Siemens USA: Camille Johnston:Ein fast schon präsidialer Coup

Kommunikationsexpertin Camille Johnston war Michelle Obamas Powerfrau, jetzt wurde sie von Siemens abgeworben. Doch was genau ist ihr Job?

Christian Wernicke

Camille Johnston gehört zu jenen Menschen, denen man das Talent nachsagt, sie könnten noch am Nordpol Kühlschränke verkaufen oder Zentralheizungen am tropenheißen Äquator. Seit knapp 20 Jahren verdingt sich diese Powerfrau als PR-Beraterin: Mal müht sie sich um das Erscheinungsbild von US-Unternehmen, dann wieder poliert die überzeugte Demokratin das Image von Politikern auf. Johnston hat es weit gebracht, seit Januar 2009 steht ihr Schreibtisch im East Wing des Weißen Hauses, wo sie bislang First Lady Michelle Obama als Pressesprecherin diente. Ein Traumjob, den sie nun aufgibt, um ab September den deutschen Siemens-Konzern in Amerika ins rechte Licht zu rücken.

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Kommunikationsexpertin Camille Johnston: Erst beriet sie Michelle Obama, künftig Siemens USA.

(Foto: Getty Images)

Über die Gründe, warum die 42-jährige Kalifornierin fortan lieber über Windturbinen, Medizingeräte oder Hochgeschwindigkeitszüge reden möchte als über die glamouröse Präsidentengattin - darüber tuschelt Washington nun eifrig. Bisher dringen keine Hinweise nach draußen über ein etwaiges Zerwürfnis zwischen der als eigenwillig bekannten Michelle Obama und ihrer Pressefrau, der alle Welt ein überaus ausgleichendes Wesen nachsagt. Als gewiss darf gelten, dass Siemens USA seine Kommunikationsstrategin nicht nur mit dem Versprechen des Titels einer Vizepräsidentin abwarb, sondern ihr auch deutlich mehr Salär zahlt als jene 102.000 Dollar, die sie im Weißen Haus verdiente.

Ganze Arbeit geleistet

Dort hat Johnston ganze Arbeit geleistet. Es ist ihr Verdienst, dass Michelle Obama mit 66 Prozent Zustimmung beim amerikanischen Volk heute mehr Sympathien genießt als irgendein anderes Gesicht aus Washington. Geschickt verstand es die unverheiratete und kinderlose Politologin, das spröde Image der Präsidentengattin mit weichen Linien zu zeichnen: Michelles vielbeachtete Kampagne gegen die Fettleibigkeit von Kindern prägte Johnston ebenso wie Obamas Bemühungen, den Familien von im Irak oder in Afghanistan kämpfenden Soldaten beizustehen.

Gelernt hat Camille Johnston ihr Handwerk in Kalifornien. In Los Angeles studierte sie, dorthin kehrte sie 2005 zurück, um für den Baseball-Club der Dodgers PR zu machen oder danach im Auftrag von Hollywood eine viel beachtete Anti-Krebs-Kampagne zu entwerfen. In Zeiten jedoch, da im Weißen Haus ein Demokrat regierte, war die liberale Camille Johnston meist in Washington anzutreffen. Gleich nach dem Studium heuerte sie bei den Clintons an: Erst half sie 1992 im Wahlkampf mit, später diente sie zwei Ministern als Pressesprecher, ehe Tipper Gore, die Frau des damaligen Vizepräsidenten, sie um Beistand im Umgang mit den Medien bat.

Bei Siemens in München nennen sie Johnstons Engagement "einen tollen Coup". Die Vereinigten Staaten sind der wichtigste nationale Markt für den Konzern, dort erwirtschaften 64.000 Angestellte fast 15 Milliarden Euro Jahresumsatz. Die Mutmaßung, die Neue solle helfen, das vom Schmiergeldskandal lädierte Image der Deutschen aufzupolieren, weist Siemens weit von sich: Vielmehr sei Johnstons Abwerbung doch gerade "der Beweis, dass wir das hinter uns gelassen haben".

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