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Sixt: Werbung mit Kleinwüchsigem:Knallorange im Kreis

Sixt provoziert mal wieder: Die Firma wirbt mit einem Kleinwüchsigen, der auf dem Flughafen-Gepäckband von niedrigen Tarifen singt und Ukulele spielt. Der Clip ist jetzt im Internet zu sehen - die Zuschauer sind irritiert.

Angelika Slavik

Die Frage, was Werbung darf und was nicht, wird in Deutschland ziemlich oft diskutiert. Meistens geht es dabei um irgendjemandes echte oder vermeintliche Herabwürdigung, um die der Frauen zum Beispiel.

Die Werbekampagnen des Autovermieters Sixt sind regelmäßig Zentrum solcher Diskussionen: Das Unternehmen zelebriert den gepflegten Tabubruch seit Jahren wie kein zweites. Da bekam Angela Merkel eine Sturmfrisur verpasst und warb damit unfreiwillig für Sixt-Cabrios, da wurde die Dienstwagenaffäre der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt persifliert ("Mit dem Dienstwagen in den Urlaub? Es gibt Sixt doch auch in Alicante!"), da warf sich Pop-Prolet Dieter Bohlen in Pose ("Die einzige Frau, von der ich mir was sagen lasse, ist die vom Navigationssystem."). Es waren freche Ideen, die da umgesetzt wurden, manche waren grenzwertig, aber nie blieb dabei ein schaler Nachgeschmack.

Bei der jüngsten Aktion der Firma könnte das anders sein. Am Hamburger Flughafen machte Sixt jüngst eine sehr spezielle Marketing-Aktion - und der Clip, der das dokumentiert, wird nun im Internet lanciert. Zu sehen ist zunächst eine Gruppe Reisender, die - soeben gelandet - vor dem Gepäckband auf ihre Koffer wartet.

Als sich das Band endlich in Bewegung setzt, kommt aber nicht nur das erwartete Gepäck - sondern auch ein Kleinwüchsiger. In einem grell orangen Anzug und mit dunkler Sonnenbrille hüpft er zwischen den Koffern umher, spielt auf einer Ukulele und singt von den ach so günstigen Preisen bei Sixt: "Es gibt etwas, das ich liebe, das kleiner ist als ich" - die Tarife beim Autovermieter eben.

Für den Zuschauer am Schirm erscheint das bestenfalls befremdlich, und auch am Flughafen wirken einige Gesichter weniger amüsiert denn irritiert. Wo verläuft die Grenze zwischen Komik und Respektlosigkeit?

Für den Darsteller ist es "einfach ein Job"

Bei Sixt heißt es, man wolle diese Aktion "mit einem Augenzwinkern" verstanden wissen, "so wie alle unsere anderen Kampagnen auch". Der Sprecher des Deutschen Werberats, Volker Nickel, sagt, dass Werbung mit Behinderten "grundsätzlich überhaupt nicht verwerflich" sei - solange "die Betroffenen darin nicht lächerlich gemacht werden". Inwieweit das Sixt und seiner Werbeagentur Jung von Matt bei der Gepäckband-Nummer gelungen sei, werde man daran sehen, wie die Aktion öffentlich aufgenommen werde. "Die Sensibilitäten der Leute sind hier sehr unterschiedlich."

Tatsächlich ist es weniger der Umstand, dass Sixt mit einem Kleinwüchsigen seine niedrigen Preise bewirbt, der bei dieser Aktion so irritiert - es ist die Art, wie Sixt seinen Darsteller inszeniert: Knallorange gekleidet wie ein skurriles Maskottchen fährt der am Gepäckband im Kreis und wird zum Freak stilisiert. Da fällt es schwer zu glauben, dass das Publikum tatsächlich mit ihm lachen soll und nicht über ihn und die seltsame Inszenierung.

Der Hauptdarsteller bei dieser Aktion war der Schauspieler und Musiker Manni Laudenbach. Er glaube nicht, dass seine Behinderung mit der Aktion am Gepäckband lächerlich gemacht wurde, sagt Laudenbach der SZ. Allerdings verstehe er sich auch nicht persönlich als Werbeträger der Firma. "Ich wurde als Darsteller engagiert. Das hat mit meiner persönlichen Würde nichts zu tun", sagt Laudenbach. "Für mich ist es einfach ein Job."

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URL:
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Quelle:
SZ vom 10.02.2011/weis/aum
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