Serie:Die Sekunde zählt

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Aktiengesellschaften müssen wichtige Informationen zeitgleich an alle Anleger schicken.

Von Harald Freiberger

Ein Unternehmen, das an die Börse geht, ist keines mehr wie jedes andere. Es gehört sozusagen der Öffentlichkeit, weil jeder Bürger seine Aktien kaufen kann. Damit sind besondere Pflichten verbunden - vor allem dann, wenn es um die Veröffentlichung wichtiger Informationen geht. Sie müssen allen Anlegern zur selben Zeit zur Verfügung gestellt werden, um an der Börse fairen Handel zu garantieren.

Aus diesem Grund gilt an der Börse die sogenannte Ad-hoc-Pflicht. Sie schreibt vor, dass börsennotierte Unternehmen Informationen, die den Kurs beeinflussen können, umgehend veröffentlichen müssen. Die Meldung geht in der Regel an spezialisierte Börsendienste, die dafür sorgen, dass Nachrichtenagenturen und Aufsichtsbehörden zeitgleich informiert werden. Anlass für eine Meldung kann ein überraschender Einbruch des Gewinns sein, der Rücktritt eines Vorstandsmitglieds oder die Aufnahme von Fusionsgesprächen.

Die Ad-hoc-Pflicht ist vor allem dazu da, Insidergeschäfte zu verhindern. Als Insider gilt, wer vor allen anderen im Besitz solcher Informationen ist. Die Marktmissbrauchsverordnung der EU und das deutsche Wertpapierhandelsgesetz verbieten, dass Insider ihr Wissen nutzen und vorab Aktien kaufen, um aus Kursveränderungen Profit zu schlagen. Ein prominenter Fall war in jüngerer Zeit ausgerechnet Carsten Kengeter, der frühere Chef der Deutschen Börse. Er soll zu einer Zeit eigene Aktien gekauft haben, da er sich mit der Londoner Börse bereits über eine geplante Fusion einig war. Die Fusion scheiterte, der Insiderhandel konnte nicht nachgewiesen werden, da schwer zu beweisen war, wann die Fusionspläne wie konkret waren; trotzdem musste Kengeter wegen des öffentlichen Drucks 2017 zurücktreten.

Durch die sozialen Medien haben Insider heute viel mehr Möglichkeiten, Informationen an die Öffentlichkeit zu tragen. Ein einziger Tweet kann Turbulenzen auslösen. So war es im Jahr 2018, als Elon Musk, Chef des Elektroautobauers Tesla, twitterte, er könne sein Unternehmen von der Börse nehmen, selbst einen Kaufkurs nannte er schon. Der Aktienkurs brach darauf um fünf Prozent ein.

Die US-Börsenaufsicht SEC reagierte mit einer drastischen Strafe von 20 Millionen Dollar, zudem muss Musk ihr seitdem jede Information über das eigene Unternehmen vor Veröffentlichung vorlegen. In den USA dürfen Nachrichten zwar über Facebook oder Twitter verbreitet werden, aber nur, wenn die Anleger vorher unterrichtet wurden, dass ein Unternehmen diese Kanäle nutzt; zudem muss es die Information zeitgleich über die herkömmlichen Kanäle schicken. Bei der deutschen Finanzaufsicht Bafin heißt es zur Ad-hoc-Pflicht: "Eine Verbreitung über Twitter oder andere soziale Medien reicht nicht aus."

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