Siemens:Dieser Ingenieur könnte der nächste Siemens-Chef werden

Roland Busch

Roland Busch: "In fünf bis zehn Jahren wird es völlig autonome Fabriken geben."

(Foto: dpa)

Wer folgt Siemens-Chef Joe Kaeser? Sein neuer Vize hat gute Chancen. Damit würde seit langer Zeit wieder ein Ingenieur an der Spitze von Siemens stehen.

Von Caspar Busse

Anfang August konnte Roland Busch, 54, schon mal erleben, wie es ist, in der allerersten Reihe zu stehen. Siemens-Chef Joe Kaeser musste dringend nach Asien fliegen, um mit wichtigen Kunden zu sprechen. So war es an Busch und Finanzvorstand Ralf Thomas, die Geschäftszahlen für das abgelaufene Quartal zu präsentieren und kritische Fragen zu beantworten. Die Nachrichten waren nicht gut: Siemens erwartet eine Abschwächung. "Auch wenn wir uns gut behaupten konnten, wurde unsere Geschäftsentwicklung zum Teil erheblich beeinträchtigt", sagte Busch und berichtete dann aber von einigen Innovationen, die Siemens vorhat.

Schlechte Botschaften geschickt und gut verpacken - das muss Busch künftig möglicherweise öfter machen. Der Aufsichtsrat ernannte ihn gerade zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden - und damit zum aussichtsreichsten Kandidaten als Kaeser-Nachfolger an der Spitze des Konzerns. Allerdings für ein Siemens, das dann deutlich kleiner ist. Denn derzeit wird an einer Ausgliederung des gesamten Energiegeschäfts gearbeitet.

Das neue Rumpf-Siemens, das Busch dann führen könnte, hat allein 30 Prozent Umsatz weniger - damit geht auch ein Teil der gesellschaftlichen und politischen Bedeutung des Traditionsunternehmens verloren. "Mit der Bestellung von Roland Busch zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden betonen wir die Bedeutung der industriellen Digitalisierung des Unternehmens für die nächste Generation", teilte der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Jim Hagemann Snabe, mit.

Der hochgewachsene Busch, der gerne schon morgens früh ins Fitnessstudio geht, stammt aus Erlangen - wie schon Heinrich von Pierer, der den Konzern von 1992 bis 2005 führte. Man hört Busch seine fränkische Heimat an, dort hat er nach der Schule auch Physik studiert und anschließend promoviert. Ein Ingenieur an der Spitze von Siemens - das hat es seit Karlheinz Kaske, dem Vorgänger Pierers, nicht mehr gegeben. Busch ist dabei ein echter Siemensianer, schon 1994 heuerte er in den Forschungsabteilung an und durchlief dann viele Positionen, war auch zwei Jahre lang in Shanghai. 2011 wurde er Vorstandsmitglied, unter anderem für Technologie zuständig und seit einem Jahr auch für das gesamte Tagesgeschäft.

Im Konzern heißt es, Busch müsse sich erst beweisen

Es waren keine einfachen Jahre für ihn: So musste Busch die großen Verzögerungen bei ICE-Auslieferungen an die Deutsche Bahn verantworten. "Wir haben die Komplexität des Auftrags unterschätzt", hatte er damals offen eingeräumt. Auch die an den Kartellbehörden gescheiterte Fusion der Bahnsparte mit Alstom hatte er betreut. Außerdem sitzt er im Aufsichtsrat von Osram, die ehemalige Siemens-Tochter ist gerade Ziel eines Übernahmekampfes.

Busch, der künftig auch für Personal zuständig sein wird, ist intern durchaus beliebt und hat einen guten Ruf, er ist dafür bekannt, dass er sich akribisch vorbereitet und sich inhaltlich in Themen einarbeitet. Aber der große öffentliche Auftritt liegt ihm nicht so, auch politisch polarisierende Äußerungen wie von Kaeser sind von ihm nicht bekannt. Er steht vor allem auch für die Wandlung von Siemens zu einem Technologie- und Softwareunternehmen. "Um mit ihrer digitalen Transformation voranzukommen, müssen Unternehmen über Technologien hinweg denken", sagte er vor Kurzem auf einer Konferenz. Und er betont immer wieder: "In fünf bis zehn Jahren wird es völlig autonome Fabriken geben." Davon soll Siemens profitieren.

Im Konzern heißt es, Busch müsse sich erst beweisen, dann könnte er Anfang 2021 den Topjob übernehmen. Aber Joe Kaeser hat noch nicht klargemacht, wann er überhaupt geht. Eines will der in keinem Fall sein: eine lahme Ente.

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