Serie:Gewinnen, wenn es abwärts geht

Lesezeit: 2 min

(Foto: N/A)

Wie Leerverkäufer mit ihren Wetten auf fallende Kurse Geld machen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Wenn Aktien ganz plötzlich stark fallen, dann liegt das nicht immer nur an Massenverkäufen. Es kann auch sein, dass Leerverkäufer dahinter stecken, die auf fallende Kurse setzen. Hierbei leiht sich ein Fonds gegen Gebühr Wertpapiere, etwa Aktien, und verkauft sie zum aktuellen Börsenkurs. Der Manager rechnet damit, dass der Kurs sinkt. Liegt er richtig, kann er die Papiere zu einem günstigeren Preis wieder kaufen, dem Verleiher zurückgeben und die Differenz als Gewinn einstreichen. So können Anleger bei fallenden Kursen Geld verdienen. Die Sache kann auch schiefgehen, wenn die Aktie deutlich steigt. Im Extremfall ist ein Mehrfaches des Einsatzes weg. In der Regel verfolgen vor allem Hedgefonds solche Strategien. Das sind Fondsgesellschaften, die viel mehr Finanzinstrumente nutzen dürfen als normale Fonds.

Kritiker warnen, dass solche Leerverkäufe bei nervöser Stimmung an den Märkten zu besonders großen Kursstürzen führen. Als Ultima Ratio können die Börsenaufseher oder die Finanzaufsicht daher verbieten, ein bestimmtes Wertpapier - eine Aktie oder gar eine Staatsanleihe - leer zu verkaufen. In der Finanzkrise ab 2007 untersagten die Aufseher daher in vielen Ländern Leerverkäufe von Finanzwerten oder Staatsanleihen. Im Februar dieses Jahres sorgte die deutsche Finanzaufsicht Bafin für Aufsehen, als sie zum ersten Mal überhaupt für die Aktien eines einzelnen Unternehmens ein solches Verbot erließ. Sie hatte den Verdacht, dass Anleger den Aktienkurs des Aschheimer Dax-Konzerns Wirecard manipulieren. Die Bafin fürchtete, dass dies den gesamten deutschen Aktienmarkt in Mitleidenschaft ziehen könnte.

Einige Marktteilnehmer kritisierten die Entscheidung aber als unverhältnismäßig, auch weil sich die Bafin damit unnötig auf die Seite von Wirecard geschlagen habe. Ohnehin greift es zu kurz, in Leerverkäufern nur böse Spekulanten zu sehen. Sie können auch eine reinigende Wirkung haben, weil sie sich oft intensiver mit einem Unternehmen beschäftigen und daher zuweilen Bilanzbetrug oder Managementfehler aufdecken. Leiht sich ein Investor mehr als 0,2 Prozent des an der Börse gehandelten Aktienkapitals eines Unternehmens, muss er die Finanzaufsicht informieren; ab 0,5 Prozent muss er die Position sogar im Bundesanzeiger veröffentlichen.

Für Privatanleger sind Leerverkäufe gesetzlich eingeschränkt; sie können aber mit Hilfe von Optionsscheinen auf fallende Kurse setzen. Trotzdem profitieren übrigens auch Privatanleger von Leerverkäufen, die Publikumsfonds bei ihrer Bank oder Sparkasse kaufen. Diese Fonds nämlich verdienen sich gerne etwas hinzu, indem sie ihre Aktien gegen eine Gebühr an Hedgefonds verleihen. Das ist nicht verboten, muss aber ausgewiesen werden.

© SZ vom 30.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: