Siemens:1,5 Milliarden Euro im Dunkeln

In der Korruptionsaffäre Siemens liegen dem Aufsichtsrat erste Berichte von US-Prüfern vor. Die Ergebnisse offenbaren viel Schatten - und ein wenig Licht.

Markus Balser und Klaus Ott

Zehn Monate nach Beginn des Schmiergeldskandals bei Siemens liegen intern die ersten Prüfergebnisse vor, die jetzt dem Aufsichtsrat in München präsentiert wurden. Vertreter der US-Anwaltskanzlei Debevoise, die Siemens im Auftrag des Aufsichtsrats durchleuchtet, stießen allein in der Telekommunikationssparte (Com) auf dubiose Zahlungen in Höhe von 1,16 Milliarden Euro.

Das verlautete am Donnerstag aus Konzernkreisen. Damit weitet sich die Affäre erneut aus. Die US-Anwälte hatten in der Kraftwerkssparte bereits schwarze Kassen entdeckt, die mit fast 300 Millionen Euro gefüllt waren. Insgesamt hat Debevoise damit bislang fragwürdige Transaktionen über fast 1,5 Milliarden Euro entdeckt.

440 Millionen durch schwarze Kassen

Debevoise berichtete dem Aufsichtsrat, die Zahlungen in der Telekommunikationssparte erstreckten sich auf den Zeitraum von 1995 bis 2006. Die Untersuchung des Bereichs sei nun weitgehend abgeschlossen. Bis Anfang 1999 wurden in Deutschland Bestechungsdelikte einheimischer Firmen in anderen Ländern allerdings nicht strafrechtlich verfolgt.

Laut Konzernkreisen berichtete Debevoise zudem, in den vergangenen vier Jahren seien bei Com noch 440 Millionen Euro durch schwarze Kassen geflossen. Das könnte von Bedeutung sein, da Siemens seit 2001 an der New Yorker Börse notiert ist.

Bei der US-Börsenaufsicht SEC, die Korruption hart bestraft, läuft ein Verfahren gegen Siemens. Die Börsenaufsicht bekommt die Ermittlungsergebnisse der Kanzlei Debevoise.

Nach Angaben aus Konzernkreisen wollen maßgebliche Aufsichtsräte nun prüfen lassen, warum der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG die Dimension dieser Zahlungen nicht aufgefallen ist. Aufsichtsratskreisen zufolge müssten sich auch die Wirtschaftsprüfer auf eine eingehende Untersuchung ihrer Arbeit durch die Kanzlei gefasst machen.

VDO ist sauber

Gute Nachrichten für Konzern und Kontrollgremium kamen dagegen aus der Automobilsparte VDO, die Siemens gerade verkauft hat. Hier seien bei der Debevoise-Untersuchung keine schwarzen Kassen gefunden worden, war am Donnerstag aus Konzernkreisen zu erfahren.

Die Prüfung sei abgeschlossen. Der vor zwei Monaten vereinbarte Verkauf von VDO, einem der weltweit größten Autozulieferer, an den Konkurrenten Continental könne deshalb unbelastet weitergehen. Continental zahlt 11,4 Milliarden Euro für VDO.

Die Vertreter von Debevoise mussten nach ihren Angaben bei VDO nur einen Vorgang in China näher prüfen. Auch der habe sich als sauber erwiesen. VDO ist der erste von zehn Siemens-Bereichen, dem die Kanzlei ein korrektes Geschäftsgebaren bescheinigt.

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