Süddeutsche Zeitung

Skandal Madoff:Die verlorenen Millionen von Frau L'Oréal

Liliane Bettencourt, die reichste Frau der Welt, ist ein Opfer des US-Großbetrügers Madoff. Ihr Fondsmanager erschoss sich. Auch setzt der Eignerin von L'Oréal die Tochter zu.

Sie ist die reichste Frau der Welt, doch dieses Weihnachten war für die milliardenschwere Erbin des L'Oréal-Konzerns sehr deprimierend. Liliane Bettencourt, 86, zankt sich seit Wochen öffentlich mit ihrer einzigen Tochter über finanzielle Fragen - und jetzt stellt sich auch noch heraus, dass sie einen Gutteil ihres Vermögens an den in Haft sitzenden US-Finanzjongleur Bertrand Madoff verloren hat.

Der Kummer ums Geld lässt auch die Tochter des Konzerngründers Eugene Schueller nicht kalt, selbst wenn sie insgesamt über ein Vermögen in Höhe von 16 Milliarden Euro verfügt. Ausdruck der Dramatik ist die Tatsache, dass sich der Fondsmanager, der ihr Geld bei Madoff angelegt hatte, in New York erschossen hat.

Bettencourt war die Erste, die Geld in Fonds investierte, die von der Firma Access International Advisors gemanagt wurden. Der Mitgründer Thierry Magon de la Villehuchet, Chef von Access International, wurde am Tag vor Heiligabend tot in seinem Büro aufgefunden. Die Polizei geht von Selbstmord aus.

Villehuchet lag tot im Büro

Villehuchet war am Boden zerstört, als Madoffs betrügerisches Schneeballsystem bekannt wurde, das 50 Milliarden Dollar in Mitleidenschaft gezogen hat. Der Geldspezialist befürchtete, in dem größten Finanzbetrugsfall würden Kunden ihn und seine Firma verklagen.

Eine Woche lang versuchte der Adelsmann offenbar, wenigstens 1,5 Milliarden Dollar zu retten, die Access über Madoff in europäische Fonds investiert hatte. In einem Brief an seine Kunden musste Villehuchet am 12. Dezember, einen Tag nach Madoffs Verhaftung, frustriert zugeben, dass eigene Fonds - zum Beispiel Luxalpha SICAV-American Selection - nur mit Madoffs Firma investiert hatten.

Liliane Bettencourt ist nur eine von vielen Prominenten, die im Betrugsfall Madoff viel Geld verloren haben. Dazu gehören zum Beispiel auch die spanische Milliardärin Alicia Koplowitz, der Hollywood-Regisseur Steven Spielberg sowie der Friedensnobelpreisträger und Holocaust-Überlebende Elie Wiesel.

Die renommierte Elie-Wiesel-Stiftung habe "so gut wie ihr gesamtes Vermögen verloren", teilte die Organisation jetzt mit. Die Stiftung habe insgesamt 15,2 Millionen Dollar (umgerechnet 10,8 Millionen Euro) durch den Wall-Street-Broker Madoff verwalten lassen. Die Stiftung erklärte gleichzeitig, sie werde sich auch weiterhin für das Lebenswerk ihres Gründers einsetzen und gegen Intoleranz und Ungerechtigkeit in der Welt kämpfen.

Weitere prominente Namen dürften im Madoff-Skandal folgen. Dass die L'Oreal-Erbin Liliane Bettencourt angeblich im Zustand geistiger Unzurechnungsfähigkeit mit Geld um sich zu werfe, begründet ihre Tochter Françoise Bettencourt-Meyers allerdings nicht mit den jüngsten Nachrichten aus New York. Sie bezieht sich vielmehr darauf, dass ihre Mutter den extrovertierten Fotografen François-Marie Banier mit Geschenken im Wert von rund einer Milliarde Euro bedacht haben soll.

