"Shadow of the Tomb Raider" im Test:Lara Croft plagen Schuldgefühle

Lesezeit: 3 Min.

Lara Croft ist nicht mehr nur ein virtuelles Busenwunder mit Pistolen. In "Shadow of the Tomb Raider" hinterfragen die Entwickler ihre Rolle in der Spielereihe. (Foto: oh)

"Shadow of the Tomb Raider" will der Figur mehr Facetten hinzufügen, vergisst das aber während des Spiels wieder.

Spieletest von Caspar von Au

Spoiler-Warnung: Der folgende Artikel verrät zwar keine Details zur Handlung in "Shadow of the Tomb Raider", enthält aber Informationen, die der Spieler erst im Spielverlauf erfährt.

Großer Busen, Shorts und zwei Pistolen im Halfter: Das war Lara Croft vor 22 Jahren. Mittlerweile hat sie sich deutlich verändert. Lara trägt jetzt (meist) lange Hosen, der Busen ist nicht mehr ganz so groß. Und seit einigen Jahren kämpft sie mit Pfeil und Bogen, manchmal auch mit einem Sturmgewehr

Zwei Mal wurde die "Tomb Raider"-Reihe neu gestartet, zwei Mal haben die Entwickler die Biografie und den Charakter ihrer Protagonistin umgeschrieben. "Shadow of the Tomb Raider" bildet den abschließenden Teil der jüngsten Trilogie. Dazu passt, dass der dritte Teil düsterer ist und die Entwickler des Studios Eidos Monteral die Taten ihrer Heldin hinterfragen. Was, wenn Lara auf der Suche nach seltenen Artefakten alte Kulturen und sogar die ganze Welt zerstört? Gibt es mehr als Gut und Böse - und auf welcher Seite steht die Heldin?

Ein Maya-Dolch, der den Weltuntergang auslöst

Im Spiel "Shadow of the Tomb Raider" landet Lara zunächst auf der mexikanischen Isla Cozumel. Sie sucht einen alten Maya-Dolch, den schon ihr verstorbener Vater dort vermutet hat. Weil auch die Geheimorganisation Trinity, die den Vater ermordet hat, hinter dem Dolch her ist, reißt die Archäologin diesen in einem Tempel aus der Halterung. Dadurch löst sie den Weltuntergang aus, wie ihr Trinity-Boss Dr. Dominguéz verrät. Sekunden später erschüttert ein Erdbeben die Insel und eine riesige Welle begräbt das mexikanische Dorf unter sich, durch das der Spieler zuvor geschlendert ist. Häuser brennen, Kinder rufen verzweifelt nach ihren Müttern. Die Schuld dafür trägt nicht die "böse" Organisation Trinity, sondern Lara Croft.

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Die Naturkatastrophe in Mexiko ist allerdings doch nur ein Vorbote des drohenden Weltuntergangs. Also macht sich Lara gemeinsam mit ihrem Gefährten Jonah auf den Weg in den peruanischen Dschungel. Dort, so glaubt sie, findet sich ein weiteres Maya-Artefakt, das den Untergang verhindern und die Welt retten wird.

Im Dschungel nichts Neues

Der Weg dorthin ist typisch für die Reihe: Lara klettert und springt viel, unterwegs kann sie Holz, Münzen und Heilkräuter sammeln. Vielerorts geht es nicht weiter, der Spieler muss erst eine alte Maya-Maschinerie entwirren. Zum Beispiel, indem er zwei Winden mit sogenannten Seilpfeilen verbindet, damit Lara am Seil entlanghangeln kann. Wehe aber, sie macht einen falschen Schritt, dann stirbt die Forscherin qualvoll, aufgespießt von Pfählen. Die Rätsel passen gut in den mysteriösen Dschungel Lateinamerikas und machen Shadow of the Tomb Raider zu einer Herausforderung - im positiven Sinne. Natürlich trifft Lara immer wieder auf Schergen von Trinity, die sie möglichst lautlos - und zum Teil ziemlich brutal - tötet.

Zu Beginn ihrer Reise plagen Schuldgefühle und Zweifel die Archäologin. In Rückblenden erfährt der Spieler von Laras Kindheit. Er kann die pompöse britische Villa der Crofts erkunden und entdeckt Schätze fremder Kulturen, die nach heutigen Gesichtspunkten Raubkunst sind und zurückgegeben werden müssten. Geschickt lenkt das Spiel so die Gedanken des Spielers und wirft noch mehr Fragen auf. Ist Lara geblendet von ihrer persönlichen Fehde mit Trinity, weil die ihren Vater umgebracht hat?

Lara als pixelige 1996-Version durch die Höhlen jagen

Spätestens mit Laras Ankunft in Paititi, einer im Dschungel verborgenen Stadt (eigentlich der Inka), wischt Shadow of the Tomb Raider diese Zweifel weg. Es folgt eine Computerspiel-Plattitüde: Lara Croft kämpft als Gute gegen das Böse. Sie ist die strahlende Heldin, die den Weltuntergang und die Pläne von Trinity verhindern will. Die humanitäre Katastrophe in Mexiko scheint vergessen. Zwar blinzelt Lara traurig, wenn ihre Mission weitere Opfer fordert, aber jegliche wenn auch nur angedeutete Charaktertiefe hat sie verloren.

Pixelige Lara Croft vor hochauflösendem Tempel: Der Spieler kann in Shadow of the Tomb Raider das 3D-Model austauschen, um als Lara von 1997 zu spielen. Das ändert nur das Äußerliche der Protagonistin und hat keinere weiteren Auswirkungen auf das Spiel. (Foto: Square Enix / Screenshot / Caspar von Au)

Zugleich kann sie sich als Heldin in Paititi in Computerspielmanier einen Namen machen. Die Bewohner der Stadt scheinen nur darauf gewartet zu haben, dass sich jemand ihrer Probleme annimmt. Eine Idylle, wie sie sich Computerspiele-Entwickler vorstellen, grafisch brillant umgesetzt. Wer sich dennoch nach den Pixeln und Kanten der alten Tomb-Raider-Spiele zurücksehnt, kann Lara Crofts 3D-Model aus "Tomb Raider 2" (1997) durch die hochauflösenden Höhlen jagen. Inklusive Hotpants und Pistolenhalfter.

"Shadow of the Tomb Raider" ist am 14. September 2018 für PC, Playstation 4 und Xbox One erschienen.

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