde werde unabhängiger und spare dabei auch noch Geld. Er sagt noch einmal: "In Deutschland wird das riesig!"

Musk spricht damit etwas aus, was viele schon seit langer Zeit vermuten: Tesla Motors, sein Unternehmen, das 2003 angetreten war, Elektroautos für ein breites Publikum zu bauen, ist gar kein Autohersteller. Es ist ein Technologieunternehmen, eine Batteriefabrik, die nebenher auch Autos produziert. "Es gibt nun künftig die Internetseite teslamotors.com und eine mit dem Namen teslaenergy.com", sagt Musk grinsend.

Er will nun auch jenen Menschen Batterien verkaufen, die noch kein elektrisches Auto besitzen. Und bestenfalls sollen sie die Solaranlage gleich noch über SolarCity beziehen, den größten Solaranbieter der Vereinigten Staaten. Im Vorstand: Elon Musk.

Die Bereiche Ökostrom und Elektromobilität hängen also eng zusammen. Gerade auch in Deutschland. Bis 2020 will die Bundesregierung eine Million Elektroautos auf den Straßen sehen. Experten warnen aber davor, dass unser Stromnetz in seiner derzeitigen Form davon überlastet würde: Nachts ist der Strombedarf in Deutschland bislang so niedrig, dass das Netz auch ohne Solarstrom ausreichend versorgt ist.

Hängen aber nachts eine Million Elektroautos zum Aufladen an der Steckdose, könnte sich das radikal ändern. Ohne Speichersysteme, in denen mögliche Überproduktionen des Tages gelagert werden können, würde die Elektromobilität das deutsche Stromnetz an seine Grenzen bringen. Oder man muss die umweltfreundlichen Elektroautos plötzlich wieder mit Strom aus zusätzlichen Braunkohlekraftwerken betanken.

Wie ein Kühlschrank von Apple

Auch um Elektroautos problemlos aufladen zu können gibt es von Tesla nicht nur die Version mit den zehn Kilowattstunden (kWh). Schon in den meisten Elektroautos sind Batterien mit 15 bis 25 kWh verbaut, in den Fahrzeugen von Tesla gar bis zu 85. Die kleine Heimbatterie reicht also nicht für eine elektrische Tankfüllung. Und auch für den Hausgebrauch wären 10 kWh wahrlich keine riesige Speicherkapazität, ein amerikanischer Haushalt benötigt durchschnittlich etwa 30 kWh pro Tag.

Für Firmen soll es deshalb ein so genanntes Powerpack geben, das ein bisschen aussieht, wie ein Kühlschrank von Apple aussehen würde, und von denen einzelne Einheiten miteinander verbunden werden können. "Unendlich viele", sagt Musk, Firmen wie Target und Amazon kooperieren mit Tesla und testen das System bereits. Bei einem Sturm und anschließendem Stromausfall sollen diese Firmen in der Lage sein, unabhängig weiter zu produzieren.

Deshalb denkt Musk bei Batterien in größeren, ja in Giga-Dimensionen. Außerhalb von Reno im Bundesstaat Nevada baut Tesla gerade für fünf Milliarden Dollar die so genannte Gigafactory, die bei voller Auslastung mehr Lithium-Ionen-Akkus produzieren soll als derzeit alle Batteriefabriken weltweit zusammen.

"Gigafactory Nummer eins", sagt Musk mit einem Heben der Augenbrauen: "Natürlich wollen wir mehrere Gigafactorys bauen. Ich sehe die Gigafactory weniger als Fabrik, als vielmehr ein Produkt wie ein Modell von Tesla." Da ist er dann wieder, der Größenwahn und Gigantismus des Elon Musk, dem die Welt nie genug zu sein scheint.

Bei allen Träumereien und gewaltigen Ideen weiß Musk, dass für eine flächendeckende Umstellung auf erneuerbare Energien ökonomische Gründe womöglich bedeutsamer sind als ökologische. Natürlich gebe es Menschen, die aus Idealismus für einen Dollar auch 1,10 Dollar bezahlen, um damit umweltfreundlich zu sein. "Wenn wir aber einen Dollar für 90 Cent anbieten, dann macht es für jeden Menschen Sinn", sagt Musk.

"Die Sonne ist für alle umsonst"

Auch für ihn selbst? Musk wird ein wenig nervös, als er darauf angesprochen wird, wie das denn in seiner Villa im Nobelort Bel Air aussehen würde. Er druckst zunächst ein wenig herum, spricht über den kniffligen Winkel seiner Hausdächer, gibt dann jedoch zu, noch keine Powerwall bei sich daheim installiert zu haben und noch nicht unabhängig zu sein: "Wir arbeiten daran, ich werde im nächsten Monat drei oder vier anbringen und dann etwa zwei Drittel meines Stromverbrauchs durch Solarenergie abdecken."

Musk will, das macht er an diesem Abend deutlich, nichts weniger als eine komplette Veränderung des Strom-Kreislaufes. Das erklärt er auch den Menschen, die nicht nur wegen der Präsentation einer neuer Produktlinie gekommen sind - sondern auch, um ihrem Idol zuzujubeln. Musk macht ein paar Witze über diesen wunderbaren Feuerball, den wir da am Himmel sehen. Dann sagt er ernst: "Die Sonne ist für alle da, sie ist für alle umsonst."

Die Menschen johlen und klatschen - vor allem in dem Moment, als er einen Mitarbeiter nach draußen schickt, um die Stromrechnung zu überprüfen: null. "Der Strom, den wir heute Abend brauchen, wird ausschließlich durch die Panels gewonnen, die auf dem Dach dieser Firma installiert sind." In diesem Moment fühlt er sich wohl. Wenn er verrückt sein darf. Wenn er seinen Fans erklären darf, wie schrecklich diese Welt doch sein kann. Und dass sie bald, mit seiner Hilfe, zu einem besseren Ort wird.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: