USA:Siemens gerät in den Fokus der Börsenaufsicht

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Siemens teilte mit, die SEC habe das Unternehmen bislang nicht über etwaige Untersuchungen unterrichtet. Im Bild: ein Siemens-Gebäude in Berlin. (Foto: Hannibal Hanschke/Reuters)
  • Die US-Börsenaufsicht soll unter anderem gegen Siemens und dessen US-Konkurrenten General Electric ermitteln.
  • Die Konzerne sollen beim Verkauf teurer Medizingeräte Zwischenhändler eingesetzt haben, die Verantwortliche in öffentlichen chinesischen Krankenhäusern bestochen haben.
  • Die Konzerne haben Vorwürfe in der Vergangenheit stets zurückgewiesen.

Von Christoph Giesen, Klaus Ott und Nicolas Richter, München

Wegen fragwürdiger Geschäfte in China sind mehrere Hersteller von Medizintechnik offenbar in das Visier der US-Börsenaufsicht geraten. Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf zwei Insider berichtet, ermittelt die Securities and Exchange Commission (SEC) unter anderem gegen Siemens und dessen US-Konkurrenten General Electric (GE). Es geht um den Verkauf teurer Magnetresonanz- und Computertomografen. Die Konzerne sollen Zwischenhändler eingesetzt haben, die Verantwortliche in öffentlichen chinesischen Krankenhäusern bestochen hätten.

Die SEC in New York lehnte eine Stellungnahme ab. Siemens und GE haben Vorwürfe in der Vergangenheit stets zurückgewiesen. Siemens teilte am Dienstag auf Anfrage mit, die SEC habe das Unternehmen bislang nicht über etwaige Untersuchungen unterrichtet. Man unternehme "umfassende Anstrengungen", damit Zwischenhändler gesetzeskonform agierten. Die SZ hatte im September 2018 berichtet, dass beim Handel mit Medizintechnikgeräten von Siemens in China über Jahre hinweg Schmiergeld geflossen ist. Dies ergibt sich aus mehr als 40 Urteilen chinesischer Strafgerichte, die die SZ ausgewertet hat.

In Datenbanken finden sich neben Siemens-Urteilen etwa 30 Verfahren, in denen GE, Philips und Toshiba erwähnt werden

In fast allen Fällen hatten Zwischenhändler die Verantwortlichen von Krankenhäusern bestochen, damit diese sich für den Kauf von Siemens-Produkten entschieden, etwa für Computertomografen zur Erkennung von Krebserkrankungen. Den Urteilen zufolge wurde mit Bargeld geschmiert, aber auch mit Uhren, Kleidern oder Immobilien. Die chinesischen Strafgerichte haben zahlreiche bestechliche Führungskräfte von Krankenhäusern zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Ein früherer Siemens-Mitarbeiter, der geschmiert hatte, bekam drei Jahre auf Bewährung.

In den chinesischen Gerichtsdatenbanken finden sich neben den Siemens-Urteilen insgesamt etwa 30 Verfahren, in denen die Konzerne GE, Philips und Toshiba erwähnt werden. Auch Philips und Canon, das 2016 das Toshiba-Geschäft übernommen hat, weisen die Vorwürfe zurück. Ein Urteil eines Pekinger Strafgerichts aus dem Jahr 2017 legt den Verdacht nahe, Zwischenhändler großer Hersteller würden sich absprechen. In dem Pekinger Prozess sagte ein Zeuge aus, der einst für den Hersteller Toshiba gearbeitet hatte. Er sagte auf die Frage, weshalb Händler auch dann Angebote abgäben, wenn sie sicher leer ausgehen würden: "Wir handeln damit doch im Interesse aller Unternehmen."

Anlass für die aktuellen SEC-Ermittlungen ist laut Reuters eine Klage gegen GE, die im Dezember 2018 bei einem New Yorker Gericht wegen des Foreign Corrupt Practices Act eingereicht wurde. Dieses 1977 erlassene Bundesgesetz ermöglicht es SEC und US-Justizministerium beim Verdacht auf systematische Korruption auch außerhalb eigener Grenzen zu ermitteln. Für Siemens wäre das heikel. 2008 war der Konzern nach einer weltweiten Korruptionsaffäre in den USA mit 800 Millionen Dollar Geldstrafe belegt worden.

© SZ vom 05.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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