Süddeutsche Zeitung

Siemens-Chef Peter Löscher im Interview:"Gerade jetzt ist der Kapitän gefragt"

Der Gegenwind bläst heftig: Nachdem Peter Löscher das Renditeziel für 2014 gekippt hat, diskutiert der Aufsichtsrat seinen Rauswurf. Im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" erklärt der Siemens-Chef, warum er weiter kämpfen wird - und wie es jetzt weitergehen soll mit dem kriselnden Technologiekonzern.

Von Caspar Busse

Siemens-Chef Peter Löscher steht unter hohem Druck. Die Kritik an ihm wird größer, der Aufsichtsrat berät am Wochenende bereits über eine mögliche Ablösung. Am Freitag äußerte sich der Siemens-Vorstandsvorsitzende erstmals in diesen Tagen in einem schriftlich geführten SZ-Interview. Er will nun unter anderem eine straffere Führung einführen, um so die Sparprogramme besser überwachen zu können.

SZ: Herr Löscher, Sie haben am Donnerstag mit einer dürren Sechs-Zeilen-Meldung Ihr wichtigstes Ziel aufgegeben, eine Rendite von zwölf Prozent bis Ende 2014. Warum gerade jetzt?

Peter Löscher: Die Kommunikation war schmerzhaft, aber aus rechtlichen Gründen notwendig. Wir müssen uns der harten Realität einer schlechten Weltkonjunktur, insbesondere auf wichtigen Kernmärkten von Siemens, stellen und feststellen, dass die zwölf Prozent aus heutiger Sicht nicht erreichbar sind. Deshalb mussten wir die Ziele anpassen. Wachstum ohne nachhaltige Basis war nie Ziel von Siemens 2014 - und dabei bleibt es. Entscheidend ist für mich profitables Wachstum.

Sie gelten nun als schwer angeschlagen. Können Sie Siemens-Chef bleiben?

Mir bläst jetzt der Wind ins Gesicht, aber es war noch nie meine Art, aufzugeben oder schnell die Segel zu streichen. Ich habe einen Vertrag bis 2017, und gerade jetzt ist der Kapitän bei Siemens mehr gefragt denn je.

Haben Sie den Aufsichtsrat noch hinter sich?

Ich bin in engem Austausch mit dem Aufsichtsrat, und wir arbeiten vertrauensvoll auch in dieser schwierigen Phase zusammen - das gilt sowohl für die Anteilseigner wie auch die Arbeitnehmerseite. In den kommenden Tagen werden wir in Ruhe alles besprechen. Diese Diskussion führe ich aber nicht über die Medien.

Haben Sie die Unterstützung Ihrer Vorstandskollegen?

Sowohl die Festlegung der Ziele als auch die jetzige Anpassung vertreten wir gemeinsam. Ich arbeite mit dem gesamten Vorstand gut zusammen. Dass der Vorstand zerstritten sein soll, ist ein Märchen. Und genauso falsch ist es, dass Herr Kaeser und ich Gegenspieler sind.

Die Arbeitnehmer kritisieren Sie und fordern einen Kurswechsel. Zu Recht?

Ich arbeite seit meinem Amtsantritt vertrauensvoll mit den Arbeitnehmervertretern zusammen, und das werde ich auch in Zukunft so halten. Siemens 2014 ist richtig und notwendig, weil wir keinen Rückenwind von der Konjunktur haben. Bei den Maßnahmen zur Verbesserung unserer Produktivität sind wir voll auf Kurs. Ich werde dafür sorgen, dass die Sektoren weiterhin mit anspruchsvollen Zielen arbeiten müssen. Unser zentraler Anspruch bleibt: Wir müssen zu unseren Wettbewerbern wieder aufschließen.

Wie wollen Sie nun das Ruder herumreißen? Planen Sie ein neues Programm?

Die Konstanten bleiben: profitables Wachstum und Portfolio-Optimierung. Mit dem Börsengang von Osram und dem Verkauf der NSN-Anteile sind wir hier zuletzt zwei erfolgreiche Schritte gegangen. Die Steuerung des Unternehmensprogramms Siemens 2014 werde ich mir noch mal genau mit meinen Vorstandskollegen anschauen und prüfen, ob es dort einer strafferen und zentraleren Führung bedarf.

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Quelle:
SZ vom 27.07.2013/sks/mati
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