Süddeutsche Zeitung

Energiepolitik:EU rät zu rascher Hilfe wegen steigender Strompreise

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Die Kommission erklärt, wie Mitgliedstaaten Bürger und Firmen am besten unterstützen können. Zudem will die Behörde prüfen, ob die Länder künftig Gas gemeinsam ordern sollten.

Von Björn Finke, Brüssel

EU-Regierungen sollten die Folgen steigender Energiepreise rasch abfedern für besonders betroffene Bürger und Unternehmen. Das rät EU-Energiekommissarin Kadri Simson. Die estnische Liberale stellte am Mittwoch in Brüssel einen sogenannten Werkzeugkasten vor: Empfehlungen, wie Mitgliedstaaten Haushalten und Firmen helfen können, ohne dabei gegen europäische Wettbewerbsregeln zu verstoßen. Unter anderem schlägt die Kommission direkte Zahlungen, Steuererleichterungen und Subventionen für kleine Betriebe vor.

"Der weltweite Anstieg der Energiepreise gibt der EU Anlass zu ernsthafter Besorgnis", sagte Simson. Ihre Behörde empfiehlt, dass Regierungen Hilfen schnell und gezielt einsetzen. Zudem sollten die Maßnahmen einfach rückgängig gemacht werden können, wenn im Frühjahr die Preise voraussichtlich wieder sinken. Wichtig ist Brüssel auch, dass die Initiativen nicht den Ausbau grüner Energiequellen gefährden. Insgesamt haben nach Angaben der Kommission 20 Mitgliedstaaten Unterstützungspakete angekündigt oder umgesetzt. Diese stünden alle im Einklang mit EU-Recht, hieß es.

Die Bundesregierung plant allerdings keine weiteren Hilfsprogramme. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, er könne keine solchen Maßnahmen ankündigen, aber es seien ja bereits Entlastungen beschlossen worden: eine Senkung der Ökostrom-Umlage, die Erhöhung der Pendlerpauschale sowie Verbesserungen beim Wohngeld.

Europa durchlebt gerade nicht die erste Gaskrise. Die Kommission will die EU nun besser gegen künftige Versorgungsengpässe schützen. Die beste Methode seien mehr Investitionen in erneuerbare Energien und in die Renovierung von Gebäuden sowie ein Ausbau der Speicherkapazität für Energie - und das nicht nur für Erdgas, sondern auch für Wasserstoff und Strom, riet die Behörde. Die Genehmigungsverfahren für Ökostrom-Projekte müssten beschleunigt werden.

Die EU kann ein Fünftel ihres Verbrauchs speichern

Daneben will die Kommission prüfen, ob die gemeinsame Beschaffung von Gasvorräten durch Mitgliedstaaten sinnvoll sei - ganz so wie bei der Beschaffung der Covid-Impfstoffe. EU-Regeln ermöglichen solche Gemeinschaftseinkäufe schon seit 2015, doch das wurde nie angewandt, weil die Umsetzung kompliziert ist. Zudem könnte die Behörde die Regeln zur Versorgungssicherheit überarbeiten, damit die vorhandenen Gasspeicher in Europa besser genutzt werden können. Die EU kann derzeit ein Fünftel ihres jährlichen Gasverbrauchs speichern, doch nicht alle Mitgliedstaaten haben Speicher, und die Vorschriften zur Instandhaltung unterscheiden sich.

Simson will auch die Vor- und Nachteile der gültigen Regeln für den Strommarkt untersuchen lassen. Vor allem Frankreichs Regierung klagt darüber, dass das Marktdesign de facto dazu führe, dass der Strompreis mit dem Gaspreis steigt. Die Behörde geht aber davon aus, dass das derzeitige System "nach wie vor am effizientesten ist", wie es heißt. Die Bundesregierung teilte mit, sich die Vorschläge nun genau anzuschauen und zu bewerten, auch die für eine gemeinsame Gasbeschaffung.

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