Siemens:Das Geheimnis um die Standortgarantie

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Siemens hat sich allem Anschein nach keine explizite vertragliche Standortgarantie für die einstige Handytochter BenQ Mobile zusichern lassen. Warum aber wollte Konzernchef Kleinfeld Anfang Oktober dennoch rechtliche Schritte gegen BenQ prüfen lassen?

Paul Katzenberger

Siemens wies am Dienstag Vorwürfe zurück, beim Verkauf seiner Handysparte an BenQ keine Sicherung für die deutschen Standorte ausgehandelt zu haben.

BenQ-Mobile-Mitarbeiter bei einer Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Dortmund. (Foto: Foto: dpa)

BenQ habe den Ergänzungstarifvertrag von Siemens mit der IG Metall übernommen und so seine Absicht gezeigt, die Geschäfte in Deutschland fortzuführen, erklärte Siemens gegenüber sueddeutsche.de.

Zuvor hatte das Politik-Magazin Report Mainz am Montagabend von einem Brief des Siemens-Vorstandschefs Klaus Kleinfeld an Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer berichtet, wonach BenQ die Weiterführung des Standortes Kamp-Lintfort bis Juni 2006 durch die Übernahme des Ergänzungstarifvertrages zugesichert habe.

In dem Schreiben sei allerdings keine Rede von einer vertraglichen Standortsicherung mit Konventionalstrafen gewesen, berichtete Report Mainz weiter.

"Versprechen gebrochen"

Kleinfeld hatte gegenüber der Bild-Zeitung noch am 2. Oktober 2006 mögliche rechtliche Ansprüche gegenüber BenQ ins Spiel gebracht. BenQ habe versichert, die Standorte in Deutschland nicht nur zu sichern, sondern sogar zu stärken. Dieses Versprechen sei gebrochen worden. "Wir prüfen alle juristischen Schritte gegen BenQ", so Kleinfeld zur Bild-Zeitung.

Auch in Reaktion auf die Report-Sendung wollte Siemens am Dienstag weder bestätigen noch dementieren, ob BenQ eine explizite Standortgarantie vertraglich zugesichert habe. "Wir können uns zu Details des Vertrags nicht äußern", sagte ein Siemens-Sprecher zu sueddeutsche.de.

Allerdings sagte Siemens auch: "Ein Abschluss weitergehender vertraglicher Vereinbarungen hinsichtlich der Standortsicherung ist bei solchen Betriebsübergängen nicht üblich und entspricht nicht dem allgemeinen Geschäftsgebaren."

Der Berliner Wirtschaftsanwalt Gerhard Wächter, der als Experte bei Fragen zur Standortsicherung gilt, bestätigte diese Auffassung am Dienstag weitgehend: "Verbindliche Zusagen für eine Standortsicherung gibt es eigentlich nur in Sondersituationen", sagte er zu sueddeutsche.de.

"Marktwirtschaftsuntypisch"

Solche "marktwirtschaftsuntypischen" Beschäftigungszusagen habe es etwa bei den Privatisierungen in Ost-Deutschland durch die Treuhandanstalt gegeben. "Da bekam der Käufer das Unternehmen unter seinem eigentlichen Wert und brachte dafür ein finanzielles Opfer", so Wächter.

Insofern sei er aber auch erstaunt gewesen, als Siemens Anfang Oktober die Prüfung rechtlicher Schritte gegen BenQ angekündigt habe. "Na hoppla, haben die hier Treuhand-Instrumentarium eingesetzt?", habe er sich damals gewundert.

Einerseits sei für ihn nun zwar klar, dass dem nicht so sei, sagte Wächter. Der von Siemens damals erweckte Eindruck, dass man eine rechtliche Handhabe gegen BenQ haben könnte, müsse andererseits aber auch nicht unbedingt falsch sein, erklärt Wächter. Ein möglicher juristischer Tatbestand könnte beispielsweise darin bestehen, dass Siemens die damaligen Absichtserklärungen von BenQ heute als Täuschung interpretiere.

Insolvenz

Ein Jahr nach der Übernahme hatte BenQ im September Insolvenz für die deutsche Tochter mit ihren 3.000 Beschäftigten beantragt.

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