Süddeutsche Zeitung

Selbstanzeige:Sieben Briefe bis zum Rauswurf

Die Commerzbank kündigt 400 Kunden und fordert sie zur Selbstanzeige auf. Sie wollten Vermögen verstecken.

Von Klaus Ott

Ende des Monats läuft die Frist ab. Ohne Pardon und unwiderruflich. Bis zum 30. April 2015 haben Kunden der Commerzbank International SA Luxemburg (Cisal), die dort offenbar Vermögen vor dem Fiskus verstecken, noch Zeit für eine Selbstanzeige. Wer bis dahin nicht reinen Tisch beim Fiskus macht, fliegt hinaus. So steht es in einem Brief, den die Cisal Anfang 2015 an die betreffenden 400 Klienten verschickt hat. Die Botschaft ist eindeutig: "Kündigung der Geschäftsbeziehung zum 30. April 2015 bei fehlendem Nachweis der steuerlichen Situation."

Das hat lange gedauert. Sieben Jahre und sieben Briefe, um genau zu sein. 2008 entschied sich die Cisal, keine fragwürdigen Offshore-Geschäfte mehr zu betreiben. Jene Kunden, die in Luxemburg mutmaßlich Schwarzgeld horteten, sollen aber erst nach und nach auf eine "Re-Legalisierung" ihres Geldes angesprochen worden sein. Das besagen Angaben aus der Finanzbranche über die Commerzbank. Und das endgültige Aufräumen im großen Stil begann ganz offenkundig erst am 23. Mai 2013. Von diesem Tag datiert das erste von insgesamt sieben Rundschreiben, mit denen die Cisal verdächtigen Kunden überaus geduldig klar zu machen versuchte, dass die alten Zeiten langsam vorbei seien.

Kreditkarten werden gesperrt, Schließfächer geräumt. Die Bank macht endlich ernst

Einen Tag zuvor, am 22. Mai 2013, hatte die Europäische Union faktisch das Ende des Bankgeheimnisses beschlossen. Zinserträge von EU-Bürgern im europäischen Ausland sollten, so das Ergebnis eines EU-Gipfels, von 2015 an die heimischen Behörden gemeldet werden. Heimliche Konten, das war klar, fliegen somit auf. Und so informierte die Cisal ihre Kunden, schrieb von Integrität und Transparenz, und bot an, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Das nächste Rundschreiben im Oktober 2013 enthielt den Hinweis, eine Ausweitung des behördlichen Datenaustausches auf Länder außerhalb der EU sei "sehr realistisch". Im Klartext: Auch Briefkastenfirmen in Panama und anderswo blieben nicht geheim.

Im Dezember 2013 bat die Cisal die betreffenden Klienten, "im Bedarfsfall Ihre steuerliche Situation schnellstmöglich zu klären. ... Wir freuen uns auf Ihren Anruf." Doch kaum jemand meldete sich auf die ersten drei Schreiben im Jahr 2013, weshalb der Luxemburger Ableger in drei weiteren Rundbriefen vom März, April und November 2014 nachhakte. "Sie haben Handlungsbedarf", hieß es in dem Brief vom April, in dem die Cisal im Falle einer "steuerlich ungeklärten Situation" ein jährliches Bearbeitungsentgelt von 5000 Euro ankündigte. Jetzt erst meldeten sich viele Kunden. Nicht, um reinen Tisch beim Fiskus zu machen. Sondern weil sie sauer waren wegen der 5000 Euro, wie in Finanzkreisen erzählt wird.

Im November 2014 folgte eine "letzte Erinnerung" für widerspenstige Klienten. "Falls Sie Ihren Steuerstatus nicht bis zum 30. Januar 2015 klären, sehen wir uns gezwungen, unsere Geschäftsbeziehung zu beenden." Selbst darauf ließen es noch etliche Kunden ankommen. Sie erhielten schließlich im Januar 2015 die Kündigung zum 30. April. Die Cisal will dann sämtliche Dienstleistungen für diese Konten einstellen und die Kreditkarten sperren. Schließfächer müssten zum "nächstmöglichen Zeitpunkt" geräumt und die Schlüssel zurückgegeben werden. Gewährte Kredite seien "unverzüglich und vollständig" zurückzuzahlen, spätestens bis zum 15. Mai 2015. Jetzt ist wirklich Schluss. Nach sieben Jahren und sieben Briefen.

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Quelle:
SZ vom 01.04.2015
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