Auf einmal konnte Opa nicht mehr. Und da stand er nun zusammen mit seiner Frau, draußen auf den Feldern vor ihrem Dorf. Ohne Handy. Das ist was für die Jungen, hatte Oma immer gesagt, ich brauche so was doch nicht. Doch nun hätte sie gerne eines gehabt. Als es dann zu Weihnachten so weit war, hielt sich die Freude trotzdem in Grenzen. Stattdessen: Angst. Angst, dass das mobile Telefonieren zu viel kosten könnte. Dass die komplizierte Technik sie überfordern würde.
Eveline Pupeter kennt Geschichten wie diese, und sie kennt die Bedenken der alten Leute. So ist ja auch ihre Firma entstanden. Emporia, ansässig in Linz, Österreich, baut Handys für alte Leute, weil einst der eigene Schwiegervater nicht mit einem einfachen Handy zurechtkam. Heute sind eher Smartphones das Problem. "In Deutschland", sagt sie, "haben nur 18 Prozent der über 65-Jährigen ein Smartphone." Smartphones, eigentlich wollte Emporia so etwas gar nicht bauen. Viel zu kompliziert für die ältere Generation sei das, hieß es noch vor einigen Jahren.
Senioren wollen keine Senioren-Handys
Doch je mehr die Alleskönner-Handys in Mode kamen, umso weniger wollten die Älteren Handys, die man schon von Weitem als Senioren-Geräte erkennt, wollten nicht stigmatisiert werden. Sie wollten auch Wisch-Handys. Also entwickelte man in Linz schließlich doch eine Möglichkeit, die beiden Welten zusammenzubringen.
Von Emporia gibt es nun ein Smartphone, das in einer intelligenten Hülle steckt. Darin ist das Handy nicht nur geschützt, man kann die Hülle dank eines integrierten Tastenfeldes auch nutzen, um wie bei einem herkömmlichen Handy Telefonnummern einzutippen, die Eingaben werden an den berührungsempfindlichen Bildschirm weitergereicht.
Denn mit dem Bildschirm haben Ältere oft ein Problem, wie auch Jérôme Arnaud weiß. Arnaud ist Chef des schwedischen Telefonherstellers Doro. Deshalb legt Doro über die normale Nutzeroberfläche der Handys eine stark vereinfachte Version. Und der Bildschirm reagiert auch nicht komisch, wenn die älteren Herrschaften mal länger draufdrücken. Was sie übrigens, wie Arnaud erzählt, deshalb tun, weil die Bildschirme oft nicht gleich reagieren - die Haut älterer Menschen ist nicht selten trocken, daher klappt es manchmal nicht so ganz mit dem Tippen und Wischen auf den kapazitiven Bildschirmen.
Die Verwandten können aus der Ferne helfen, wenn mal was nicht klappt
Vor etwa zehn Jahren hat sich Doro ebenfalls auf Seniorenhandys spezialisiert - ein wachsendes Segment: "Wir sind 2015 um 40 Prozent gewachsen", sagt er stolz, gibt aber auch zu, dass zehn Prozent davon aus einer Übernahme stammen. Immerhin 200 000 Smartphones hat die Firma 2015 verkauft. Auch bei Doro kam man bei der Nutzerforschung zu einem ähnlichen Ergebnis wie bei Emporia: Die Nutzer wollten Dinge wie Kameras und Textnachrichten, und seit 2012 wünschten sich immer mehr Ältere ein Smartphone, weil auch sie wie ihre Kinder und Enkel nutzen wollten, was diese smarten kleinen Dinger so alles können - von Nachrichten übers Internet verschicken bis hin zu Navigationsdiensten.
Die Besitzer können die Funktionen ihrer Doro-Handys bei der Inbetriebnahme anhand einfacher Fragen so zusammenstellen, wie sie das möchten. Auch die Verwandten können eingebunden werden und dann aus der Ferne helfen, wenn mal etwas nicht so klappt. Das gibt es auch bei Emporia, wo man auf die in Deutschland entwickelte Software Teamviewer setzt, ein bewährtes Werkzeug zur Fernsteuerung von Computern und Mobilgeräten.
Kommt der Handy-Besitzer nicht weiter mit seinem Gerät, kann er sich über Teamviewer mit einem Service-Mitarbeiter von Emporia verbinden. Bei der Linzer Firma hat man sogar ein Trainingsbuch entwickelt, mit dessen Hilfe die Senioren Schritt für Schritt lernen können, wie sie bestimmte Funktionen ihres Handys nutzen können. "Man muss aber immer wieder darauf hinweisen, dass sie alles genau lesen", weiß Eveline Pupeter aus langjähriger Erfahrung und vielen Anwendertests.
Klappe zu, Tastatur da: Emporia hat für sein Smartphone eine pfiffige Lösung gefunden.
Doro versucht es mit einer vereinfachten Nutzeroberfläche.
Simple Handys sind auch bei Jüngeren beliebt
Beide Firmen stellen aber auch noch einfache Handys her. Die übrigens nicht nur von Älteren oder für Ältere gekauft werden. Viele kauften sie auch als Zweithandy, das man etwa zum Holzmachen im Wald mitnimmt oder zum Zelten. Zwar nimmt der Markt für diese Gerätegattung durch den Siegeszug der Smartphones stetig ab. Aber, sagt Arnaud, es gibt auch immer weniger Hersteller - und so bedienen die Senioren-Spezialisten diese Marktnische gleich noch mit.
Man kann zwar mit den Einfach-Handys meist nur SMS versenden und telefonieren, dafür hält ihr Akku tagelang, und wenn ein solches Handy irgendwo liegen bleibt oder es kaputt geht, ist nicht viel verloren. Das Risiko überhöhter Rechnungen lasse sich mit einer Flatrate abfangen, sagt Eveline Pupeter. Die Handys selbst sind nicht besonders teuer. Die hochwertigen kosten 250 bis 300 Euro, die meisten liegen eher bei 150 Euro. Es gibt sie im Fachhandel, aber auch als Vertragsgeräte bei Netzanbietern.
Was die älteren Handynutzer aber auf keinen Fall wollen, ist Überwachung. Auch wenn es vielleicht die Angehörigen beruhigen würde - diesen Schritt wollen die meisten Senioren nicht gehen, zumindest, solange es ihnen noch einigermaßen gut geht. Was viele aber schon begrüßen, ist eine Funktion, die auch schon einfache Handys von Emporia auf Wunsch bieten, nämlich einen Notrufknopf. Groß, auffällig rot auf der Rückseite angebracht, reicht ein Druck darauf, um vorab eingespeicherte Notrufnummern anzurufen. Dabei wird eine Nummer nach der anderen gewählt, so lange, bis jemand am anderen Ende abhebt.
Dinge zu entwickeln, die alten Menschen helfen können, ist das eine, findet Eveline Pupeter von Emporia, "aber das Schönste ist, zu sehen, wie viel Freude sie damit haben"