Industrie:Gabriel kontrolliert bald Panzer

Lesezeit: 2 Min.

Der frühere Vize-Kanzler Sigmar Gabriel soll bald in den Aufsichtsrat von Rheinmetall einziehen. Zuletzt machte der SPD-Politiker Schlagzeilen mit seinem Rücktritt aus dem Kontrollgremium von Thyssenkrupp Steel Europe. (Foto: Britta Pedersen/dpa)

Der Dax-Konzern Rheinmetall will den früheren Vize-Kanzler sowie eine ehemalige Bahn-Managerin in den Aufsichtsrat berufen. Eines von Gabriels anderen Mandaten endete kürzlich in einem spektakulären Zerwürfnis.

Von Björn Finke, Düsseldorf

Sigmar Gabriel wird künftig wieder häufiger in Nordrhein-Westfalen sein. Und das, obwohl der letzte berufliche Ausflug nach Rhein und Ruhr ein unschönes Ende nahm. Der frühere SPD-Vorsitzende, Vize-Kanzler, Umwelt-, Wirtschafts- und Außenminister soll im Mai auf der Hauptversammlung des Rüstungskonzerns Rheinmetall zum Aufsichtsratsmitglied gewählt werden. Dies teilte das Düsseldorfer Dax-Mitglied nun mit. Gabriel sitzt bereits seit 2020 in den Kontrollgremien von Deutscher Bank und Siemens Energy, deren Aktien ebenfalls im Dax notiert sind. Zudem war er bis Ende August Aufsichtsratsvorsitzender von Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE), dem größten deutschen Stahlproduzenten. Doch den Posten bei der Duisburger Firma gab er im Streit mit dem Chef des Mutterkonzerns Thyssenkrupp auf.

Deutschlands größte Bank, einer der weltweit wichtigsten Hersteller von Windkraftanlagen, bald auch noch der größte Rüstungskonzern des Landes: Der 65-jährige Gabriel scheint bei seinen Aufsichtsratsmandaten eine Vorliebe für systemrelevante Unternehmen entwickelt zu haben. Ulrich Grillo, der Aufsichtsratsvorsitzende von Rheinmetall, sagt, die Firma hole Gabriel vor allem wegen dessen „Kompetenz im Bereich Geopolitik“ ins Gremium: „Als scharfsinniger Analytiker wird er uns neue Perspektiven eröffnen und mit seinem internationalen Renommee im In- und Ausland helfen.“

Die Hauptversammlung im Mai soll auch Grillos Mandat verlängern. Zudem soll die Aktionärsversammlung neben Gabriel Sabina Jeschke in das Aufsichtsgremium wählen. Die 56-jährige Wissenschaftlerin und Unternehmensgründerin war von 2017 bis 2021 im Vorstand der Deutschen Bahn für Digitalisierung und Technik zuständig, bis vorigen Oktober saß sie im Aufsichtsrat des Autozulieferers Vitesco. Grillo sagt, Jeschkes Expertise werde Rheinmetall „auf dem Weg der Digitalisierung und der Nutzung von KI-Technologie nach vorne bringen“.

Sabina Jeschke soll mit Gabriel in den Aufsichtsrat einziehen. (Foto: DKE/CC BY 3.0))

Gabriel sagt, sein Einzug in den Aufsichtsrat solle „als Beitrag dazu verstanden werden, offensiv mit der Notwendigkeit einer starken und leistungsfähigen Verteidigungsindustrie in Deutschland und Europa umzugehen“. Die Bundeswehr müsse wieder kriegstauglich gemacht werden, Europas Nato-Armeen müssten Feinde abschrecken können. Eine Voraussetzung dafür sei es, einen „starken nationalen und europäischen Champion wie Rheinmetall“ zu haben.

Rheinmetall soll „ein globaler Rüstungschampion“ werden

Das Unternehmen mit weltweit 27 000 Beschäftigten stellt Panzer, Militärlastwagen, Flugabwehrsysteme oder Laserzielgeräte her. Außerdem sind die Düsseldorfer wichtigster Munitionslieferant der Ukraine. Auch Deutschland und seine europäischen Verbündeten investieren seit Russlands Überfall auf die Ukraine wieder mehr in ihre Armeen; die Auftragsbücher des Konzerns sind voll, der Aktienkurs hat sich seit Kriegsbeginn gut versechsfacht. Im laufenden Jahr wird der Umsatz wohl bei zehn Milliarden Euro liegen, bis 2030 will Firmenchef Armin Papperger 40 Milliarden Euro erreichen. Das Unternehmen solle „ein globaler Rüstungschampion“ werden, sagte der Manager im November bei der Vorlage der Quartalszahlen. Der größte Standort ist in Unterlüß in Niedersachsen - dem Bundesland, dessen Ministerpräsident Gabriel einst war.

Ende 2019 verließ Gabriel den Bundestag, kurz darauf begann seine Karriere als Aufsichtsrat. Im Frühjahr 2022 wurde er Aufsichtsratsvorsitzender bei Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE), dem kriselnden Tochterunternehmen des Essener Mischkonzerns Thyssenkrupp. Doch dieses Mandat endete in einem spektakulären Zerwürfnis. Im August traten Gabriel, der Vize-Vorsitzende des Aufsichtsrats, Detlef Wetzel, sowie zwei weitere Gremienmitglieder zurück - aus Protest dagegen, dass Thyssenkrupp-Chef Miguel López das Management der Stahltochter öffentlich kritisiert und damit den Abgang dreier TKSE-Vorstände provoziert hatte. Gabriel warf López eine „beispiellose öffentliche Kampagne“ gegen den Vorstand der Stahltochter vor, einen „schweren Vertrauensbruch“, ein „unwürdiges Spiel“. Bei Rheinmetall dürfte es ein wenig ruhiger zugehen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusRüstungsindustrie
:"Wir sind keine Kriegsgewinnler"

Rheinmetall-Chef Armin Papperger spricht über steigende Aktienkurse in Kriegszeiten, Milliardenaufträge aus dem Sondervermögen und einen Brandanschlag auf seine Gartenlaube.

Interview von Björn Finke und Thomas Fromm

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: