Selbstanzeige für Steuerhinterzieher:"Lieber volle Kassen als volle Gefängnisse"

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Die öffentliche Empörung über Steuerhinterzieher wie Alice Schwarzer oder Uli Hoeneß ist groß. An der straffreien Selbstanzeige wollen die Finanzminister festhalten - sie fürchten ums Geld.

Von Guido Bohsem, Berlin

Finanzminister sind eine besondere Art unter den Politikern. Trotz unterschiedlicher Parteienzugehörigkeit fällt es ihnen recht leicht, miteinander zu reden und zu verhandeln. Leichter jedenfalls als den Kollegen etwa aus den Bereichen Gesundheit, Familie oder Datenschutz. Was die Minister eint, ist das Erlebnis, dauernd nach mehr Geld gefragt zu werden und ebenso dauernd keins zu haben.

Vielleicht ist auch das ein Grund, weshalb sich die Finanzminister aus Bund und Ländern (mit Ausnahme Brandenburgs) in Bezug auf die strafbefreiende Selbstanzeige weitgehend einig sind, obwohl die offiziellen Verhandlungen darüber noch gar nicht begonnen haben. Trotz der großen öffentlichen Empörung über prominente Steuerhinterzieher wie Bayern-München-Boss Uli Hoeneß und der Publizistin und Feministin Alice Schwarzer wollen sie unbedingt an der Selbstanzeige festhalten.

Der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) drückt es so aus: "Lieber volle Kassen als volle Gefängnisse." Kühl ist Koordinator der SPD-Finanzminister im Bundesrat. Auch der Vorsitzende der Finanzministerkonferenz, der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) plädierte ebenso wie der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Michael Meister (CDU), gegen eine vollständige Abschaffung der Selbstanzeige.

Sie stellten sich damit gegen Stimmen vor allem aus der SPD, die insbesondere nach Bekanntwerden des Schwarzer-Falles dafür plädiert hatte, künftig keine Selbstanzeige mehr zuzulassen. So wurde es als besonders kritisch angesehen, dass Schwarzer zwar für die vergangenen zehn Jahre ihre Steuern nachgezahlt und eine Strafe entrichtet hatte. Da sie ihr Konto in der Schweiz aber schon in den 1980er-Jahren eingerichtet hatte, so murrt man in der SPD, könne sie die Erträge aus der Zeit davor unversteuert behalten.

Verschärfen ja, aufgeben nicht

Die Befürworter der Selbstanzeige berufen sich auf einen Bericht der obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern aus dem Herbst des vergangenen Jahres. Die Experten hatten sich darin gegen eine Abschaffung und für eine Verschärfung der Selbstanzeige ausgesprochen. Sie fürchteten ansonsten, dass der Staat in Zukunft deutlich weniger Geld einnehmen werde. Das Papier liegt nun den Staatssekretären der Finanzressorts der Länder und des Bundes vor. Diese werden am 7. März darüber beraten. Schon in der folgenden Sitzung der Finanzministerkonferenz soll dann der Beschluss gebilligt werden.

"Wir prüfen derzeit länderübergreifend, wie wir die Selbstanzeige verschärfen können, ohne sie aufzugeben", sagte Kühl. Dies sei dringend geboten, um die strafrechtliche Privilegierung des Steuerbetrügers gegenüber den ehrlichen Steuerzahlern rechtfertigen zu können. Als Beispiel nannte er, dass nur derjenige, der seine Steuern über zehn Jahre erklärt, auch straffrei ausgehen könne. Auch Walter-Borjans forderte eine Verschärfung bei der Selbstanzeige. Diese dürfe nicht zu dem Eindruck führen, Steuerbetrug am Gemeinwesen sei ein Kavaliersdelikt. Vor allem aber dürften diejenigen, "die sich selbst anzeigen, am Ende nicht günstiger davonkommen als die, die von vornherein ehrlich waren".

Meister betonte, das Instrument werde gebraucht, um im Konflikt zwischen dem Steuerrecht, bei dem der Einzelne aktiv mitwirken müsse, und dem Strafrecht, bei dem ein Beschuldigter schweigen dürfe, aufzuklären. Zudem erhalte der Fiskus über die Selbstanzeige Steuergelder, an die er sonst nicht kommen würde. "Wir wollen sowohl das Ziel, dass die Steuern bezahlt werden, als auch das Ziel, dass entsprechende Verfolgung stattfindet", sagte er. "Worüber man nachdenken kann, ist die Höhe der Strafe."

Meister, Walter-Borjans und Kühl schließen sich damit den Empfehlungen der Expertengruppe an. Auch diese hatten angeregt, selbst bei leichter Steuerhinterziehung die Pflicht zur Offenlegung auf zehn Jahre auszuweiten. Bislang gilt dies für fünf Jahre. Die Experten hatten zudem vorgeschlagen, den fälligen Zuschlag von fünf Prozent entweder im Rahmen zwischen zwei und zehn Prozent zu staffeln oder generell auf 7,5 Prozent anzuheben.

© SZ vom 06.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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