Deswegen schaltete die Tochter sogar die Staatsanwaltschaft ein - die "Schwäche" ihrer Mutter, der Hauptaktionärin des Kosmetikriesen L'Oréal, sei ausgenutzt worden.

"Eine große Dummheit"

Nicht mehr Herrin ihrer Sinne? Schwäche? Diese Vorwürfe will die alte Dame nicht auf sich sitzen lassen. Jetzt holte Liliane Bettencourt zum großen Gegenschlag aus. "Was ist da bloß in meine Tochter gefahren? Das ist eine große Dummheit", zetert die Superreiche in einem Exklusiv-Interview mit dem französischen Journal du Dimanche. Die ganze Sache sei vollkommen idiotisch und reine Energieverschwendung.

Den Künstler Banier und sie verbinde eine mehr als 20-jährige Bekanntschaft, er habe ihr sehr geholfen - auch als sie im vergangenen Jahr ihren Mann André verloren habe. Ihr Gatte habe Banier ebenfalls seit 20 Jahren gekannt.

Das Verhalten ihrer Tochter kann sich die auf Fotos deutlich jünger wirkende Milliarden-Erbin nur mit Eifersucht oder einer tiefen Abneigung gegen den Künstler erklären. Ihre Tochter sei sehr verschlossen. Die Extrovertiertheit von Banier sei nervig für Francoise, erzählt die 86-Jährige freimütig. Gerüchte, dass sie den Fotografen, Schriftsteller und Maler adoptieren könne, seien jedoch haltlos.

"Als ich die Geschichte von der Adoption, als ich das zum ersten Mal gehört habe, dachte ich, ich träume. Ich hatte niemals die Absicht, einen Sohn zu adoptieren und schon gar nicht einen, der älter als 60 ist", bekräftigt die im noblen Pariser Vorort Neuilly-sur-Seine residierende Milliardärin.

Unverständlich sind Bettencourt die Vorwürfe nicht zuletzt wegen der ihrer Ansicht nach eindeutig geklärten Vermögensverhältnisse. Der Tochter werde künftig alles gehören, sagt sie. Das sei klar. Dennoch habe Françoise das Verfahren angestrengt und von ihr verlangt, ein psychiatrisches Gutachten machen zu lassen. "Ich habe einen berühmten Psychiater aufgesucht. Er hat mir gesagt: Alles in Ordnung", erzählt die Kunstliebhaberin.

Mitte des Monats hatten französische Medien unter Berufung auf Familienkreise berichtet, Françoise Bettencourt sei in Sorge, dass ihrer Mutter die Kontrolle über das Vermögen entgleite und ein wenig gewissenhafter Mensch davon profitiere. François-Marie Banier gilt in Frankreich als Dandy mit berühmten Freunden, zu denen unter anderem Isabelle Adjani und Caroline von Monaco zählen sollen. Für das bekannte US-amerikanische Magazin The New Yorker fotografiert der 61-Jährige Stars wie Karl Lagerfeld. Auch Kate Moss und Mick Jagger standen schon vor seiner Kamera.

Ein glückliches Ende des Streits ist derzeit nicht in Sicht. "Ich habe meine Tochter seitdem nicht mehr gesehen - und habe dazu auch keine Lust", sagt Bettencourt. Der unter anderem mit Lebensversicherungspolicen und einem Picasso-Gemälde beschenkte Banier soll wegen der Vorwürfe gegen ihn sogar eine Klage wegen Verleumdung in Betracht ziehen. Es gebe einerseits "eine zweifellos tiefe und alte familiäre Verletzung" und andererseits "eine wunderbare Geschichte der Freundschaft" sowie ein geteiltes literarisches und künstlerisches Interesse, beschreiben seine Anwälte das Problem.

Vielleicht muss Liliane Bettencourt bald weitere Klagen einreichen: gegen die Vermögensvernichter von Access in New York, die dem Betrüger Madoff aufgesessen sind - wenn hier überhaupt noch etwas zu holen ist.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.382662
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.