So gut wie Milch?:Von Portionen und Portiönchen

Verbraucherministerin Künast fordert das Ende irreführender Werbung für "Kinderlebensmittel".

Der Snack wirbt für seine Extraportion Milch. Dass diese gesund ist, wissen schon die meisten Kinder. Dass deswegen auch der Snack gesund ist, ist jedoch ein Trugschluss. "Man müsste 17 Riegel davon essen, um ein Glas Milch zusammen zu bekommen", sagte Verbraucherministerin Renate Künast.

So gut wie Milch?: Ausschnitt aus der Ferrero-Homepage

Ausschnitt aus der Ferrero-Homepage

Häufig werde der Milchanteil in der Werbung überbetont. Diese irreführende Werbung, gerade für "Kinderlebensmittel", müsse ein Ende haben.

In Deutschland leben immer mehr dicke junge Menschen. Mittlerweile gilt jeder dritte Jugendliche als übergewichtig, jeder achte sogar als krankhaft übergewichtig. Daran ist auch eine Werbung Schuld, die suggeriert, ihre Lebensmittel seien gesund - obwohl der tatsächliche Kalorienanteil ihrer Produkte sehr hoch ist.

Sinnlose Energiespritze

Das stellte die Sonderforschungsgruppe Institutionenanalyse (sofia) Darmstadt fest, die ihren Bericht "Lebensmittelwerbung für Kinder" am Donnerstag in Berlin Künast überreichte.

So werbe Ferrero damit, dass in einem ganzen Glas Nutella "das Beste aus einem viertel Liter Milch" stecke und sogar Fußballstars davon äßen - dabei sei der "zuckersüße Brotaufstrich" nicht gut für Kinder.

Auch die extra Portion Milch bei Kinderschokolade komme bei Eltern wie Kindern gut an. Kellogg's werbe damit, dass zu jeder Mahlzeit Getreide gehöre - um seine Produkte als zu einer ausgewogenen Ernährung unabdingbar dazu gehörend darzustellen.

Und der Frumix Drink sei nicht unbedingt gesund, nur weil Vitamine, Kalzium und Molke zugesetzt seien.

Was jedoch als Energiespritze eventuell einem Spitzensportler oder Schwerstarbeiter gut tun würde, habe eine andere Wirkung auf das stundenlang in der Schule und vor dem Fernseher sitzende Kind, erklärte Cornelia Becker von sofia.

Insbesondere die als regelmäßige Zwischenmahlzeit verzehrten Snacks, Riegel, Fast Food und Soft Drinks seien als äußerst bedenklich einzustufen. Viele dieser "Kinderprodukte" wiesen eine extrem hohe Energiedichte auf, "zu hoch, um die ideale Zwischenmahlzeit für Kinder zu sein, als die sie teilweise präsentiert werden". Werbung sei ein Baustein, der dazu beitrage, dass die Fettleibigkeit zunimmt.

Snack der Zukunft

Für Künast gibt es nun mehrere Möglichkeiten, dieser Entwicklung entgegen zu steuern: Zum einen müsse die Lebensmittelindustrie schon vor In-Kraft-Treten entsprechender EU-Regelungen freiwillig auf gesundheitsbezogene Werbung für so genannte "Kinderlebensmittel" verzichten, forderte sie. Zum anderen sollte die Industrie den "Snack der Zukunft" entwickeln.

Es müsse doch möglich sein, Snacks zu produzieren, die nur 100 Kalorien auf 100 Gramm enthielten - und nicht 560 Kalorien, wie bislang. Daran müsse die Lebensmittelindustrie eigentlich interessiert sein, könne man damit doch auf dem engen Markt Wettbewerbsvorteile erzielen.

Des Weiteren forderte die Ministerin, die Packungs- und Portionsgröße bei vielen kalorienreichen Lebensmitteln, insbesondere bei Snackprodukten und Soft Drinks für Kinder, müsse verkleinert werden.

Und damit die Verbraucher sofort erkennen können, welche Lebensmittel gesund und welche ungesund seien, müssten die Lebensmittel entsprechend zertifiziert werden. Um die Lebensmittel entsprechend ihrem Nährwert zu kennzeichnen, schlug Künast eine Ampel vor. An den Farben rot, orange und grün sei dann für jeden leicht verständlich und einfach zu erkennen, zu welcher Kategorie ein Lebensmittel zähle und welchen Nährwert es habe.

Sich selbst outete die Grünen-Politikerin als Fan von Ingwerstäbchen: "Bei meinem Ingwerstäbchen weiß ich längst, dass das rot ist", sagte sie, lächelnd auf die von ihr zuvor ins Gespräch gebrachte Ampel verweisend. "Ich ess' die aber trotzdem. Zum Glück verträgt man davon nicht allzu viel."

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