Dalai-Lama-Zitat auf Instagram:Daimler knickt vor chinesischer Propaganda ein

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"Schau dir eine Situation von allen Blickwinkeln aus an, und du wirst offener werden." Daimler zitiert hier auf Instagram den Dalai Lama, der in China als Staatsfeind gilt. (Foto: Screenshot: Instagram)

Der Autokonzern hatte auf Instagram ein Dalai-Lama-Zitat verwendet und es kurz darauf wieder gelöscht. Die offizielle Entschuldigung: Man habe "die Gefühle der Chinesen verletzt".

Von Kai Strittmatter, Peking

Der Revolutionär Mao Zedong perfektionierte die Praxis, bei der sich ein Übeltäter am Pranger der Menge stellen musste. Echos dieser Praxis, weniger blutig, finden sich in letzter Zeit sogar wieder häufiger. Gerade ausländische Firmen werden vor dem aufgebrachten Publikum am Nasenring durch die Manege geführt: die Hotelkette Marriott, die Fluglinie Delta, das Modeunternehmen Zara, sie alle durften in diesem Jahr schon Abbitte leisten: Sie hatten "die Gefühle des chinesischen Volkes verletzt". Auf den Menüs ihrer Webseiten, dort, wo man die Nationalität anklicken kann, hatten sich jeweils "Taiwan" oder "Tibet" als eigene Länder wiedergefunden. Eine Todsünde für China.

Nun darf man dem Daimler-Konzern dabei zuschauen, wie er sich vor Peking in den Staub wirft. Dabei wollte der Autobauer doch bloß seinen Fans in die Woche helfen. "MondayMotivation" heißt der Hashtag, unter dem die Firma montags ihren Instagramkanal bespielt. Schöne Fotos schöner Wagen aus Stuttgart, und dazu ein Happen Wohlfühl-Lebenshilfe. "Beginn deine Woche mit einer frischen Perspektive aufs Leben vom Dalai Lama", stand da also diese Woche. Und in großen Lettern darüber die Perspektive selbst: "Schau dir eine Situation von allen Blickwinkeln aus an, und du wirst offener werden". Daneben der Autor: "Dalai Lama".

"Wir wissen, dass wir die Gefühle der Chinesen verletzt haben"

Womöglich waren die Leute vom Social-Media-Team bei Daimler noch nie in China. Hier nämlich nennen sie den Dalai Lama, das geistliche Oberhaupt der Tibeter, auch schon mal "Wolf im Mönchsgewand". Hier wütet die Propaganda gegen ihn. Und mit einem Mal begannen immer mehr dieser Stimmen aus China auch gegen Daimler zu wüten. Obwohl Instagram eigentlich blockiert ist in dem Land.

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Das eigentlich Erstaunliche aber war die Reaktion aus Stuttgart. Das Instagram-Bild wurde gelöscht - und dann schob Daimler auf dem chinesischen Mikrobloggingdienst Weibo eine Entschuldigung hinterher, die man in dieser Demut auch noch nicht gelesen hatte. Mehrfach drückt die Firma ihr "tiefstes Bedauern" aus für ihren "extremen" Fehltritt. "Wir wissen, dass wir die Gefühle der Chinesen verletzt haben", heißt es da. Man verstehe diese Gefühle vollstens und werde "alle Kritik und Ratschläge aufrichtigst akzeptieren".

Mehr noch, die Firma gelobt bußfertig, sie werde "unverzüglich konkrete Maßnahmen einleiten, um unser Verständnis von der chinesischen Kultur und ihren Wertvorstellungen zu vertiefen". Übersetzt: von den Werten der Kommunistischen Partei.

"Als global tätiges Unternehmen respektieren wir China", teilte eine Sprecherin der SZ mit, "wie all unsere Märkte mit verschiedenen Wertesystemen." Nur China halt ein bisschen mehr. Zur Erinnerung: Der Post stand auf Instagram, war für die ganze Welt bestimmt, und China war das einzige Land, in dem man ihn offiziell nicht lesen konnte. Wie war das noch einmal? "Beginn deine Woche mit einer frischen Perspektive aufs Leben vom Dalai Lama." Vorschlag fürs Freitagsbild: Beende sie mit einer frischen Perspektive aufs Geschäft von Chinas KP.

© SZ vom 07.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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