Süddeutsche Zeitung

Single Family Office:Exklusiv für die Familie

Lesezeit: 3 min

Große Unternehmen gründen oft ein Family Office, das sich um den Erhalt und die Vermehrung des Vermögens kümmert. Damit kann ein Wir-Gefühl am Leben gehalten werden, auch wenn die eigene Firma bereits verkauft ist.

Von Norbert Hofmann

Sie sind erfolgreich und haben mit ihren Unternehmen viel Geld verdient. Torsten Toeller, zu Wohlstand gekommen durch die Tiernahrungskette Fressnapf, gehört ebenso dazu wie der Media-Markt-Mitgründer Leopold Stiefel oder Bernhard Schadeberg, Miteigentümer der Krombacher Brauerei. Sie alle lassen - so wie auch legendäre Unternehmerdynastien etwa vom Schlage der Familie Henkel (Persil) - große Teile ihres Familienvermögens in einem Family Office verwalten.

Insgesamt gibt es nach Schätzungen des Instituts für Familienunternehmen an der WHU - Otto Beisheim Schoool of Management 350 bis 450 Single Family Offices, die sich im Besitz einer deutschsprachigen Unternehmerfamilie befinden. Im Unterschied zu Multi Family Offices, die für mehrere Familien Dienstleistungen erbringen, sind Single Family Offices auf eine Familie oder einen Vermögensinhaber fokussiert.

Es geht um mehr als Investitionen in Aktien, Gold und Immobilien

Ziel eines Family Office ist es, das Familienvermögen zu erhalten und zu mehren. "Ab einem dreistelligen Millionenvermögen lohnt sich der Aufbau professioneller Strukturen eines eigenen Family Office", sagt Professorin Nadine Kammerlander, Leiterin des Instituts für Familienunternehmen an der WHU.

Meist geht es dabei um mehr als um standardisierte Investitionen in einen Mix aus Aktien, Anleihen, Gold und Immobilien. Es geht auch um mehr als steuerliche und rechtliche Expertise oder die Unterstützung beim Kauf von Yachten, Flugzeugen, Oldtimern oder Kunst. Das Single Family Office baut ein Netzwerk aus Spezialisten für die einzelnen Anlageklassen auf und beschäftigt eigene Anlageexperten. "Ebenso wie diese Familien es gewohnt sind, die Kontrolle über ihr Unternehmen zu haben, wollen sie durch von ihnen selbst eingestellte Mitarbeiter auch ihr Vermögen lenken und kontrollieren", erläutert Kammerlander.

Dieser Trend habe seit der Finanzmarktkrise 2008/2009 spürbar zugenommen. Häufig wird das Management einzelner Anlageklassen einem externen Geldinstitut überlassen. "Das Family Office entscheidet, welche Bank für bestimmte Investments über die beste Expertise verfügt und welche Anlagen lieber das eigene Team übernimmt", so Kammerlander. Vermögensverwaltende Strukturen entwickeln sich oft zunächst innerhalb des Familienunternehmens. Sie übernehmen das Management der nicht an die Eigentümer ausgeschütteten Überschussrenditen, häufig auch die Verwaltung der Konzernliegenschaften sowie des privaten Immobilienbestands der Familie. Ein in der Firma angesiedeltes Family Office hat den Vorteil, dass das Unternehmen Wachstumsfinanzierungen oder Zukäufe aus dem Konzern heraus tätigen und stille Reserven aufbauen kann. Allerdings werden die mangelnde Unabhängigkeit vom Unternehmen und die weitgehend fehlende Haftungsbegrenzung als Nachteile gesehen, sodass viele Familien das Family Office lieber als rechtlich und organisatorisch eigenständige Einheit installieren.

Ein wichtiger Treiber für das eigene Family Office ist das Ziel, den Zusammenhalt zu fördern und eine Aufteilung des Familienvermögens zu vermeiden. Hinzu kommen besondere Anreize nach einem Verkauf des Unternehmens, durch den die Familie zu Geld gekommen ist. "Zum einen ist durch die zeitnahe gemeinsame Reinvestition in neue unternehmerische Beteiligungen eine gewinnsteuerliche Verschonung des Verkaufserlöses möglich", sagt Max Leitterstorf, Professor für Unternehmensfinanzierung an der WHU. Zum anderen werde das Single Family Office häufig auch zu einem emotionalen Identitätsanker. Das Wir-Gefühl einer Familie, die über Jahrzehnte oder länger ein Unternehmen aufgebaut und geführt hat, lebt im gemeinsamen Family Office weiter. Ist die Firma noch im Familienbesitz, dienen die Investitionen auch zur Diversifikation des Anlagerisikos. Naheliegend wäre da die Erwartung, dass dabei Anleihen, Immobilien sowie Gold und andere Rohstoffe im Vordergrund stehen. Doch das ist heute nicht mehr so. "Getrieben vom Niedrigzinsumfeld hat neben der Anlage in Aktien der Erwerb von unternehmerischen Direktbeteiligungen stark zugenommen", sagt Leitterstorf. Dabei geht es um den mehrheitlichen oder vollständigen Kauf mittelständischer Firmen, wobei durch ein Engagement in unternehmensfremden Branchen eine Risikostreuung möglich ist.

Viele Family Offices investieren gerne in junge Technologiefirmen

Besonders ausgeprägt ist das Interesse bei Familien, die ihr Ursprungsunternehmen verkauft haben. Sie ziehen aus dem Aufbau eines Beteiligungsportfolios erneut eine gemeinsame unternehmerische Identität und wollen im Beirat oder Aufsichtsrat der erworbenen Firmen auch strategisch aktiv sein. Für kleine und mittlere Firmen, die das Interesse dieser Investoren auf sich ziehen, eröffnet sich damit zunehmend eine neue Finanzierungsquelle. "Immer häufiger kommt es auch zu sogenannten Club-Deals, bei denen mehrere Single Family Offices gemeinsam investieren", sagt Wissenschaftlerin Kammerlander. Dafür spreche, dass man sich oft schon seit Jahren kennt und mit hoher Wahrscheinlichkeit gleiche Ziele verfolgt.

Familien, die nicht mehr im Besitz des gemeinsamen Ursprungsunternehmens sind, haben zudem ein deutlich stärkeres Interesse an Private-Equity-Fonds, die in ein Portfolio aus unterschiedlichen Beteiligungen investieren. Zudem sind sie eher bereit, Wagniskapital für junge innovative, technologieorientierte Start-ups bereitzustellen. Doch auch wenn das Ursprungsunternehmen noch in Familienbesitz ist, gibt es gute Gründe für Risikokapitalinvestitionen. Zum Beispiel, um an einer Technologie, die für die eigene Branche künftig wichtig ist, teilzuhaben. "Ebenso kann der Technologievorsprung eines kleinen oder mittelständischen Unternehmens aus Sicht des Family Office attraktiv für eine Beteiligung sein, weil sich dadurch das Unternehmen der Familie möglicherweise einiges an Forschungs- und Entwicklungsaufwand sparen kann", so Kammerlander.

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Quelle:
SZ vom 06.12.2018
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