Schwere Vorwürfe nach Sachsen-LB-Verkauf:Bankkontrolleure: Wir sind belogen worden

Nach dem Notverkauf der maroden Sachsen LB steht Sachsens Finanzminister Metz im Kreuzfeuer der Kritik. Der Politiker habe Auskünfte über riskante Geschäfte zum Teil "schlicht verweigert", beklagen Bankaufseher.

Christiane Kohl

Auch nach dem Notverkauf der Landesbank Sachsen kommt die CDU/SPD-Regierung des Bundeslandes nicht zur Ruhe. Kontrolleure erheben schwere Vorwürfe gegen den Bankvorstand und das sächsische Finanzministerium: Sie seien regelrecht belogen worden. Unterdessen wurden weitere riskante Finanzmanöver in Höhe von 46 Milliarden Euro bekannt.

Seit Wochenbeginn gehört die angeschlagene Sachsen LB der finanzstarken Landesbank Baden-Württemberg, aber die riskanten geheimen Finanzmanöver der vergangenen Monate wirken nach. Wie am Mittwoch bekannt wurde, hat der Bankvorstand sich nicht nur über die Dubliner Tochtergesellschaft außerhalb der Bilanz am US-Hypothekenmarkt engagiert.

Parallel zu den irischen Fonds sind seit 2003 auch in Leipzig unter dem Code "Dublin II'' weitere Engagements vom Vorstand unter Führung des damaligen SachsenLB-Chefs Weiss initiiert worden.

13 Zweckgesellschaften außerhalb der Bilanz

Das gesamte Volumen der mittlerweile 13 festgestellten außerbilanziellen Zweckgesellschaften in Dublin und Leipzig habe bis zu 46 Milliarden Euro betragen und damit den Löwenanteil des gesamten Engagements von 65 Milliarden Euro ausgemacht, erfuhr die Süddeutsche Zeitung aus dem Finanzausschuss des sächsischen Landtages. Welche neue Risiken sich daraus für den neuen Eigentümer LBBW ergeben, ist bislang offen.

Im Aufsichtsgremium des Geldinstituts, dem 20-köpfigen Verwaltungsrat, werden nach SZ-Informationen schwere Vorwürfe gegen den Bankvorstand und das sächsische Finanzministerium erhoben. Immer wieder habe es "gravierende Probleme mit der internen Informationspolitik'' bei dem Geldhaus gegeben, und dies speziell zu den riskanten Dublin-Geschäften, die jetzt zum Absturz der Bank geführt hatten.

Teilweise seien den Verwaltungsräten wichtige Auskünfte "schlicht verweigert'' worden. Die Vorwürfe richten sich an den Bankenvorstand, zugleich aber auch an den Vorsitzenden des Verwaltungsrates, Sachsens Finanzminister Horst Metz.

Der CDU-Politiker, so berichten einzelne Verwaltungsräte, habe Informationen zuweilen nur "nach massiven Kämpfen'' freigegeben - und dann auch nur "zur Einsicht''.

Auch aus Kreisen der Anteilseigner, vornehmlich sächsische Landräte und Sparkassendirektoren, die Sonntagabend in einer kurzfristig einberufenen Sitzung dem Verkauf der Sachsen LB zugestimmt hatten, werden der Minister wie auch der Bankenvorstand inzwischen scharf kritisiert: "Wir sind eindeutig belogen worden'', sagt etwa Petra Köpping (SPD), die Landrätin des Kreises Leipziger Land.

Die Auseinandersetzungen im Verwaltungsrat gehen zurück auf das Jahr 2005, als die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG einen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (Bafin) in Auftrag gegebenen Bericht zu den bereits damals umstrittenen Dublin-Geschäften vorlegte.

"Nur noch Chaos und Panik"

Der Prüfbericht, der im Juli 2005 der Bank zugeleitet wurde, endete mit einer "schwerwiegenden Beanstandung'' der bankeninternen Risikoeinschätzungen zu den Dubliner Aktivitäten, auch wurde die "mangelnde Transparenz'' der Spekulations-Geschäfte moniert - die setzte sich im Verwaltungsrat fort.

So durften die Mitglieder nach den Worten eines Verwaltungsrats erst auf ihr eindringliches Bitten hin Einsicht in den Prüfbericht nehmen. Die schriftlichen Anmerkungen der Bankenaufsicht bekamen die Verwaltungsräte zunächst gar nicht zu Gesicht. Das änderte sich erst, als ein Mitglied des Gremiums schriftlich beim Präsidenten der Bankenaufsicht, Jochen Sanio, intervenierte.

Die Kontrolleure beklagen, die Verantwortlichen in Bankenvorstand und Landesregierung hätten immer nur "nach Gutsherrenart'' informiert. Und das bis zum bitteren Ende, als intern "nur noch Chaos und Panik'' geherrscht habe, wie ein Bänker vermutet. "Die Größenordnung des Risikos'', so Landrätin Köpping, "war uns nie klar''.

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