Der Castor-Transport kommt, und im Wendland gehen Zehntausende gegen den rollenden Atommüll auf die Straße. Doch mindestens eine Handvoll Demonstranten kümmert sich nicht um Atom, Castor und Endlager, sondern um etwas ganz anderes: um Werbung für den Autovermieter Sixt. Mit dem Spruchband "Stoppt teure Transporte! Mietet Van&Truck von Sixt!" und T-Shirts mit diesem Slogan mischen sie sich unter die Castor-Aktivisten - und via Fotos und Video verbreitet sich die Werbeaktion im Netz.
"Das hat es in der deutschen Werbegeschichte noch nicht gegeben: Werbung bei einer Protestveranstaltung", bejubelt die Kommunikationsabteilung von Sixt im firmeneigenen Blog den Auftritt im Wendland - und ergänzt: "Das alles kostengünstig gefilmt, dokumentiert und verbreitet von der zahlreich erschienenen Presse."
Doch Guerilla-Marketing ist nicht nur ein beliebtes Instrument der Unternehmen geworden - sondern auch ein riskantes. Erst dieser Tage hatte sich der Mobilfunkanbieter O2 mit seinen Werbemaßnahmen an der Kölner Universität viel Ärger eingebrockt. Und auch im Fall von Sixt dürfte ein Imageschaden zurückbleiben. Denn nachdem der Blog off the record über die Aktion berichtet hatte, gab es im Netz vor allem negative Schlagzeilen für den Autovermieter. "Zum Fremdschämen", titelte der Branchendienst meedia.de.
"Gute Werbung provoziert und das heißt auch, dass es entsprechend contra geben kann", sagte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage von sueddeutsche.de. "Bislang war jede gute Sixt-Werbung provokativ. Sixt würde das ganze wiederholen. Aber bei allen Sixt-Werbungen gilt, das ganze auch mit einem Augenzwinkern zu nehmen."
Sixt und die Agentur Jung von Matt provozierten schon in der Vergangenheit mit diversen Motiven, als sie mit den Gesichtern von Angela Merkel, Ulla Schmidt oder Oskar Lafontaine warben. Mit Letztgenanntem gab es auch juristischen Ärger: Erst vor kurzem wies das Oberlandesgericht in Hamburg die Berufung von Sixt gegen eine erstinstanzliche Entscheidung zurück und bestätigte die Zahlung von 100.000 Euro. Die Firma hatte kurz nach dem Abschied Lafontaines aus der Politik in einer Werbeanzeige ein Foto des Bundeskabinetts abgebildet und darin Lafontaine durchgestrichen. Lafontaine reagierte mit einer Klage, weil das Bild ohne seine Erlaubnis verwendet wurde. Sixt erwägt den Gang vors Bundesverfassungsgericht.