Forschung:Siemens investiert 600 Millionen Euro in Berlin

  • Siemens baut in Berlin ein neues Technologie- und Gründerzentrum, der Konzern will bis zu 600 Millionen Euro investieren.
  • Zuvor gab es zähe Verhandlungen mit Berlins Regierung. Insider sagen, die Entscheidung sei sehr knapp gewesen.
  • Auf dem Gelände sollen sich verschiedene Unternehmen ansiedeln und ein "vernetztes Ökosystem" für modernes Arbeiten entstehen.

Von Caspar Busse

Gute Nachricht für Berlin: Der Münchner Siemens-Konzern will bis zu 600 Millionen Euro in einen neuen Innovationscampus investieren. In den kommenden Jahren soll auf dem historischen Siemens-Firmengelände in Spandau eine "Siemensstadt 2.0" entstehen, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.

Es sei die größte Einzelinvestition, die es bislang für Berlin angekündigt habe. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bezeichnete das Vorhaben als einen "großen Erfolg und eine Auszeichnung für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschland".

Ziel sei es, das traditionsreiche Areal in Spandau, im Westen der Stadt gelegen, bis zum Jahr 2030 zu einem großen Technologiepark zu entwickeln. Es soll ein "urbaner Stadtteil der Zukunft" entstehen. Das Gründungskonzept von Siemensstadt im Jahr 1897 habe darin bestanden, Arbeiten, Forschen und Wohnen zu vereinen, sagte Siemens-Chef Joe Kaeser.

Auch heute müsse die Organisation der Arbeit neu gedacht werden. "Dazu gehört ein vernetztes Ökosystem mit flexiblen Arbeitsbedingungen, gesellschaftlicher Integration und bezahlbarem Wohnraum", sagte Kaeser. Das Projekt erstreckt sich über eine Fläche von insgesamt 70 Hektar. Der Fokus liege dabei auf Zukunftsfeldern wie Elektromobilität und künstlicher Intelligenz. Siemens will selbst vor Ort aktiv werden, aber auch andere Unternehmen sollen sich auf dem Gelände ansiedeln.

Der Bekanntgabe waren lange und kontroverse Verhandlungen vorausgegangen. Berlin und der rot-rot-grüne Senat pochten auf Denkmalschutzbestimmungen und wollte die alten Industriegebäude erhalten. Siemens wollte mehr Freiheiten haben und drohte damit, an einen anderen Standort zu gehen, in Europa, in den USA oder in Asien, vieles war im Gespräch.

Nun gelang doch noch eine Einigung. "Es war ein knappes Ding", sagte ein Beteiligter. Am Mittwoch unterzeichneten Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und der zuständige Siemens-Vorstand Cedrik Neike aber eine entsprechende Vereinbarung. Müller sprach von einem "Kraftakt", mit dem Siemens nach Berlin geholt worden sei. Der Senat habe am Ende doch überzeugend dargelegt, dass er ein solches Großprojekt wirklich wolle, sagte Neike.

Siemens wurde ursprünglich in Berlin gegründet

Siemens hatte ursprünglich sogar seine Zentrale in Berlin, wo Werner von Siemens das Unternehmen einst gegründet hatte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war der Konzern dann nach München umgezogen.

Siemens beschäftigt aber noch immer rund 11 400 Mitarbeiter in Berlin, die Stadt ist der weltweit größte Fertigungsstandort von Siemens mit den Bereichen Verkehrstechnik und der Produktion von Dampfturbinen. In letzterem Geschäftsfeld sind zuletzt die Umsätze stark zurückgegangen, Siemens baut im gesamten Energiebereich derzeit Tausende Arbeitsplätze weltweit ab.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sagte, mit dem Innovationscampus knüpfe Siemens an seine "Ursprünge, Erfolge und lange Tradition in der Hauptstadt" an. Berlins Regierender Bürgermeister zeigte sich erfreut über die Pläne. Das Bekenntnis des Konzerns zu Berlin werde "Impulse für die nächsten 20 Jahre setzen", sagte Müller.

Es würden Arbeitsplätze entstehen, der Wissenschaftsstandort werde profitieren und auch die Infrastruktur werde weiterentwickelt. Berlin - die Stadt leidet unter hoher Arbeitslosigkeit - gilt als attraktiv für Unternehmensgründer, es fehlen aber Großunternehmen. Ein Großprojekt von Google war zuletzt gescheitert, das US-Unternehmen wollte ähnlich wie Siemens einen eigenen Campus in Berlin aufbauen.

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