Siemens:Hier spricht der Boss

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Joe Kaeser kündigte intern an, künftig an den regelmäßigen Sitzungen der Abteilung teilzunehmen. Auch große Projekte sollen vorerst mit ihm besprochen werden. (Foto: Tobias Hase/AFP)

Kommunikationschef Stephan Heimbach verlässt den Konzern. Sein Nachfolger wird vorerst Joe Kaeser höchstpersönlich.

Von Christoph Giesen

Was normalerweise bei keinem großen Unternehmen in Deutschland denkbar wäre, ist bei Siemens bald Realität: Der Vorstandschef ist künftig auch der oberste Pressesprecher des Konzerns. Vom 1. März an werde Joe Kaeser übergangsweise auch die Kommunikationsabteilung von Siemens leiten, teilte das Unternehmen am Montag mit.

Der Grund: Der langjährige Chef-Kommunikator Stephan Heimbach verlässt den Konzern - offiziell freiwillig. "Wir danken Herrn Heimbach für seinen Einsatz und die umsichtige Führung der Kommunikation bei Siemens und respektieren seinen Wunsch nach Veränderung", ließ sich der neue Chefsprecher in einer Pressemitteilung zitieren. Heimbach wolle sich selbständig machen.

Dass Heimbach Siemens verlässt, ist keine Überraschung, seit Monaten war über seinen Abschied spekuliert worden. Das Verhältnis zwischen Kaeser und Heimbach galt nie als sonderlich gut. Dennoch ist die Personalie interessant, sie gewährt einen Einblick in die Hackordnung bei Siemens.

Obwohl Heimbach nie im Vorstand von Siemens saß, war er viele Jahre einer der einflussreichsten Manager des Konzerns. Abgesehen von einem Intermezzo bei der Deutschen Bahn war der 54-Jährige seit 1992 bei Siemens. Das Handwerk hatte er zuvor unter Helmut Kohl im Bonner Kanzleramt gelernt. Lange Zeit war niemand bei Siemens so gut informiert wie Heimbach. Neben seiner Funktion als Kommunikationschef leitete er das Büro von Peter Löscher, als der noch Vorstandschef war. Außerdem nahm er als Protokollant an jeder Aufsichtsratssitzung teil - bis er bei Löscher in Ungnade fiel, und nach Berlin abgeschoben werden sollte. Nachdem Kaeser im Sommer 2013 den Machtkampf gegen Löscher für sich entschieden hatte, rettete Kaeser Heimbach jedoch. Denn: Heimbach ist ein Getreuer von Aufsichtsratschef Gerhard Cromme. Und um keinen Konflikt mit Cromme zu riskieren, tastete Kaeser Heimbach nicht an. Trotz aller Ablösungsgerüchte, die die Runde machten, hielt sich Heimbach insgesamt neun Jahre als Kommunikationschef. Wieder und wieder erwies er sich als Überlebenskünstler. Nicht umsonst nannten sie ihn in der geschwätzigen Kommunikationsszene "die Katze" - die haben schließlich auch sieben Leben. Damit ist es jetzt vorbei.

Wie lange der Interims-Nachfolger amtieren wird, vermag derzeit niemand zu sagen. Immerhin kündigte Kaeser intern an, künftig an den regelmäßigen Sitzungen der Abteilung teilzunehmen. Auch große Projekte sollen vorerst mit ihm direkt besprochen werden.

Das letzte Wort hat bei Siemens nun endgültig der Chef.

© SZ vom 02.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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