Öl und Gas:Siemens will sein Öl- und Gasgeschäft ausgliedern

Lesezeit: 2 min

Mitarbeiter der Siemens-Turbinensparte: Die großen Anlagen waren einst eine sichere Bank im Konzern, nun sind sie zum Auslaufmodell geworden. (Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)
  • Siemens will das Geschäftsfeld dann an die Börse bringen, ein Großteil der Aktien soll an die eigenen Aktionäre verschenkt werden.
  • Zuletzt war darüber spekuliert worden, Siemens könne die Kraftwerkssparte in ein internationales Gemeinschaftsunternehmen überführen.
  • Arbeitnehmervertreter sind jetzt froh, dass das Geschäft mit Tausenden Arbeitsplätzen nicht ins Ausland verkauft wird.

Von Thomas Fromm

Der Technologiekonzern Siemens spaltet sich weiter auf und gliedert mit seiner Öl- und Gas-Sparte ein weiteres Geschäftsfeld aus. Wie der Konzern am Dienstag nach einer Aufsichtsratssitzung mitteilte, soll das gesamte Geschäft mit der Energiebranche bis September 2020 an die Börse gebracht werden. Dazu soll dann auch die deutsch-spanische Windkraft-Tochter Siemens Gamesa gehören, an der der Konzern bisher 59 Prozent hält. Die Münchner selbst sollen danach nur noch eine Minderheitsbeteiligung an dem Geschäft behalten; die Mehrheit der Aktien wird an die eigenen Aktionäre verschenkt. Das Modell und die Art und Weise, sich eines Geschäfts zu entledigen, ist bei Siemens bereits erprobt. Über einen Börsengang und die Ausgabe von Anteilsscheinen an die Aktionäre hatte man sich bereits vor sechs Jahren von der Leuchtentochter Osram getrennt.

Bis zuletzt war darüber spekuliert worden, Siemens könnte sein Kraftwerksgeschäft in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Wettbewerber Mitsubishi Heavy Industries geben. Gegen ein Modell, bei dem Siemens eine Minderheitsposition in einem Joint Venture gehalten hätte, hatten sich allerdings die Arbeitnehmervertreter bei Siemens gestemmt. "Wir haben erreicht, dass mit dem geplanten Börsengang in Deutschland die Unternehmensmitbestimmung erhalten bleibt und Siemens sich damit auch zu den Arbeitsplätzen in Deutschland und Europa bekennt", sagte Birgit Steinborn, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats und stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrates.

Insofern ist dies eine Lösung, die beiden Seiten gefallen kann: Den Arbeitnehmervertretern, die einen Verkauf des Geschäfts mit Tausenden von Mitarbeitern ins Ausland vorerst verhindert haben. Und Siemens-Chef Joe Kaeser, der das wackelige Geschäft nun auch aus der eigenen Bilanz ausgliedern kann. Allerdings: Wäre das Geschäft mit Kraftwerken und Turbinen ein Selbstläufer für die Börse, hätte es Siemens womöglich nicht ganz so eilig, es loszuwerden. Der Gewinn im Kraftwerksgeschäft schrumpfte im vergangenen Geschäftsjahr um drei Viertel auf 377 Millionen Euro, 6000 Jobs werden abgebaut, und dass das Geschäft jemals wieder so wird, wie es einmal war, ist wenig wahrscheinlich. Die Energiebranche wandelt sich rasant weg von Kohlekraftwerken in Richtung erneuerbarer Energien wie Wind und Sonne und von Großkraftwerken hin zu dezentraler Energieerzeugung. Vor allem die Turbinen, einst eine sichere Bank im Industriekonglomerat aus München, sind heute ein Auslaufmodell.

Schon an diesem Mittwoch wird Siemens Investoren und Analysten berichten, wie es mittelfristig mit dem Geschäft und seinen Tausenden Mitarbeitern weitergehen soll. Die Geschichte der Ausgliederung des Energiegeschäfts wird dabei aber wohl nur Teil eines größeren Plots sein. Kaeser setzt gerade eine Großstrategie für seine fast 400 000 Mitarbeiter um, und wie alle Konzernstrategien hat auch diese hier einen großen Namen. Sie heißt "Vision 2020+". Es geht also um eine Vision. Die Vision Kaesers sieht so aus: Weniger Menschen in der Münchner Zentrale, mehr Dezentralisierung, ein schlankerer Kern und mehr Macht in den eigentlichen Geschäften. Auf dem Weg hin zu einer quasi-Holding mit operativen Einheiten und strategischen Beteiligungen ist der Vorstandschef schon ziemlich weit gekommen. Das Windenergiegeschäft ist in dem deutsch-spanischen Unternehmen Siemens Gamesa aufgegangen, die Medizintechniksparte unter dem Namen "Healthineers" ist an der Börse. Die Zugsparte sollte eigentlich mit dem französischen Konkurrenten Alstom zusammengelegt werden, dies fand allerdings nicht die Zustimmung der EU-Wettbewerbskommission. Nun ist offen, wie es weitergeht - im Gespräch ist auch hier ein Börsengang. Siemens, dieser 1847 in Berlin gegründete Industriekonzern, ist im Laufe der Jahrzehnte zu einem ewigen Laboratorium geworden. Mal gehörten die Glühbirnen von Osram dazu, mal die Speicherchips von Infineon, mal die Bauelemente von Epcos, und - auch das - die Siemens-Handys.

© SZ vom 08.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Kraftwerks-Geschäft
:Bei Siemens geht es jetzt um alles

Siemens-Chef Joe Kaeser sucht händeringend nach einer Lösung für seine kriselnde Kraftwerkssparte. Die Zukunft der Gasturbinen könnte in China oder Japan liegen.

Von Thomas Fromm

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: