Siemens:Pierer wollte Vorstand aus Gefängnis holen

Um einen Top-Manager aus dem Gefängnis zu holen, rief der ehemalige Siemens-Chef Pierer Ende März 2007 bei Bayerns Justizministerin Merk an.

Klaus Ott

Der langjährige Siemens-Chef Heinrich von Pierer hat Ende März 2007 mit einem Vorstoß auf politischer Ebene versucht, den damals inhaftierten Vorstand Johannes Feldmayer aus dem Gefängnis zu holen. Pierer telefonierte, wie sein Anwalt am Donnerstag mitteilte, nach der Verhaftung Feldmayers mit Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) .

Siemens: Um den ehemaligen Siemens-Finanzvorstand Feldmayer aus dem Gefängnis zu holen, rief Heinrich von Pierer bei Justizministerin Beate Merk an.

Um den ehemaligen Siemens-Finanzvorstand Feldmayer aus dem Gefängnis zu holen, rief Heinrich von Pierer bei Justizministerin Beate Merk an.

(Foto: Foto: dpa)

Pierer war zu diesem Zeitpunkt Aufsichtsratsvorsitzender von Siemens. Feldmayer hatte wegen der verdeckten Unterstützung der Betriebsräteorganisation AUB durch den Konzern eine Woche in Untersuchungshaft gesessen.

Pierers Anwalt erklärte, sein Mandant habe es als Aufsichtsratschef im Rahmen der Fürsorgepflicht für geboten gehalten, den Ermittlern "eine Garantie anzubieten, dass Feldmayer nicht fliehen würde". Schließlich sei die Haft mit Fluchgefahr begründet worden.

Justizministerin Merk habe aber mit Pierer nicht über das laufende Ermittlungsverfahren sprechen wollen. Der Staatsanwaltschaft sei dann auf anderem Wege eine solche Garantie angeboten worden. Dieses Angebot sei jedoch "aus Rechtsgründen" zurückgewiesen worden. Weitere Gesprächsversuche habe es nicht gegeben.

Pierers Anwalt reagierte mit der Mitteilung auf eine Erklärung der Ministerin im Landtag. Dort hatte Merk am Donnerstagmorgen auf die Frage der Grünen nach eventuellen politischen Einflussnahmen bei den Ermittlungen von Pierers Anruf berichtet. "Im Beisein von Zeugen" habe sie Pierer gesagt, dass sie zum laufenden Verfahren "in keiner Weise Stellung nehmen" werde. Es habe keine Einflussnahmen auf die Ermittlungen gegeben, sagte Merk.

Vorwürfe gegen Ex-Finanzvorstand

Feldmayer spielt eine zentrale Rolle in der AUB-Affäre, er soll bald angeklagt werden. Nachdem er Anfang April 2007 gegen Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, kehrte er nicht zu Siemens zurück, sein Vertrag lief wenig später aus.

Der Münchner Staatsanwaltschaft liegen in der Schmiergeldaffäre neue Vorwürfe gegen Ex-Finanzvorstand Heinz-Joachim Neubürger vor. Er soll im Jahr 2003 einen Konzernmanager aufgefordert haben, eine mutmaßliche Schmiergeldzahlung für ein Großprojekt in Argentinien mit Buchungstricks zu verschleiern. Das hat der Manager bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt und in einem Vermerk für Siemens notiert.

Es handelt sich um die bislang schwersten Vorwürfe gegen Neubürger. Gegen ihn wird seit Anfang 2007 ermittelt, weil er internen Hinweisen auf Korruption nicht ausreichend nachgegangen sein soll. Nun wird ihm unterstellt, an einem mutmaßlichen Schmiergelddelikt selbst beteiligt gewesen zu sein. Die SZ bat Neubürgers Anwalt vergeblich um eine Stellungnahme. Der Anwalt sagte, er habe "keine Rückmeldung" von seinem Mandanten bekommen. Neubürger ist für die Investmentgesellschaft KKR in London tätig. Er hatte im April 2006 mit 53 Jahren Siemens überraschend verlassen.

Die Anschuldigung gegen Neubürger stammt von dem Siemens-Manager, der auch Pierer schwer belastet hat (die SZ berichtete). Pierer hat den Vorwürfen widersprochen. Der Manager sagte aus, er habe 2002 erfahren, für ein Vorhaben in Argentinien seien 70 Millionen US-Dollar für Vermittlerdienste dortiger Regierungsvertreter gezahlt worden. Er habe weitere Zahlungen freigeben sollen, sich aber gewehrt.

In seinem Vermerk für Siemens schreibt der Manager: "Zum Ende des Geschäftsjahres 2003 wurde ich jedoch von Neubürger aufgefordert, einen Rückstellungsbetrag wegen Risiken aus einem anderen Projekt um weitere zehn Millionen Euro aufzustocken, um damit unserer Verantwortung aus fälligen Zahlungen an Argentinien gerecht zu werden." Über eine "zweckfremde Rückstellung" seien dann womöglich solche Zahlungen geleistet worden.

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