Showdown der Stahlriesen:Giftpillen und Milliardengeschenke

Arcelor-Chef Guy Dollé will die feindliche Übernahme durch den Konkurrenten Mittal unbedingt verhindern. In der Wahl seiner Mittel ist er nicht zimperlich.

Wer Guy Dollés Büro betritt, wähnt sich in einem Fußball-Museum: Pokale, ein handsignierter Ball von Real Madrid und ein gerahmtes Trikot der französischen Nationalelf.

Showdown der Stahlriesen: Als begeisterter Fußballer kann er auch holzen: Arcelor-Chef Guy Dollé.

Als begeisterter Fußballer kann er auch holzen: Arcelor-Chef Guy Dollé.

(Foto: Foto: AFP)

Der 63 Jahre alte Chef des Luxemburger Stahlkonzerns Arcelor ist nicht nur Fußball-Fan, sondern selbst leidenschaftlicher Kicker. Der Kampf gegen das feindliche Übernahmeangebot des Konkurrenten Mittal ist für den Franzosen ein Jahr vor der Rente sein letztes und entscheidendes Match.

Am Donnerstag startete die Mittal-Offerte an die Aktionäre. Sie läuft bis zum 29. Juni. Dann wird klar sein, ob Dollé noch einmal gewonnen hat.

Ein Leben lang mit Stahl beschäftigt

Der schnauzbärtige Dollé hat sich sein Leben lang mit Stahl beschäftigt. Nach dem Studium stieg er bald beim französischen Branchenriesen Usinor ein. Dollés Meisterstück war 2002 die Fusion von Usinor mit der luxemburgischen Arbed und der spanischen Aceralia zu Arcelor.

Ein Angriff auf Arcelor ist damit auch ein Angriff auf sein Lebenswerk. Dollé stuft die Mittal-Übernahmepläne nach ihrer Verkündung Ende Januar sofort als feindlich ein.

Seitdem lässt er keine keine Gelegenheit aus, den Angreifer schlecht zu machen: "Es gibt zwei Arten von Stahl: hochwertigen Stahl und Massenware", sagt er.

"Affengeld"

Das zunächst 18,6 Milliarden Euro schwere Übernahmeangebot an die Arcelor-Aktionäre sei deshalb "lächerlich". Die Anleger würden für ihre Anteile bestenfalls "Affengeld" bekommen.

Auch nationale Reflexe weiß Dollé geschickt zu aktivieren. Mittal sei eine "Gesellschaft von Indern", Firmengründer Lakshmi Mittal ein "Verführer", "der nicht immer die Wahrheit sagt" und Unternehmen nur aufkauft, um sie auszuschlachten. Die französische Regierung zögerte nicht lange und ruft "Foul".

Giftpillen und Milliardengeschenke

Doch Dollé sieht ein, dass er mit Nationalismus nicht weit kommt. Denn über das Schicksal von Arcelor entscheiden die Aktionäre, die ihre Anteile nun gegen Mittal-Aktien und eine Barkomponente tauschen können. Und der französische Staat ist unter den Anteilseignern nicht mehr zu finden. Luxemburg hält noch 5,6 Prozent, der Rest ist stark zerstreut zumeist in Privatbesitz.

Anfang April kommt deshalb die neue Abwehrstrategie mit Milliardengeschenken für die Aktionäre und Giftpillen für Mittal. Einerseits lockt Dollé mit einer kräftig erhöhten Jahresdividende und verspricht, den Anteilseignern weitere fünf Milliarden Euro über Aktienrückkäufe und Sonderausschüttungen zukommen zu lassen.

Weitergabe von Dofasco in Frage gestellt

Andererseits überführt er die kanadische Stahlfirma Dofasco in eine Stiftung, womit die von Mittal geplante Weitergabe an ThyssenKrupp in Frage stehen könnte.

Motto der Aktion: Die Kassen leeren und Prunkstücke in Sicherheit bringen, um Arcelor für seinen Gegenspieler Lakshmi Mittal so unattraktiv zu machen, dass der von selbst vom Platz geht.

Tatsächlich könnte Mittal mit seinem Angebot in Schwierigkeiten kommen, wenn Dollé tatsächlich seinen Aktienrückkauf durchboxt. Dann "wird unser Preis automatisch nach unten angepasst", sagte Finanzvorstand Aditya Mittal der Zeitung Les Echos. Dies könne den Baranteil "möglicherweise auf null bringen". Der Sohn von Konzerngründer Lakshmi Mittal monierte, die Operation erzeuge bei Arcelors Aktionären bloß "Verwirrung".

Erster Anlauf

Dollé ficht das nicht an. Er will am Freitag bei einer außerordentlichen Hauptversammlung einen ersten Anlauf nehmen, den Aktienrückkauf durchzusetzen. Dort müssten 50 Prozent des Aktienkapitals vertreten sein, was angesichts der starken Streuung der Anteile als unwahrscheinlich gilt.

Dollé hat deshalb bereits eine weitere Aktionärsversammlung im Juni in Aussicht gestellt. Bei dieser gäbe es kein Anwesenheitsquorum mehr - für Dollé wäre dies just zum WM-Auftakt die Möglichkeit, ein möglicherweise entscheidendes Tor zu schießen.

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