Selbständige Vermögensverwalter:"Der Köder muss dem Fisch schmecken"

Beilage Private BankingErscheinungstag 17. November BE1 Seite 02

Andreas Kitta, 51, startete seine Karriere bei der ABN Bank in Hamburg und wechselte 1997 zur Berenberg Bank. 2014 gründete er gemeinsam mit drei Kollegen die Albrecht, Kitta & Co Vermögensverwaltung.

(Foto: Jan Northoff)

Vermögensverwalter und Private-Banking-Experte Andreas Kitta im Gespräch über die Entwicklungen der Branche und die Gründe für seinen Weg in die Selbständigkeit.

Interview von Christiane Kaiser-Neubauer

Andreas Kitta, Ex-Berenberg-Führungskraft und Gründer der Hamburger Vermögensverwaltung Albrecht, Kitta & Co, im Gespräch über seinen Wechsel in die Selbständigkeit, Köder und das große Paradoxon der Branche.

SZ: Herr Kitta, Sie waren mehr als 15 Jahre erfolgreich bei der Privatbank Berenberg tätig, zuletzt als Leiter der Vermögensverwaltung. Warum haben Sie gemeinsam mit Kollegen die Bank verlassen und sich vor zwei Jahren selbständig gemacht?

Andreas Kitta: Wir waren lange überzeugte Mitarbeiter der Bank. Wir haben aber in den letzten Jahren Entwicklungen im Private Banking beobachtet, die immer weniger mit dem zu tun haben, was wir gelernt haben und wie wir den Beruf verstehen. Irgendwann stellen sie fest, da passt etwas nicht und dann beginnt man über Alternativen nachzudenken. Uns war klar, wenn wir unsere Kunden weiterhin nach ihren Wünschen beraten wollen, dann müssen wir das in einer eigenständigen Gesellschaft selbst tun.

Welche Entwicklungen meinen Sie?

Die Aufbaustruktur der Private Banking Einheiten hat sich sehr verändert. Es gibt einige wenige Köpfe, die eine Strategie vorgeben, und eine Schar von Beratern, die diese beim Kunden umsetzen muss. Individuelle Angebote, die darüber hinaus gehen, erfordern bankintern viel Aufwand. Das Geld dafür muss erst einmal verdient werden und dazu braucht es entsprechend hohe Vermögen oftmals von mindestens fünf bis zehn Millionen Euro.

Warum sollen vermögende Kunden nun zu Ihnen kommen?

Wir rollen keine Produktpalette aus, sondern hören uns an, was der Kunde will und welche Ziele er hat. Wir haben nichts zu verkaufen, also müssen wir unsere Kunden beraten. Die Vermögenden suchen besonders in der aktuellen Zinslage nach Orientierung und Konstanz. Wir sind langfristige Ansprechpartner und verschwinden nicht wie ein Bankberater plötzlich durch eine Beförderung oder einen Wechsel zur Konkurrenz. Wir haben das Geschäft bereits in der Vergangenheit bei der Privatbank sehr gut gemacht und können es jetzt noch besser.

Konnten Sie damals viele Kunden überzeugen, Ihnen zu folgen?

Das ist das große Paradoxon. Obwohl Banken bei Zufriedenheitsumfragen regelmäßig sehr schlechte Ergebnisse erzielen, halten die Kunden der Bank dennoch die Treue. In der Branche gilt, dass Berater beim Wechsel zu einer anderen Bank in der Regel nicht mehr als jeden fünften Kunden an sich binden können. Gründet man eine neue Gesellschaft, dann ist der Prozentsatz deutlich geringer.

Der Wettbewerb um die großen Vermögen ist hoch. Wie macht man als kleiner Anbieter auf sich aufmerksam?

Wir haben uns möglichst breit aufgestellt, damit die Kunden zu uns finden konnten. Es gab von Anfang an einen Internetauftritt, mediale Präsenz in der Gründungsphase und wir haben unseren Fußabdruck in allen sozialen Netzwerken hinterlassen. Nach dem Ausscheiden beim Arbeitgeber darf man dann auch wieder zum Telefonbuch greifen, um alte Kontakte zu beleben. Wer darauf wartet, dass das Telefon klingelt, lebt nicht gut.

Bringt Ihr Geschäftsmodell den Kunden Kostenvorteile?

Die Branche hat sich über Jahrzehnte sehr bemüht, die Privatkunden glauben zu lassen, dass viele Leistungen umsonst sind. Weit gefehlt, da ist nichts umsonst. Die Provisionen fließen, wenn auch häufig im Hintergrund. Was aufgrund der hohen Gemeinkosten an Geld versickert, ist für Berater frustrierend und für die Anleger am Ende des Tages auch spürbar. Das müssen wir in unseren Kunden erst einmal transparent machen, die sich über unsere Honorarsätze wundern. Wir zeigen ihnen auf, dass sie teilweise statt 0,5 Prozent ihres Kapitals bei der Bank tatsächlich weit über 1,5 Prozent bezahlen. Wir haben ein ganz transparentes Geschäftsmodell. Jeder kann nachrechnen, was die Dienstleistung bei uns kostet. Auf Wunsch vereinbaren wir ein erfolgsabhängiges Honorar. Der Köder muss schließlich dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.

Das haben Sie offenbar geschafft. Wie lange hat es gedauert, bis Sie das alte Einkommensniveau erreicht hatten?

Finanzielle Gründe sollten beim Schritt in die Selbständigkeit nicht die Hauptmotivation sein. ln den ersten sechs Monaten fließen kaum Honorare. Darüber muss man hinwegkommen, ohne nervös zu werden. Es ist wenig realistisch zu erwarten, innerhalb von 24 Monaten das gleiche Einkommen zu erzielen, denn die Privatbanken zahlen bekanntermaßen sehr hohe Gehälter. Aber es hat sich für uns ausgezahlt. Wir haben heute weit mehr als 100 Kunden und verwalten ein Vermögen im dreistelligen Millionenbereich. Interessanterweise kommt nun eine zweite Kundenwelle auf uns zu, die wohl abgewartet hat, wie wir uns so schlagen.

Wann raten Sie Private-Banking-Kunden zum Wechsel der Bank?

Sie sollten darauf achten, ob die Bank Ihnen wirklich Beratung bietet oder hauptsächlich ein Austausch von Produkten im Portfolio stattfindet. Meldet sich der Berater nur dann, wenn Geld zur Anlage bereit steht, dann läuft etwas falsch.

Ihr früherer Arbeitgeber hat sie doch sicher nicht so einfach ziehen lassen. Wie schwierig war die Trennung?

Die Führung war natürlich alles andere als begeistert. Von dem Tag unserer Kündigung an wurde die Kommunikation der Bank zu uns auf ein absolutes Minimum reduziert. Wir haben größten Wert darauf gelegt, uns arbeitsrechtlich korrekt zu verhalten. Das würde ich auch jedem raten, egal ob der Abgang in Frieden oder Unfrieden stattfindet, denn am Ende des Tages kommt alles zurück. Wir haben unsererseits einen offenen Dialog gesucht und die Bank ab unserer Freistellung laufend über unsere Schritte informiert. Im Nachhinein hat sich gezeigt, dass es von Kollegen Verständnis und auch Bewunderung für uns gab.

Sie sind als vierköpfiges Team gestartet. Hätten Sie das Projekt auch alleine gewagt?

Um Erfolg zu haben, darf man den Schritt nicht als Alleingang planen. Wir sind ausgewiesene Kapitalmarktexperten mit unterschiedlichen Talenten. Die aufsichtsrechtlichen, unternehmerischen und organisatorischen Anforderungen sind hoch, dafür brauchen Sie mindestens ein dreiköpfiges Team.

Was können Sie Gleichgesinnten noch raten?

Es ist wichtig, den Unternehmergeist in sich zu tragen. Schließlich bedeutet Selbständigkeit mehr als nur den Wechsel des Arbeitsplatzes. Um das Gefühl zu bekommen, was auf einen zukommt, rate ich die notwendigen Vorarbeiten wie beispielsweise den Erlaubnisantrag bei der Bafin oder den Businessplan selbst zu erstellen. Zu guter Letzt darf man zum Start nicht an der falschen Stelle sparen. Lagern sie Infrastruktur wie IT und Buchhaltung an Spezialisten aus, um sich ganz auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren zu können.

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