Süddeutsche Zeitung

Share-Deals:Das liebste Steuerschlupfloch der Immobiliengesellschaften

Die Länderfinanzminister schaffen es nicht, einen Trick beim Verkauf von Immobilien zu verbieten. Dem Fiskus entgeht so jährlich eine Milliarde Euro.

Von Elena Kuch und Mauritius Much

Das Sony-Center mit seinem futuristischen Zeltdach ist ein Sinnbild für das neue Berlin nach der Wiedervereinigung. Doch seit 2017 ist das Gebäudeensemble am Potsdamer Platz auch Symbol für ein millionenschweres Steuersparmodell. Durch einen sogenannten Share-Deal hat sich der neue Besitzer, ein kanadischer Fonds, beim Kauf 66 Millionen Euro Grunderwerbsteuer gespart.

Der Trick: Bei einem Share-Deal kauft nicht eine Person eine Immobilie, sondern eine Firma. Der wahre Käufer übernimmt aber nur maximal 94,9 Prozent der Firmenanteile. Dann entfällt die Grunderwerbsteuer von bis zu 6,5 Prozent. Auch in den Paradise Papers, bei denen der SZ Daten aus zwei Offshore-Kanzleien zugespielt worden waren, tauchten Share-Deals vor allem bei Berliner Immobilien auf.

Die Länderfinanzminister stören sich schon länger an den Share-Deals. Sie schaffen es nun aber trotz zweijähriger Verhandlungen nicht, das Steuerschlupfloch zu beseitigen. Dem hessischen Ressortchef Thomas Schäfer (CDU) zufolge entgeht dem Fiskus durch Share-Deals jährlich eine Milliarde Euro. Auf seine Initiative hin befasste sich eine Arbeitsgruppe mit einer Reform. Der Vorschlag soll am Donnerstag der Finanzministerkonferenz vorgestellt werden. Dem Abschlussbericht zufolge, welcher der SZ vorliegt, können Käufer künftig maximal 89,9 Prozent statt bisher 94,9 Prozent der Firmenanteile erwerben, ohne Grunderwerbsteuer zu zahlen. Zudem wird die Wartezeit, ab der man auch die restlichen Anteile übernehmen darf, von fünf auf zehn Jahre verdoppelt.

Für Lisa Paus, finanzpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, ist das "ein Witz". Sie fordert, den Grunderwerbsteuertrick durch Share-Deals zu verbieten. Für Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit sind die Maßnahmen "ein kleiner Schritt vorwärts, der aber angesichts des Problems völlig unzureichend ist". Zurückhaltend reagierte Minister Schäfer: Die Wirksamkeit der neuen Regelung müsse überprüft werden. Wenn dies nicht der Fall sei, müsse man sich fragen, ob der Grundstücksverkauf steuerrechtlich völlig neu zu bewerten sei.

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Quelle:
SZ vom 20.06.2018
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