Showdown bei Siemens:Anzeichen für Abgang von Kleinfeld mehren sich

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Kurz vor Beginn der Aufsichtsratssitzung bei Siemens haben sich nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" die Signale verstärkt, dass Klaus Kleinfeld nicht mehr lange Vorstandschef sein wird.

Aus der Konzernzentrale verlautete, man gehe davon aus, dass der im September 2007 auslaufende Vertrag mit Kleinfeld vom Aufsichtsrat am Mittwochnachmittag nicht verlängert werde.

Klaus Kleinfeld (Foto: Foto: dpa)

Auch aus Kreisen des Aufsichtsrats hieß es, eine Vertragsverlängerung sei nicht zu erwarten. Das zeichne sich nach intensiven Vorgesprächen in der vorangegangenen Nacht immer deutlicher ab.

Aus beiden Lagern des Kontrollgremiums, sowohl bei der Arbeitgeber- wie auch bei der Arbeitnehmerseite, gebe es nach den vielen Affären den Wunsch nach einem Neuanfang mit neuen Leuten an der Spitze des Konzerns.

Aus dem Kontrollgremium verlautete weiter, falls Kleinfelds Vertrag an diesem Mittwoch nicht verlängert werde, dann sei auch eine Vertragsverlängerung bei der nächsten Sitzung im Juli so gut wie ausgeschlossen. Der Aufsichtsrat habe dann bis Juli Zeit, einen neuen Vorstandsvorsitzenden zu finden.

Weitere Fragen und Antworten zum Tag der Entscheidung bei Siemens:

Was passiert heute bei Siemens?

Der Aufsichtsrat tagt und wird dabei unter anderem die Personalie Kleinfeld entscheiden. Turnusgemäß müsste der noch bis Ende September laufende Vertrag von Kleinfeld um fünf Jahre verlängert werden. Doch angesichts der Korruptionsaffäre im Konzern wird der Ruf nach einem Neuanfang immer lauter. Aufsichtsratschef von Pierer ist bereits zurückgetreten.

Wird Kleinfeld um seinen Posten kämpfen?

Die Informationen sind widersprüchlich. Einerseits soll er in einem Brief an den Aufsichtsrat bereits seinen Rücktritt angeboten haben, um den Neuanfang möglich zu machen. Andererseits heißt es, er wolle seinen Kritikern die Stirn bieten und es sogar auf einen Eklat ankommen lassen. Auch, dass Siemens überraschend am Dienstagabend bereits einen Teil der erst für Donnerstag angekündigten Halbjahreszahlen veröffentlichte, darf als Signal von Kleinfeld verstanden werden. Denn die Zahlen belegen, dass er seine Ergebnisziele erreicht hat und entsprechend gute Arbeit geleistet hat.

Wer arbeitet im Aufsichtsrat gegen Kleinfeld?

Vor allem Deutsche-Bank-Chef Ackermann, der zugleich zweiter stellvertretender Aufsichtsrat bei Siemens ist. Er brachte mit dem Linde-Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Reitzle denn auch gleich einen möglichen Nachfolger ins Spiel. Überdies soll Gerhard Cromme, der heute zum Nachfolger des zurückgetretenen Aufsichtsratschefs Heinrich von Pierer gewählt werden soll, in die Pläne Ackermanns eingeweiht gewesen sein. Als Gegner von Kleinfeld gilt mittlerweile auch Aufsichtsratsmitglied Berthold Huber, Vize-Chef der IG Metall. Die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat galt lange als uneins. Mittlerweile macht sich aber offenbar auch diese Seite für einen Neuanfang stark.

Warum geht Ackermann so aggressiv gegen Kleinfeld vor?

Die Gründe sind unklar. Offenkundig möchte er aber unter die Affäre einen Schlussstrich ziehen und Siemens aus den Schlagzeilen bekommen. Zudem beobachtet die US-Börsenaufsicht SEC derzeit jeden Schritt bei Siemens. Sie soll angedroht haben, den Konzern genauer in Augenschein zu nehmen, sofern sich personell nichts ändere. Dies soll auch einer der Gründe für den Rücktritt von Pierers gewesen sein.

Warum hat die US-Börsenaufsicht einen derart großen Einfluss auf einen deutschen Konzern?

Weil Siemens an der Wall Street notiert ist und damit auch der US-Börsenaufsicht SEC untersteht. Die SEC gilt als strengste Börsenaufsicht weltweit.

Wer könnte Nachfolger Kleinfelds werden?

Genannt werden etwa Wolfgang Reitzle, Chef bei Linde, und Wolfgang Bernhard, der frühere Markenvorstand von VW. Bernhard hätte Zeit, Reitzle indes baut den Linde-Konzern um und wird daher dringend gebraucht. Allerdings ist die Führung des Siemens-Konzerns ein außerordentlich attraktives Angebot, das kaum ein Manager ausschlagen würde. Weitere Namen, die zuletzt genannt worden sind: Kai-Uwe Ricke, der frühere Telekom-Chef sowie Helmut Panke und Joachim Milberg, die beide bereits BMW steuerten.

Was passiert, wenn Kleinfeld von sich aus den Rücktritt anbietet?

Solange der Siemens-Konzern noch keinen Nachfolger hat, dürfte der Aufsichtsrat ein solches Angebot nicht annehmen. Nichts wäre schlimmer, als ein Konzern ohne Führung.

Wünscht man sich an der Börse den Rücktritt Kleinfelds?

An der Börse wird die Arbeit des Siemens-Chefs honoriert. Die jüngst veröffentlichten Zahlen waren so gut, dass am Mittwoch die Aktie im Plus lag. Und seit dem Amtsantritt Kleinfelds im Jahr 2005 ist das Papier ebenfalls deutlich gestiegen.

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