Serie: Familienunternehmen:Verhoben und verzettelt

Durch Einkaufsgemeinschaften versuchen kleinere Einzelhändler ihre Lieferkonditionen zu verbessern - doch bisweilen entwickeln die Genossenschaften ein ruinöses Eigenleben.

Stefan Weber

Verbundgruppen seien häufig Kinder der Not, sagt Eugen Trautwein. Er ist Miteigentümer des Einkaufsbüros Deutscher Eisenhändler (E/D/E), des größten Einkaufsverbundes für Werkzeughändler in Europa.

Serie: Familienunternehmen: Wachstum um jeden Preis: Kaufring expandierte ins Warenhausgeschäft und ging pleite.

Wachstum um jeden Preis: Kaufring expandierte ins Warenhausgeschäft und ging pleite.

(Foto: Foto: AP)

In solchen Verbünden bilden viele kleine Einzelhändler eine Gemeinschaft, um von Lieferanten ähnlich gute Konditionen zu erhalten wie Mitbewerber mit vielen Filialen, die meist große Mengen disponieren. In den vergangenen Jahren sind solche Gemeinschaften allerdings oft selbst in Not geraten.

Größe birgt Probleme

Der Kaufring beispielsweise, der sich damit schmückte, Europas größter Marketingverbund mittelständischer Kauf- und Warenhäuser zu sein, ging pleite und ist vom Markt verschwunden. Auch die börsennotierte Garant-Gruppe - einer der führenden europäischen Verbünde für den Schuh-, Sport- und Lederwarenfachhandel - stand kurz vor dem Aus.

Zu Jahresbeginn schloss die Firma ein Insolvenzplanverfahren erfolgreich ab und sammelt derzeit wieder Kraft. Dass es so weit kommt, dafür hat Trautwein eine Erklärung: Mit zunehmender Größe entwickelten Einkaufskooperationen mitunter ein Eigenleben und liefen Gefahr, sich zu verzetteln.

Manche Verbundgruppe kann etwa der Versuchung nicht widerstehen, mit eigenen Läden selbst als Einzelhändler tätig zu sein. Dieses Experiment ist oft schiefgegangen. So war es beim Kaufring, der 13 überwiegend notleidende Warenhäuser übernahm und damit Schiffbruch erlitt. Auch Garant scheiterte mit dem Versuch, durch die Übernahme von Salamander selbst groß in den filialisierten Schuhhandel einzusteigen.

Daniel Terberger, Chef der Modehandel-Verbundgruppe Katag, nennt einen anderen möglichen Grund für das Scheitern: "Viele Verbundgruppen haben den Sprung von der Einkaufsgemeinschaft zur Systemplattform nicht geschafft." Sie seien nicht in der Lage, den Ladenbetreibern jene umfangreiche Unterstützung zu gewähren, die sie benötigten, um im Wettbewerb zu bestehen.

Geschlossene Gesellschaft

Vielleicht sei es auch kein Zufall, meint Terberger, dass vor allem solche Gruppen gescheitert seien, die genossenschaftlich organisiert waren und sich nicht in Familienbesitz befanden. "Wer gegenüber der eigenen Familie Rechenschaft ablegen muss, besitzt weniger Spielraum, Eitelkeiten zu pflegen, und empfindet möglicherweise größere Verantwortung", sagt er.

Anders war dies beispielsweise beim Kaufring: Dort gaben sich die Topmanager die Klinke in die Hand und der Aufsichtsrat ließ die Führungskräfte machen, was sie gerade für richtig hielten. Die Folge waren kuriose Strategieschwenks.

Auch wenn der Ehrgeiz zu wachsen stark ausgeprägt ist: Verbundgruppen tun nach aller Erfahrung gut daran, nicht jeden Einzelhändler aufzunehmen. Nur dann können sie ihren Qualitätsstandard halten.

"Voraussetzung, um gegen die filialisierte Konkurrenz bestehen zu können, ist ein erstklassiger Service", meint Oliver Haubrich. Er ist Chef der Verbundgruppe Electronic Partner, zu der europaweit mehr als 5000 Unterhaltungselektronik-Händler gehören. Das Unternehmen legt deshalb großen Wert auf die Fortbildung seiner Mitglieder: Wer bestimmte Qualitätsstandards in der Beratung nicht erfüllt, muss mit dem Ausschluss aus dem Verbund rechnen. "Aus diesem Grund haben wir uns bereits von einer dreistelligen Zahl von Händlern getrennt", sagt Haubrich.

Das mag einer der Gründe dafür sein, dass das Unternehmen - von seinem Großvater kurz vor dem Zweiten Weltkrieg gegründet - als letzter echter Gegner von Media-Markt und Saturn gilt.

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