Technik:Das Handy braucht keine Versicherung

Technik: Wichtiges Utensil bei jedem Konzert: das Smartphone. Im Getümmel, wie hier bei einem Event der Parkbühne Wuhlheide in Berlin, können sie leicht abhanden kommen.

Wichtiges Utensil bei jedem Konzert: das Smartphone. Im Getümmel, wie hier bei einem Event der Parkbühne Wuhlheide in Berlin, können sie leicht abhanden kommen.

(Foto: Matthias Baran/Imago)

Ein Alltag ohne Smartphone? Inzwischen ziemlich unvorstellbar. Kein Wunder also, dass vor allem Jüngere sich gegen Verlust oder Beschädigung absichern wollen. Verbraucherschützer aber sehen die Policen skeptisch.

Von Katrin Berkenkopf und Okan Mese, Köln

Clarissa Trenzen aus Köln hat sich im Juni 2022 ein neues Smartphone gekauft - und kurz darauf auch eine Handyversicherung abgeschlossen. Denn ihr generalüberholtes iPhone13 hat sie satte 990 Euro gekostet. "Ich finde es gut, eine Handyversicherung zu haben, weil ich vorher keine hatte und immer wieder mit Bildschirmschäden zu kämpfen hatte", erklärt die 25-jährige Marketing-Managerin. Rund sieben Euro zahlt sie jetzt im Monat für ihren Versicherungsschutz. Abgedeckt sind Schäden gegen Diebstahl, Glasbruch, Überspannung, Brand und Flüssigkeiten aller Art.

Bisher musste Trenzen die Police noch nicht in Anspruch nehmen. "Die Versicherung hat sich für mich schon gelohnt, wenn mein teures iPhone einmal auf den Boden fällt."

Tatsächlich sind Displayschäden durch Hinfallen der häufigste Schaden bei Handys, sagt Joachim Zech, Geschäftsführer für Digitalvertrieb und Onlinemarketing beim Versicherer Die Bayerische. Sie hat im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem jungen Versicherer Neodigital eine neue Handyversicherung auf den Markt gebracht.

Besonders Besitzer von Smartphones, die 750 Euro und mehr kosten, schließen gerne eine Police ab, hat Zech festgestellt. Ein Schwerpunkt bei den Kunden liegt in der Altersspanne zwischen 20 und 45 Jahren.

Dass Handyversicherungen vor allem für jüngere Zielgruppen wichtig sind, bestätigt auch Alexander Hornung, Mitgründer des Versicherungs-Start-ups Hepster. Sein Unternehmen bietet einen Versicherungsschutz per Klick beim Online-Kauf eines Produktes an. "Die Nachfrage, insbesondere bei hochpreisigen Geräten, hat enorm zugenommen", sagt Hornung.

Das liege daran, dass Kunden im Schadenfall schnell wieder mobil und online sein wollen. Beliebt seien deshalb Verträge mit kleinen monatlichen Beträgen, die jederzeit kündbar sind.

Die Angst, dass das für viele mittlerweile unverzichtbare Handy kaputt geht oder gestohlen wird und dann ein hoher drei- oder gar vierstelliger Betrag fällig wird, treibt viele Verbraucher zum Abschluss einer Versicherung.

Marktübliche Provisionen für Händler betragen rund 50 Prozent

Dazu kommt erheblicher Verkaufsdruck durch Mitarbeiter von Elektronikkaufhäusern wie Mediamarkt Saturn und Ladenlokalen von Apple. Die Verkäufer werden ausdrücklich angewiesen, die Policen bei allen teureren Geräten anzubieten.

Für die Einzelhändler lohnt sich das: Marktübliche Provisionen betragen rund 50 Prozent. Das heißt, von jedem Prämieneuro, den der Kunde zahlt, gehen 50 Cent an die Händler. Mediamarkt Saturn arbeitet mit der Zurich zusammen, Apple mit dem US-Anbieter AIG. Vodafone bietet Policen des Versicherers Chubb.

Experten sind skeptisch. Der Bund der Versicherten (BdV) rät sogar ganz von Handyversicherungen ab. Sie stehen auf seiner Liste der unsinnigsten Versicherungen. "Wir raten grundsätzlich dazu, sich nur gegen existenzielle, finanzielle Risiken abzusichern", sagt Julia Böhne vom BdV.

Hepster-Gründer Hornung sieht das naturgemäß anders: Der Verlust eines Smartphones stelle für viele Kunden eben ein nicht unerhebliches finanzielles Risiko dar, gerade dann, wenn mit dem Handy abgeschlossene Mobil- oder Leasingverträge weiter zur Zahlung verpflichten. "Im schlechtesten Fall zahlt ein Kunde für ein Smartphone, das er oder sie beispielsweise aufgrund von Diebstahl nicht mehr besitzt."

Beim einem Diebstahl lauern laut BdV aber im Kleingedruckten der Policen oft Fallstricke. "Ein kurzes Nickerchen im Bus gefährdet den Versicherungsschutz", nennt Böhne ein Beispiel. Dann gehen einige Versicherer nämlich davon aus, dass der Kunde während des Diebstahls nicht "bei vollem Bewusstsein" war und zahlen nicht den vollen Betrag aus.

Zudem wird bei einem defekten Handy oder einem Verlust des Geräts nur der Zeitwert des Handys entschädigt. Diverse Anbieter bestehen auch auf eine Selbstbeteiligung des Kunden, die vom Kaufpreis abhängt.

Wer nicht von vorn herein eine Versicherung kaufen will, den lockt der Versicherer Nexsurance, eine Tochter der Ergo, mit einer Police, die auch noch abgeschlossen werden kann, wenn der Schaden schon da ist. Für ein aktuelles iPhone 14 mit einem Kaufpreis von 1000 Euro beispielsweise kostet die monatliche Prämie gut 25 Euro, und die müssen Kunden auf jeden Fall für zwei Jahre zahlen. Das ergibt insgesamt mehr als 600 Euro.

Der BdV rät auch hier ab: "Der angebotene Sofortschutz erstreckt sich nur auf das Display, wobei das Handy noch nicht repariert oder geöffnet sein darf", sagt die BdV-Expertin.

Möchten Handybesitzer partout nicht ohne das Gefühl der Sicherheit durch eine Police leben, so empfiehlt der BdV, immer zu vergleichen und nicht das erstbeste Angebot zu nehmen, das beim Handykauf gleich mit angepriesen wird. "Grundsätzlich ist es immer sinnvoll, Versicherungsangebote zu vergleichen", sagt Böhne. "Dabei sollten die Leistungen im Fokus stehen, denn der günstigste Tarif hat keinen Wert, wenn er im Schadenfall nicht leistet."

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