Es ist ein unwürdiges Schauspiel, das da gerade in Zürich beim Fußballweltverband Fifa abläuft. Die Ethikkommission hatte in der vergangenen Woche Präsident Sepp Blatter und den Chef des europäischen Verbandes Uefa, Michel Platini, angesichts der Korruptionsermittlungen in der Schweiz und in den USA für 90 Tage suspendiert. Doch die wehren sich vehement und wollen nicht weichen. "Ich bin ein Kämpfer", teilte Blatter am Sonntag mit. Das Ansehen der Fifa wird derweil immer schlechter, die Probleme immer größer.
Diese Krise des Weltfußballs ist auch ein unwürdiges Zeugnis für die Sponsoren, darunter den deutsche Konzern Adidas. Hier zeigt sich, wie verhängnisvoll eine allzu enge Verbindung zwischen Sport und Wirtschaft sein kann. Seit vielen Jahren stecken weltweit operierende Unternehmen sehr viel Geld in den Fußball. Sie haben damit das System Blatter mit am Leben erhalten. Und sie haben immer nur auf den kurzfristigen Erfolg, den schnellen Profit gesetzt und nie mit dem nötigen Nachdruck auf die dringend erforderlichen Änderungen bei der Fifa gedrungen. Nur zwei wichtige Sponsoren waren im vergangenen Jahr abgesprungen: Der Elektronikkonzern Sony und die Fluggesellschaft Emirates. Ersatz für sie wurde übrigens nicht gefunden.
Adidas ist seltsam zurückhaltend
Dabei könnten die Geldgeber großen Einfluss haben: Denn ein gutes Drittel aller Fifa-Einnahmen stammt von Sponsoren, nach dem Verkauf der internationalen Fernsehrechte ist das die größte Einnahmequelle für die Fifa. Die amerikanischen Fifa-Partner hatten vorvergangenes Wochenende gerade noch die Kurve gekriegt: Die Kreditkartenfirma Visa, Coca-Cola, der Brauereikonzern Anheuser-Bush Inbev und McDonald's hatten in einer Erklärung nachdrücklich den Rücktritt von Blatter verlangt. Mit jedem Tag, der vergehe, werde "das Bild und der Ruf der Fifa weiter befleckt". Man kann diskutieren, warum die US-Firmen gerade jetzt, wenn auch reichlich spät, an die Öffentlichkeit gegangen sind. Wahrscheinlich haben die strengen US-Gesetze sie nach den Korruptionsermittlungen dazu gezwungen. Aber immerhin, sie haben eindeutig Position bezogen.
Seltsam zurückhaltend ist nach wie vor Adidas. Der deutsche Sportartikelkonzern vermied es immer, Blatter eindeutig zum Rücktritt aufzufordern, übrigens genauso wie der südkoreanische Autobauer Hyundai und der russische Energiekonzern Gazprom - eine zweifelhafte Gesellschaft. Konzernchef Herbert Hainer forderte zwar immer wieder einen Neuanfang. Doch richtig klare Worte fand er nicht. Dies wäre nötig, zumal Adidas und Blatter eine lange gemeinsame Geschichte verbindet. Horst Dassler, der Sohn von Firmengründer Adi, half Blatter schon Ende der 70er-Jahre. Gerade vor diesem Hintergrund wäre eine klare Distanzierung und ein eindeutiger Schnitt wichtig. Das ist bis heute ausgeblieben.
Die Verträge von Adidas mit der Fifa laufen noch bis zum Jahr 2030. Über die Jahrzehnte sind die Deutschen ein Partner des Fifa-Systems geworden. Sie geben nicht nur Geld und werben, sie rüsten auch die Offiziellen aus und stellen den Fußball. Jetzt müssen die Deutschen entschieden dem Eindruck entgegenwirken, sie stünden auf der Seite Blatters, stützten sein System.
Abhängigkeiten sind gefährlich für beide Seiten
Der Fall zeigt, wie gefährlich die Abhängigkeit von wenigen Großsponsoren generell ist - für beide Seiten. Volkswagen hat mit dem VfL Wolfsburg einen eigenen Bundesligaklub, ist über Tochterfirmen an zwei weiteren beteiligt, unterstützt weitere 16 Bundesliga-Vereine. Das ist nicht gut, der Einfluss der Autoleute ist einfach zu groß. Andersherum ist es gefährlich, wenn der Hauptsponsor, wie VW jetzt im Abgasskandal, in schwere Not gerät. Der neue Konzernchef Matthias Müller hat bereits angekündigt, das Fußball-Engagement werde überprüft. Viele Vereine fürchten nun, dass das große Geld aus Wolfsburg ausbleibt. Ähnlich ist es in der Formel Eins: Die Rennserie wird von den Autokonzernen und Groß-Sponsoren wie Red Bull beherrscht. Die Praktiken von Formel-Eins-Chef Bernie Ecclestone gelten ebenfalls als zweifelhaft. Doch das System ändert sich kaum.
Dabei bieten Skandale eine Chance. Das System des internationalen Fußballs etwa könnte nun grundlegend reformiert werden. Sponsoren sollten dabei mit gutem Vorbild vorangehen, sich bei dieser Sanierung an die Spitze setzen. So könnten sie auch etwas für ihr Image tun. Nach wie vor ist der Fußball weltweit attraktiv wie kaum eine andere Sportart. Weltmeisterschaften locken Hunderte Millionen Zuschauer vor den Fernseher. Die Beliebtheit der Spiele ist umgekehrt proportional zum Image der Fifa.